Chemnitz. Die Saison in der Regionalliga-Nordost wurde mit dem Traditionsduell zwischen dem Chemnitzer und dem Halleschen FC eröffnet. Trotz des Donnerstagabendtermins waren 8.357 Zuschauer - darunter 1.588 HFC-Anhänger - im "Stadion - An der Gellertstraße" zugegen und sahen - trotz fehlender Tore - eine packendes Partie. Das Auftaktspiel war auf ganzer Linie Werbung für den "Nordostdeutschen Fußballverband" (NOFV) und seine spielstarke Regionalliga, in welcher sich allerhand Vereine mit einer großen Historie sowie treuen, leidenschaftlichen Fans tummeln. Beim Blick auf die zurückliegenden Spielzeiten zeigt sich, dass die Regionalliga-Nordost gegenüber der anderen vier Regionalligen die Liste der durchschnittlichen Gesamtzuschauerzahl anführt.
Kritik aus der Kurve an den NOFV
Seit geraumer Zeit üben jedoch die Fanszenen der ostdeutschen Traditionsvereine Kritik an der Saisonplanung und -vorbereitung des NOFV. Am Freitagabend präsentierten die Fans des VFC Plauen das Spruchband: "Anstoßzeiten vom Verband für den TV diktiert, der Wunsch der wahren Fans wird ignoriert." Nun haben neun Fanszenen einen gemeinsamen Aufruf publiziert, in dem sie zu einer Reform der Ansetzungspolitik aufrufen. Denn die exakten Spielansetzungen werden in der Regel kurzfristig angesetzt und erhalten dabei vereins- und fanunfreundliche Anstoßzeiten. Auf die Vereine kommen signifikante Mehraufwände - sowohl beim Heim- als auch Auswärtsspielen - zu. Der Chemnitzer FC schließt sich dem Aufruf an und ruft dazu auf, die Interessen aller Beteiligten bei der Festlegung von Spielterminen zukünftig wieder stärker zu berücksichtigen.
Thüringenderby als Stein des Anstoßes
Das traditionsreiche wie konfliktträchtige Thüringenderby zwischen dem FC Carl-Zeiss Jena und dem FC Rot-Weiß Erfurt, welches erwartungsgemäß eine großes Polizeiaufgebot erfordert, war ursprünglich für den 31. August bzw. 01. September vorgesehen. Allerdings - und das war vorher bereits bekannt - findet an diesem Wochenende in Thüringen die Landtagswahl sowie zahlreiche Großdemonstrationen statt. Ergo legte die staatliche Exekutive ihr Veto ein und begründete es mit der Nichtverfügbarkeit von genügend Einsatzkräften. Ein zweiter Grund war weiterhin das Spiel im DFB-Pokal zwischen Jena und dem Doublesieger Bayer 04 Leverkusen, welches am 28. August stattfindet.
Der NOFV musste entsprechend reagieren und setzte das Hochrisikospiel - ohne dabei mit Vereinsvertretern aus Jena und Erfurt gesprochen zu haben - eigenmächtig neu an. Am Mittwoch, dem 4. September, findet nun das Thüringenderby statt. Anpfiff in der "ad hoc Arena im Ernst-Abbe-Sportfeld" ist 17 Uhr. "Sport im Osten" wird die Partie im TV und Livestream übertragen. MDR-Sportchef Raiko Richter erklärte dazu: "Die Anfragen, ob wir es live im TV übertragen können, waren zahlreich und deshalb freuen wir uns, dass wir den Fans das Thüringen-Derby in die heimischen Wohnzimmer bringen dürfen."
Ein anderes, kleineres Beispiel für eine fehlerhafte Ansetzung stellt das Duell zwischen der zweiten Mannschaft von Hertha BSC und dem 1. FC Lokomotive Leipzig dar, welches bereits am Donnerstag, dem 29. August, gespielt werden muss. Grund für die Verschiebung ist eine Belegung des Stadions am Wochenende.
Wo ist das wahre Wohnzimmer der Fans?!
Der Fussball lebt bekanntermaßen durch seine Fans - und diese sorgen in den Stadien für eine einzigartige Atmosphäre. Damit geht auch eine beachtliche Vermarktungsrelevanz der Regionalliga im NOFV-Gebiet einher, was wiederum interessant für die verschiedenen Fernsehanstalten ist. Jüngst hat der NOFV den laufenden Vertrag über die TV-Senderechte der Regionalliga-Nordost mit OSTSPORT.TV um fünf Jahre verlängert. "Der Nordostdeutsche Fußballverband hat den laufenden Vertrag über die TV-Senderechte der Regionalliga Nordost mit OSTSPORT.TV um fünf Jahre verlängert", sagte NOFV-Präsident Hermann Winkler nach der Vertragsunterzeichnung. Wenngleich über die vertraglichen Details Stillschweigen vereinbart wurde, steht fest, dass die Vereine gerade einmal 8.000,- Euro pro Saison aus diesem TV-Topf erhalten.
"In der Regionalliga sind die Vereine besonders auf ihre Fans angewiesen, um auch wirtschaftlich in diesem herausfordernden Wettbewerb der Regionalliga bestehen zu können. Die Anhänger in den Stadien sind kein Beiwerk, sondern tragen erheblich dazu bei, dass die Vereine an den Spieltagen Einnahmen generieren, seriös wirtschaften können und der Wettbewerb so möglichst fair und attraktiv bleibt", erklärte CFC-Geschäftsführer Uwe Hildenbrand, der sich für alle Beteiligten schnellstmöglich eine tragfähige Lösung im Interesse aller Fanszenen und ihrer Vereine wünscht, um die Situation noch in der aktuellen Saison zu verbessern. Das gilt explizit für Derbys, Ost-Klassiker sowie aufgrund von Tabellenkonstellationen besonders attraktiven Spiele.
Der "Mitteldeutsche Rundfunk" (MDR) wiederum ist nur mittelbar vertraglich mit dem NOFV verbunden, nimmt aber trotzdem - wie im Fall des Thüringenderby - erheblichen Einfluss auf die Anstoßzeiten. Das hat zur Folge, dass zahlreichen Fans die Chance genommen wird, deren wahres Wohnzimmer - nämlich das Stadion - zu besuchen. Insbesondere Anstoßzeiten vor 18 Uhr unter der Woche stellt Fans vor Schwierigkeiten, und Vereinen entgehen dadurch Einnahmen in den Bereichen Ticketkäufe, Catering und Merchandise.
"Ansetzungspolitik jetzt reformieren - Vereine und Anhänger respektieren!"
"Jetzt ist Schluss mit dem stillschweigenden Akzeptieren einer Ansetzungswillkür, die die Interessen von Vereinen und deren Anhängerschaft nicht ausreichend berücksichtigt Wir setzen uns gemeinsam für einen nachhaltigen Wandel für fanfreundliche Anstoßzeiten ein", äußerten sich die Fanszenen aus Jena, Erfurt, Halle, Babelsberg, Chemnitz, Zwickau, Plauen sowie vom 1. FC Lokomotive Leipzig und dem BFC Dynamo. An den NOFV wurden diesbezüglich mehrere Punkte für eine positive Veränderung übermittelt, dazu gehört vor allem langfristigere Ansetzungen für eine bessere Planungssicherheit. Der Chemnitzer FC unterstützt die Forderungen vollumfänglich.
"Meister müssen direkt aufsteigen!"
Der CFC möchte aber noch wegen eines zweiten Punktes mit dem NOFV in Dialog treten und sich bei der nächsten großen DFB-Tagung viel entschiedener für einen festen Aufsteiger in der stärksten und traditionsvereinsreichsten Regionalliga Deutschlands einsetzen. "Es widerspricht dem Sportsgeist und einem fairen Wettbewerb, dass ausgerechnet die Vereine im Osten nicht direkt aufsteigen können, wo in den zurückliegenden Jahrzehnten aufgrund verschiedener Reformen und Standortnachteile ehemals große Traditionsvereine gelitten haben wie in keiner anderen Region in Deutschland. Hier muss endlich Gerechtigkeit geschaffen werden, dass der Meister in der Regionalliga-Nordost sich direkt für die 3. Liga qualifiziert", macht Uwe Hildenbrand die Position des Chemnitzer FC deutlich.
Aktuell steigen die zwei Meister der Regionalliga-West und Südwest immer direkt auf. Der dritte Direktaufsteiger wird aus einem jährlich rotierenden System zwischen Nord, Nordost und Bayern bestimmt. Die beiden anderen Staffelsieger ermitteln den vierten Aufsteiger in einer Relegation.