Dana Schray startete ihren Bildungsweg wie viele andere Kinder in ihrem Wohnort: Sie besuchte einen normalen Kindergarten und wurde 2013/14 in eine Regelschule eingeschult. Doch bereits nach einem Jahr musste sie die Schule wechseln, da die Lehrkraft nicht in der Lage war, mit der Schulassistentin zusammenzuarbeiten. Dana wurde daraufhin auf eine Sehbehinderten-/Blindenschule geschickt, die jedoch weit entfernt lag. Der tägliche Transport nahm vier Stunden in Anspruch, was dazu führte, dass sie keine sozialen Kontakte in ihrem Wohnort aufbauen konnte. Schließlich wechselte sie auf eine Schule mit Internat, was jedoch für eine junge Schülerin eine große Belastung darstellte, da sie ihre Familie und ihr gewohntes Umfeld vermisste.
Der Umzug nach Chemnitz und die Suche nach einem inklusiven Gymnasium
Nachdem ihre Familie nach Chemnitz gezogen war, begann die Suche nach einem passenden Gymnasium. Dana war überrascht, dass Inklusion in Sachsen so wenig gewollt zu sein schien, besonders im Vergleich zu anderen Bundesländern. Obwohl die Gymnasien grundsätzlich offen für das Thema Inklusion waren, erhielten sie alle Absagen, nachdem sie sich bei der Schulbehörde rückversichert hatten. Einzig das Europäische Gymnasium in Waldenburg zeigte sich offen und unterstützte Dana, bis auch diese Schule letztlich durch die Schulbehörde in Chemnitz daran gehindert wurde, Dana weiterhin aufzunehmen. Dana war erschüttert darüber, dass die Bereitschaft zur Inklusion durch bürokratische Hürden zerstört wurde.
Die Herausforderungen der fehlenden Schulassistenz
Während ihrer Schulzeit arbeitete Dana mit einer Tafelkamera und einem Notebook, um den Unterricht zu verfolgen und ihre Aufgaben zu bearbeiten. Doch die Unterstützung, die sie dringend benötigte, fehlte. Eine Schulassistenz, die sie bei organisatorischen Dingen, grafischen Beschreibungen und dem Abschreiben von der Tafel hätte unterstützen können, wurde ihr erst spät genehmigt. Bis dahin war es jedoch zu spät, eine passende Assistenz zu finden. Dana glaubt, dass sie mit einer Schulassistenz bessere Leistungen und einen höheren Notendurchschnitt hätte erreichen können.
Ein unüberwindbares Hindernis?
Die Schulbehörde stellte sogenannte Gelingensbedingungen auf, die es den Schulen fast unmöglich machten, eine Schulassistenz zu finanzieren. Eine der größten Hürden war die Anforderung, dass die Schule eine sonderpädagogische Fachkraft mit dem Schwerpunkt Sehen einstellen müsste - Fachkräfte, die in Sachsen nicht ausgebildet werden und nur selten verfügbar sind. Dana berichtet von anderen Jugendlichen in anderen Bundesländern, wo solche Fachkräfte gelegentlich in die Schulen kommen, um die Lehrer zu beraten.
Die Auswirkungen auf Familie und Zukunft
Dana und ihre Familie waren schockiert über die Gerichtsurteile, die sie zwangen, andere Bildungswege einzuschlagen. Ihre zwei hochgradig sehbehinderten Geschwister hatten in Baden-Württemberg problemlos das Abitur gemacht, während Dana in Sachsen auf erheblichen Widerstand stieß. Diese Erfahrung belastete nicht nur Dana, sondern die gesamte Familie. Der ständige Kampf um eine gerechte Bildung und die Ablehnung durch das Schulsystem führten zu großem emotionalen Stress.
Fernschule als letzter Ausweg
Schließlich entschied sich Dana, sich in Hamburg an einer Fernschule einzuschreiben - die einzige Möglichkeit, ihr Abitur zu machen und ihren beruflichen Wunsch zu verfolgen. Diese Form des Lernens bietet ihr viele Vorteile, insbesondere die Flexibilität, die sie aufgrund ihrer Seheinschränkung benötigt. Doch auch hier sind die Herausforderungen groß, ähnlich wie an einer normalen Schule.
Gedanken zum sächsischen Schulgesetz
Dana kritisiert das sächsische Schulgesetz scharf, da es ihrer Meinung nach falsch interpretiert und verdreht wird, oft zugunsten finanzieller Interessen und nicht zum Wohl des Kindes. Sie fordert eine klare und verpflichtende Gesetzgebung, die alle Schulen dazu anhält, Schüler mit Behinderungen aufzunehmen, und den Schulen die notwendige Unterstützung bereitstellt. Schulleiter sollten mehr Entscheidungsfreiheit erhalten und Schulen sollten untereinander kooperieren, um Erfahrungen auszutauschen und Best Practices zu entwickeln.
Ein Wunsch, der die Gesellschaft verändern könnte
Trotz der zahlreichen Hindernisse hat Dana klare Ziele vor Augen. Sie möchte Jura studieren, um das Rechtssystem besser zu verstehen und Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu fördern. Die intellektuellen Herausforderungen und die Möglichkeit, durch ihren Beruf einen positiven Einfluss auszuüben, motivieren sie. Zudem erwägt sie, ein Buch über ihre Geschichte zu schreiben, um ihre Erfahrungen und Erkenntnisse mit anderen zu teilen. Dana ist überzeugt, dass ihr Weg viele Menschen inspirieren kann, für ihre Rechte zu kämpfen und für eine inklusivere Gesellschaft einzutreten.
BLICK.de hakt nach: Wie reagiert das Bildungsministerium?
Das sächsische Bildungsministerium verweist in seiner Antwort auf Dana Schrays Fall auf die Fortschritte in der Inklusion: 38,3 Prozent aller Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf würden bereits inklusiv unterrichtet, und in einigen Förderschwerpunkten, wie der emotionalen und sozialen Entwicklung, Sprache oder der körperlichen und motorischen Entwicklung, läge die Inklusionsquote sogar bei über 70 Prozent. Dennoch zeigt der Fall von Dana Schray, dass es immer noch erhebliche Herausforderungen gibt.
Im Fall von Dana bot das Landesamt für Schule und Bildung eine Kompromisslösung an: Eine Zusammenarbeit mit einem Gymnasium (Name wird nicht genannt), um Dana auf eine inklusive Beschulung vorzubereiten. Dabei wurde vorgeschlagen, dass sie zunächst für wenige Monate an der Landesblindenschule unterrichtet wird, um die notwendigen Voraussetzungen für den Wechsel zu schaffen. Das Ministerium betonte, dass diese Lösung angesichts der vorhandenen Expertise an der Landesblindenschule als erfolgversprechend angesehen wird.
Dana und ihre Familie sahen diese Lösung jedoch nicht als gangbaren Weg an, was das Ministerium bedauert. Laut dem Ministerium hätte sie den Vorbereitungszeitraum an der Landesblindenschule bereits absolvieren können, um sich auf das Gymnasium vorzubereiten.