7 Irrtümer über Rückenschmerzen, die Sie kennen sollten

Von Alter bis Matratze Sie wollen mehr über Rückenschmerzen erfahren? Wissen, was wirklich hilft – und was eher schädlich ist? Wir klären Sie über häufige Irrtümer auf.

Köln/Herzogenaurach. 

Es gibt viel Halbwissen über Rückenschmerzen. Vor allem darüber, wie Sie die Schmerzen lindern oder ihnen früh entgegenwirken können. Was stimmt wirklich?

Irrtum 1: Rückenschmerzen betreffen selten junge Menschen

Bewertung: "Stimmt nicht", sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Beschwerden am Kreuz hätten nichts mit dem Alter zu tun. Sie können in jeder Lebensphase auftreten.

Einer der häufigsten Gründe für Rückenschmerzen sei körperliche Inaktivität. "Schon 40 Prozent der 14-Jährigen klagen über Rückenschmerzen", sagt Froböse. Der Mediziner bezieht sich dabei auf eine Studie der Krankenversicherung DAK von 2018.

Dass Rückenschmerzen eine Volkskrankheit sind, zeigen auch diverse andere Studien. Rücken- und Nackenschmerzen seien in der Bevölkerung weit verbreitet, heißt es etwa beim Robert Koch-Institut (RKI):

  • In einer RKI-Befragung von rund 5000 Erwachsenen berichteten 61,3 Prozent von Rückenschmerzen in den letzten zwölf Monaten.
  • 15,5 Prozent klagten sogar über chronische Rückenschmerzen.

Besonders häufig betroffen sind Menschen zwischen 30 und 50, die mitten im Berufsleben stehen. Bei vielen stimme das Verhältnis von Arbeitszeit und privater Zeit nicht mehr, so Froböse. Sie sitzen viel, sind körperlich inaktiv - das begünstigt Rückenschmerzen.

Irrtum 2: Harte Matratzen helfen gegen Rückenschmerzen

Bewertung: "Nein, harte Matratzen sind nicht per se ideal", sagt der Orthopäde Prof. Bernd Kladny. Damit besteht die Gefahr, dass der Rücken sich verspannt. Das führt unweigerlich dazu, dass die Beschwerden sich verstärken, erklärt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).

Zu weiche Matratzen sind aber auch nicht empfehlenswert. Sie stützen den Rücken nicht genügend ab, die Wirbelsäule kann durchhängen.

Außerdem hindern sie die Bandscheiben daran, sich nachts zu erholen und mit Flüssigkeit zu füllen. Nicht selten sind Schmerzen im Bandscheibenbereich die Folge.

Matratzen haben unterschiedliche Härtegrade. Welcher Grad der richtige ist, hängt auch vom Körpergewicht ab. Allerdings sind die Härtegrade nicht normiert.

Folgende Angaben können als Orientierung dienen:

  • Härtegrad H2: bis 80 Kilogramm Körpergewicht
  • Härtegrad H3: 80 bis 100 Kilogramm Körpergewicht
  • Härtegrad H4: 100 bis 150 Kilogramm Körpergewicht

Die ideale Matratze für alle gibt es nicht. Auch die Körpergröße und der individuelle Liegekomfort spielen eine Rolle.

Berücksichtigen Sie diese Tipps:

  • Lassen Sie sich im Fachgeschäft beraten.
  • Machen Sie vom Angebot des Probeliegens unbedingt Gebrauch.
  • Nach sieben bis zehn Jahren ist es Zeit für eine neue Matratze.

Irrtum 3: Sport ist immer gut für den Rücken

Bewertung: "Das stimmt nicht", sagt Bernd Kladny. Auch bei sportlich Aktiven können von jetzt auf gleich starke Rückenschmerzen auftreten. Mitunter sind diese sogar lähmend.

"Die Ursache hierfür kann etwa eine einseitige Belastung des Körpers sein", erklärt Kladny. Falscher sportlicher Ehrgeiz kann zu Rückenproblemen führen. "Man sollte seine körperlichen Grenzen kennen und akzeptieren."

Ungeachtet dessen ist Sport aber die beste Methode, um sich vor quälenden Rückenschmerzen zu schützen.

Mehr Bewegung lässt sich oft problemlos in den Alltag einbauen:

  • Lassen Sie das Auto hin und wieder stehen und nutzen Sie stattdessen das Fahrrad. Oder gehen Sie kürzere Strecken zu Fuß.
  • Machen Sie mittags oder abends nach dem Essen einen Spaziergang.
  • Sitzen Sie abends nicht untätig vor dem Fernseher, sondern dehnen und strecken Sie sich dabei.
  • Nehmen Sie die Treppe statt den Aufzug.
  • Telefonieren Sie im Stehen. Laufen Sie dabei hin und her.
  • Bauen Sie am Schreibtisch kleine Übungen ein. Kreisen Sie zum Beispiel mit den Schultern. Wechseln Sie Ihre Sitzposition. Oder Sie stehen zwischendurch auf und laufen ein paar Schritte.

Irrtum 4: Stehen ist viel besser als langes Sitzen

Bewertung: "Ebenfalls falsch", sagt Kladny. Ideal ist ein häufiger Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und immer wieder Bewegung.

Auch zwischendurch hinlegen sei gut. Dabei strecken Sie Ihren Körper und dehnen zugleich die Muskeln.

Beim Sitzen kommt es nicht darauf an, stets in aufrechter Körperhaltung zu sein. "Sich zwischendurch ruhig auch einfach mal hinlümmeln, ist völlig in Ordnung", sagt Kladny.

Die ideale Mischung könnte so aussehen:

  • 20 Minuten sitzen
  • währenddessen alle 2 Minuten dehnen oder strecken
  • alle 30 Minuten acht Minuten lang stehen

Wer viel am Schreibtisch arbeitet, sollte über einen elektrisch verstellbaren Arbeitstisch nachdenken. So können Sie mühelos zwischen Sitzen und Stehen wechseln. Oft unterstützt der Arbeitgeber eine Anschaffung. Eine Anfrage beim Chef kann sich also lohnen.

Tipp: Erinnern Sie sich mit einem Zettel an der Wand auf Augenhöhe daran, dass Sie sich zwischendurch dehnen und strecken oder ein paar Schritte gehen wollten.

Irrtum 5: Bei chronischen Rückenschmerzen hilft nur eine OP

Bewertung: "Nein, das stimmt nicht", sagt der Orthopäde Prof. Hans-Raimund Casser. In 80 Prozent der Fälle haben chronische Rückenschmerzen muskuläre Ursachen. "Da würde eine Operation rein gar nichts bringen", erklärt der Mediziner, der auch Ärztlicher Direktor des DRK-Schmerzzentrums Mainz ist.

Notwendig oder hilfreich kann eine OP sein bei:

  • instabilen Brüchen der Wirbelkörper
  • eitrigen Entzündungen
  • knöchernen Einengungen mit Schädigung der Nerven
  • Tumoren

Wichtig: Auch wenn Beschwerden nicht durch konservative Maßnahmen wie eine Physiotherapie nachlassen, bedeutet das nicht, dass automatisch eine Operation sinnvoll ist.

"Zur Operation gehört immer eine strenge Indikationsstellung, das heißt, eine klar zu definierende, schmerzauslösende Strukturveränderung, die durch eine Operation beseitigt oder entschärft werden kann", sagt Casser.

Welche Behandlung für Sie am besten geeignet ist, sollte immer ein Arzt im konkreten Fall entscheiden. Bevor Sie einer Operation zustimmen, sollten Sie im Zweifel noch eine ärztliche Zweitmeinung einholen.

Irrtum 6: Osteoporose trifft nur Frauen

Osteoporose bedeutet so viel wie Knochenschwund. Dabei unterschreitet die Knochendichte einen bestimmten Wert. Der Knochenstoffwechsel ist gestört. Es kann zu Brüchen an den Wirbelkörpern kommen, die in der Folge Rückenschmerzen auslösen.

Bewertung: An Osteoporose erkranken vor allem ältere Menschen. "Aber nicht nur Frauen", sagt Sportmediziner Ingo Froböse. Es treffe zunehmend auch Männer.

Neben dem Alter gibt es folgende Risikofaktoren:

  • Hormonumstellung: Bei Frauen sinkt nach den Wechseljahren der Östrogen-Spiegel, bei Männern der Testosteron-Spiegel.
  • Erbliche Veranlagung: Hatten schon die Eltern oder Großeltern Osteoporose, kann die Erkrankung auch in der nächsten Generation auftreten.

    Was also tun?

Wichtig ist lebenslange körperliche Bewegung. "Mehrmals am Tag springen und hüpfen führt schon dazu, den Knochenstoffwechsel zu stimulieren und damit Gutes für die Gesundheit zu tun", so Froböse.

"Osteoporose lässt sich nicht heilen, aber ihr Verlauf lässt sich verzögern." Je früher Frauen und Männer gegensteuern, desto besser.

Irrtum 7: Ein Hexenschuss ist ein Bandscheibenvorfall

Bewertung: "Nein, Hexenschuss und Bandscheibenvorfall sind nicht das Gleiche", stellt Hans-Raimund Casser klar. Wobei die Ursache für einen Hexenschuss durchaus ein Bandscheibenvorfall sein kann.

Bei einem Hexenschuss haben Betroffene einen akuten heftigen Schmerz im Kreuz, der untere Rücken ist meist blockiert.

Auslöser können zum Beispiel diese Dinge sein:

  • eine ungünstige Bewegung beim Heben oder Tragen
  • eine schlechte Körperhaltung
  • ein Unfall

Ein Hexenschuss tritt in der Regel plötzlich und heftig auf, heilt dafür aber nach einigen Tagen von selbst wieder aus.

Ist das nicht der Fall, sollten Sie einen Arzt aufsuchen – eben weil dann ein Bandscheibenvorfall hinter dem Hexenschuss stecken könnte. Die Bandscheiben werden dabei zwischen den Wirbeln immer mehr nach außen gedrückt und drücken auf einen Nerv.

Auch hier gilt: Bewegungsmangel fördert einen Bandscheibenvorfall. "Sie sollten so viel wie möglich körperlich aktiv sein", rät Casser.



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