Chemnitz. Dana Schray läuft schnellen Schrittes auf dem Fußweg. Wer hinter ihr geht und nicht ihren Blindenstock sieht, kommt kaum auf die Idee, dass die junge Frau nichts sieht. Dana Schray ist 16 Jahre alt und seit ihrer Geburt sehbehindert. Sie hat ein Sehvermögen von weniger als zwei Prozent, was sie gesetzlich als blind einstuft. "Ich habe aber ein gutes Gehör und orientiere mich an kleinsten Geräuschen", erzählt die Schülerin. Dennoch zählt sie auch auf andere Hilfsmittel, die ihr das Leben als Blinde in Chemnitz erleichtern sollen. Leitsysteme auf Fußwegen zum Beispiel. Was das betrifft, habe die Stadt allerdings großen Nachholbedarf, so Dana Schray. "Am Bahnhof und an der Zenti ist es besonders schlimm", sagt sie.
Die 16-Jährige läuft mit ihrem Blindenstock an den Bushaltestellen des Chemnitzer Hauptbahnhofs entlang. Worauf Sehende vermutlich selten achten: Die grauen, geriffelten Steine auf dem Boden, die an den Rändern der Bussteige angebracht sind und Blinden signalisieren sollen, dass hier ein Absatz kommt. Sie sind brüchig, fehlen sogar teilweise. Manche sind durch glatten Asphalt aufgefüllt worden. "Das sind absolute Stolperfallen, nicht nur für Blinde, sondern auch für Senioren", so Dana Schray.
Felder falsch gesetzt
Weiter geht es am Bahnhof zu einem sogenannten Aufmerksamkeitsfeld. Das sind viereckige Steinplatten auf dem Boden, die ebenfalls geriffelt sind und Blinden aufzeigen sollen: Hier hält der Bus. "Ich stehe hier auf einem Feld, wo aber gar kein Bus hält. Das Feld ist einfach falsch gesetzt, was total verwirrend ist", kritisiert Dana Schray.
Sie setzt die Liste mit Verbesserungsvorschlägen für Leitsysteme in der Stadt fort. So fehle es zum Beispiel an einheitlichen Farben auf dem Boden. Eine Mischung aus weiß und grau sei bisher angebracht. Dana Schray hält ein kräftiges Gelb für die bessere Wahl. "Das wäre eine Signalfarbe, für Sehende und Sehbehinderte", sagt sie.
Hoffnung in Sicht
In Chemnitz leben aktuell etwa 3500 Blinde und sehbehinderte Menschen. 130 davon sind Mitglied im Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen, der im Rosenhof eine Zweigstelle hat. Die Vorwürfe bezüglich schlechter Leitsysteme in der Stadt kann der Verband nur teilweise unterschreiben. Noch sei nicht alles 100 Prozent in Chemnitz. "Aber wir sind schon sehr weit", sagt Lars Geithner. Er ist selbst blind, seit acht Jahren stellvertretender Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenverbandes und in diversen Arbeitsgemeinschaften aktiv, wie unter anderem der Chemnitzer AG "Barrierefreies Bauen" und der AG "ÖPNV für Alle". Geithner arbeitet eng mit dem Tiefbauamt der Stadt zusammen. Das Amt kontaktiert er, wenn es mal wieder Kritik am System gibt, eine Blindenampel kaputt ist oder es Vorschläge gibt, was man wo besser machen könnte. "Das Tiefbauamt hat immer ein offenes Ohr für uns und bezieht uns in Planungen, was Blindenleitsysteme betrifft, stets mit ein", sagt der 46-Jährige. Was konkret die Kritik Dana Schrays am System am Bahnhof betrifft, kann Geithner Entwarnung geben: "Das Blindenleitsystem vor dem Bahnhof und bis zur Carolastraße soll noch dieses Jahr komplett ausgetauscht werden." Das sei ihm vom Tiefbauamt zugesichert worden. Weiterhin soll im Zuge der Vorbereitungen für das Kulturhauptstadtjahr ein barrierefreier Weg vom Hauptbahnhof bis zum Welcome-Center, neben der Hartmannhalle, geschaffen werden. "Sowas geht aber nun mal nicht von heute auf morgen", betont Lars Geithner.
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