Wer im Beruf angekommen ist, zwei oder drei Karriereschritte hinter sich hat und gerne eine Familie gründen möchte oder damit schon begonnen hat, steht vor der Frage: Mieter bleiben oder Eigentum kaufen? Aus finanzieller Sicht ist es die wichtigste Entscheidung des Lebens. Sie sollte gut abgewogen sein.
Das gilt insbesondere in diesen Zeiten, in denen Immobilien längst nicht mehr für jeden Durchschnittsverdiener erschwinglich sind. Nach diesem Ratgeber können Sie mit großer Sicherheit abschätzen, ob ein eigenes Haus für Sie im Moment infrage kommt.
1. Ist es der richtige Zeitpunkt für eine eigene Immobilie?
Bevor Sie anfangen zu rechnen, ob Sie sich ein Haus leisten können, ist zunächst eine andere Abwägung wichtig: Passen Ihre persönlichen Lebensumstände und der Besitz von Eigentum gerade zusammen?
Folgende Gründe könnten eher gegen einen Immobilienkauf sprechen:
- Ihre Familien- und Lebensplanung ist noch nicht abgeschlossen. Weil sie zum Beispiel noch nicht wissen, ob und wann Sie Kinder haben wollen. Dann sollte man sich den Immobilienerwerb zweimal überlegen, rät Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt am Main.
- Sie wollen noch Karriere machen. Dann sollte man die Miete vorziehen, sagt Herbst, weil oft noch ein Umzug notwendig wird. "Das kann zwar immer passieren, sollte aber nicht schon absehbar sein."
- Sie wissen gar nicht, welcher Wohnort Ihnen gefällt. "Eine Immobilie ist, wie der Name schon sagt, immobil", sagt Herbst. Wenn einem die Lage irgendwann nicht mehr gefalle, habe man Pech. Oder zumindest viel Aufwand. "Als Mieter kann ich einfach umziehen."
- Sie haben Angst vor der Verantwortung. "Wer eine Immobilie kauft und sich langfristig bindet, geht ein Risiko ein", sagt Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Uni Regensburg, "Sie müssen mit Schulden und Risiko leben können. Wer das nicht kann, sollte besser Mieter bleiben."
Haben Sie Ihren Platz im Leben gefunden, spricht nichts dagegen, den Traum von Eigenheim weiterzudenken. Dabei spielt es erst einmal keine Rolle, wie teuer Immobilien gerade generell sind.
"Ein zentraler Grund ist oft, Kinder in eine ruhige Lebenssituation zu bringen, sodass sie ihre Schulzeit an einem Ort verbringen können", sagt Immobilienexperte und Ratgeberbuch-Autor Peter Burk. "Da rücken Gründe wie ein Top-Investment oder ein optimales Preis-Leistungsverhältnis in den Hintergrund."
Die Frage ist dann: Kann ich mir eine Immobilie angesichts der gestiegenen Zinsen überhaupt leisten?
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Nachwuchs im Anmarsch? Vor dem Hauskauf sollte die Familienplanung geklärt sein. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
2. Was kostet es, eine Immobilie zu kaufen?
Nehmen wir an, Sie finden ein älteres Häuschen, das für 450 000 Euro zum Verkauf angeboten wird. Der Kaufpreis klingt für Sie machbar? Doch das reicht leider nicht. Am Ende werden Sie um einiges mehr zahlen müssen, um sich Ihren Traum wirklich erfüllen zu können.
Hinzu kommen nämlich die Nebenkosten. Sie betragen noch einmal mindestens zehn Prozent der eigentlichen Kaufsumme, also in unserem Beispiel 45 000 Euro. Peter Burk listet in seinem Ratgeber "Kosten- und Vertragsfallen beim Immobilienkauf" typische Nebenkosten auf:
- Grunderwerbsteuer
- Notargebühren
- Gebühren für die Umschreibung im Grundbuch
- Gebühren für die Eintragung einer Grundschuld/Hypothek
- Maklercourtage (falls ein Makler vermittelt hat)
- Honorarkosten für einen Bausachverständigen
- Honorarkosten für einen Anwalt zur Vertragsprüfung
- eventuell Bearbeitungsgebühren der Bank für den Kredit
- Versicherungskosten (grundsätzlich die Risikolebensversicherung und je nach Bedarf noch andere Versicherungen)
An dieser Stelle sollte das Budget noch nicht ausgeschöpft sein. Wer ein gebrauchtes Haus kauft, muss in der Regel noch Geld in die Sanierung stecken. Das wird in der Praxis oft teurer, als manch einer kalkuliert hat. Man erwerbe ein Haus wie gesehen, erklärt Burk. Das heißt: Werden Schäden übersehen, muss der Käufer diese versteckten Kosten aus eigener Tasche begleichen können.
Hauskäufer in spe sollten auch ein Polster haben für:
- den Umzug
- neue Möbel
- eine eventuelle Renovierung der alten Wohnung
- eine mögliche Doppelbelastung, wenn man noch eine Weile zur Miete wohnen muss, bevor der Einzug möglich ist
Wenn Sie einen realistischen Überblick über die Kosten haben, sollten Sie sich mit Ihren Finanzen auseinandersetzen.
Peter Burk hört oft das Argument: "Ich möchte keine Miete mehr an einen Vermieter überweisen." Dieses Geld - so die Annahme - könne man doch gleich in die eigene Immobilie stecken. Eine Rechnung, die dem Experten zufolge zu kurz greift: "Sie müssen sich ernsthaft fragen, was realistisch finanzierbar ist. Wenn Sie sich überall anderswo einschränken müssen - ist der Kauf dann noch sinnvoll?"
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Vorsicht: Die Sanierung eines alten Hauses kann teuer werden. Foto: Jens Schierenbeck/dpa-tmn
Die wichtigste Frage beim Immobilienkauf ist also: "Kann ich mir eine Immobilie leisten und zwar ohne permanent im Stress zu sein? Und ohne schon bei der Klassenfahrt des Kindes zu denken: Das wird jetzt eng."
3. Welchen Immobilienkredit können Sie sich leisten?
Hier geht es letztlich um eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben. Sie müssen herausfinden, welche monatliche Belastung für Zins und Tilgung Sie sich erlauben können. Zeit für einen ehrlichen Kassensturz. Klingt simpel, ist aber gar nicht so einfach.
Diese Fragen sollten Sie sich stellen:
- Welche Einnahmen stehen netto pro Monat zur Verfügung?
- Wie ist das Beschäftigungsverhältnis? Bin ich unbefristet beschäftigt, selbstständig oder vielleicht verbeamtet?
- Wie stark variiert mein Einkommen?
- Wo stehe ich in meiner Lebensplanung? Möchte ich Kinder haben und wenn ja - wann? Oder: Wie lange ist es noch bis zum Ruhestand?
Ein Haushalt ohne Kinder mit zwei guten Einkommen könne aus den Vollen schöpfen, sagt Thomas Hentschel von der Verbraucherzentrale NRW. "Durch die Geburt eines Kindes wird aber unter Umständen ein Einkommen zumindest eine Zeit lang wegfallen", sagt der Experte für Immobilienfinanzierung. "Das kann einen ordentlichen Einfluss haben."
Auf der anderen Seite sind die Ausgaben entscheidend. "Man sollte sich seinen Lebensstandard vor Augen führen und dazu ein Haushaltsbuch führen", rät Hentschel. So behält man den Überblick: Was kosten Lebenshaltung, Bekleidung, Gesundheit und Freizeit? Was fällt monatlich für Hobbys an? Was kosten die Urlaube?
Worauf ist im Detail zu achten?
Der Experte rät hier, in monatliche und jährliche Ausgaben wie Versicherungen zu unterteilen. Außerdem ist es wichtig, an Ausgaben zu denken, die erst ein Stück weit in der Zukunft anfallen - etwa beim Auto. "Man denkt oft nicht an die Reinvestition in zehn Jahren, an die Kosten für Reparaturen und neue Reifen", sagt Hentschel.
Ebenfalls wichtig bei der Kalkulation:
- Provisionen
- Tantieme
- sonstige Einmalzahlungen
Diese Einnahmen sollte man nicht zum monatlich verfügbaren Einkommen hinzurechnen. "Damit kann man nicht kalkulieren, das kann auch alles geringer ausfallen", sagt Hentschel.
Ein wichtiger Bestandteil der Finanzierung ist die bisherige Miete.
Hier machen Mieter laut Hentschel aber manchmal einen Denkfehler: Sie legen ihre Warmmiete an, dabei darf es nur die Kaltmiete sein. Denn Betriebskosten fallen schließlich auch beim späteren Häuschen an. Und sie sind dann möglicherweise höher als bislang.
"Wenn ich bisher auf 80 Quadratmetern gewohnt habe und künftig auf 150 Quadratmetern, dann steigen auch meine Nebenkosten", sagt Hentschel. Strom- und Wasserverbrauch seien zum Beispiel oft höher.
Bei gebrauchten Immobilien rät der Fachmann dazu, den Verkäufer zur Orientierung nach der monatlichen Belastung zu fragen. "Ansonsten sollte man zunächst je nach energetischem Stand mit zwei bis drei Euro monatlich pro Quadratmeter Wohnfläche kalkulieren."
Weiter in der Kalkulation: Wer einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben hat, kommt auf einen fixen monatlichen Betrag, mit dem sich Zins und Tilgung bedienen lassen.
Welche monatliche Belastung sollte man nicht überschreiten?
"Wir raten dazu, 40 bis maximal 45 Prozent des monatlich zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens nicht zu überschreiten", sagt Hentschel. Das gelte allerdings für die gesamten Wohnkosten - also auch die monatlich anfallenden Nebenkosten. "Man landet dann bei etwa 30 bis 35 Prozent für Zins und Tilgung."
Der Experte rät dazu, trotz der zuletzt stark gestiegenen Bauzinsen über eine möglichst lange Zinsbindung nachzudenken - eher 15 als 10 Jahre. "Auch wenn der Zinssatz dann etwas höher ist."
Ebenso sollte man eine hohe Tilgung vereinbaren. Die Banken schreiben derzeit mindestens zwei Prozent vor. Wer es sich leisten kann, sollte ruhig mehr tilgen, empfiehlt der Verbraucherschützer.
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Versteckte Kosten des Immobilienkaufes: Auch ein neuer Garten kann ins Geld gehen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
4. Reicht das Eigenkapital, um die Immobilie zu kaufen?
Sparen allein genügt nicht. Ohne Eigenkapital ist ein Immobilienkauf heute kaum noch möglich. Je mehr Eigenkapital, umso besser. Wer eine größere Summe einbringt, muss weniger Kredit aufnehmen.
Finanzexperte Max Herbst nennt hier eine übliche Faustformel: "Man sollte in jedem Fall die Kaufnebenkosten von rund zehn Prozent als Eigenkapital haben." In diesem Fall spricht man von einer 100-Prozent-Finanzierung - weil der volle Kaufpreis der Immobilie ohne Nebenkosten durch ein Bankdarlehen finanziert wird.
Doch je sicherer der Kunde, umso besser: "Bei zwei Beamten muss schon etwas ganz Schlimmes passieren, dass das Gehalt ausfällt."
Anderes Beispiel: Die Familie des Käufers ist im Ort gut bekannt. "Die Bank weiß, dass im Zweifel Verwandte einspringen, um die Rate zu bezahlen." Auch hier wäre dann eventuell nicht so viel Eigenkapital nötig wie bei einer Familie mit unsicherem Einkommen.
Bei gebrauchten Immobilien stehen noch die zusätzlichen Kosten für Sanierungen und Modernisierungen an. Außerdem soll es vielleicht eine neue Küche oder ein gepflegter Garten sein.
"Aus diesem Grund raten wir dazu, idealerweise 20 Prozent des reinen Kaufpreises ohne Nebenkosten als Eigenkapital zur Verfügung zu haben", rät Thomas Hentschel. Bei einer Kaufsumme von 450 000 Euro wären das 90 000 Euro. "Die wenigsten schaffen das", weiß der Verbraucherschützer aus seiner Beratung.
Doch auch Florian Koch, Professor für Immobilienwirtschaft an der HTW Berlin, rät Hauskäufern: "Sie sollten mindestens die Nebenkosten mit Eigenkapital zahlen können - und am besten noch etwas draufschlagen." Wer Glück und eine solvente Familie hat, kann hier beispielsweise Erbschaften und Schenkungen berücksichtigen.
Welche Summe können Sie am Ende finanzieren?
Das lässt sich mit kostenlosen Hauspreis-Rechnern herausfinden, etwa von der Stiftung Warentest oder der FMH-Finanzberatung
Dort trägt man alle relevanten Daten ein und bekommt am Ende seine maximale Darlehenssumme ermittelt. Dann geht es auf die Suche.
5. Welche Immobilien eignen sich für einen Kauf?
Sobald das Budget ermittelt ist, geht es auf die Suche nach Ihrem Traumhaus - oder auf dem aktuellen Markt zumindest nach einer Immobilie, die möglichst vielen Ihrer Vorstellungen entspricht. Ob sich der Immobilienkauf am Ende lohnt, hängt dann auch vom Objekt ab.
Guter Standort
Der Standort ist natürlich stark vom eigenen Job und den persönlichen Lebensumständen abhängig. Die wenigsten können sich frei aussuchen, wo in Deutschland oder in ihrer Region sie am Ende kaufen. Das gilt insbesondere im derzeit angespannten Immobilienmarkt.
Professor Florian Koch rät grundsätzlich zu landschaftlich attraktiven Räumen, die in der Nähe zu einer mittelgroßen Stadt liegen - zum Beispiel der Schwarzwald oder die Eiffel.
Außerdem seien Kleinstädte interessant. Sie bieten dem Experten zufolge eine gewisse Infrastruktur - und die Preise dort seien noch nicht so stark gestiegen.
Zustand der Immobilie
Wenn Sie sich für ein gebrauchtes Haus entscheiden, kommt es zudem auf den Zustand der Immobilie an. Auch hier können Interessenten derzeit nicht allzu wählerisch sein.
Vorsicht geboten sei aber bei sogenannten braunen Immobilien, rät Prof. Steffen Sebastian vom Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung an der Uni Regensburg. Solche Objekte wie etwa ein Haus aus den 50er-Jahren entsprechen energetisch nicht den derzeitigen Standards. "Irgendwann muss man sanieren, das kann richtig teuer werden", sagt der Experte. Kostenpunkt: 1000 bis 1500 Euro pro Quadratmeter.
Wichtig ist Sebastian zufolge, dass man möglichst nur einmal, dann aber vollständig saniert. "Insbesondere Fassade, Fenster und Lüftung müssen aufeinander abgestimmt sein. Die Heizungsanlage kann man zur Not auch separat erneuern." Im Zweifelsfall sei es sogar besser, ein unsaniertes als ein schlecht saniertes Objekt zu kaufen.
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Dämmung eines Dachstuhls: Die Sanierung eines alten Hauses sollte gut geplant werden. Foto: Kai Remmers/dpa-tmn
Auch wichtig: Sie sollten sich nur dann auf eine Förderung verlassen, wenn dazu bereits die Zusage vorliegt. "Leider ändert der Staat fortlaufend und auch plötzlich die Förderbedingungen."
Ob und in welcher Form eine Sanierungspflicht kommt, ist offen. "In jedem Fall muss man hierauf vorbereitet sein", rät Sebastian.
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