Sachsenring. Heute vor 30 Jahren ging mit Helmut Fath ein erfolgreicher Gespann-Rennfahrer sowie begnadeter Techniker und Tuner von uns. Der Weltmeister von 1960 und 1968 sowie elffache Grand-Prix-Sieger wurde nur 64 Jahre alt. Helmut Fath wurde am 24. Mai 1929 in Ursenbach bei Heidelberg geboren. 1949 bestritt er mit einer Solo-Maschine auf dem "Riedring" im nahen Lorsch sein erstes Motorradrennen, verlor aber nach einem Unfall vorerst den Lust an der Rennerei. Drei Jahre später wurde er, wiederum in Lorsch, von einem Freund gebeten, bei ihm im Beiwagen seines Gespannes als Beifahrer zu fungieren, woran er nun sofort Gefallen fand. Daraufhin kaufte er von seinem Arbeitgeber, einem BMW-Vertragshändler in Mannheim, eine 500er BMW R51/3, baute diese zum Renngespann um und war fortan selbst der Fahrer. Bei seinem ersten regionalen Rennen wurde er mit seinem Beifahrer Alfred Fath, mit dem er nicht verwandt war, hinter zwei 750er-Gespannen Dritter. Die nachfolgenden drei Ausweis-Rennen gewann er dann allesamt und nach einem weiteren Jahr in der Ausweis-Klasse erhielt er für 1954 die Lizenz. Hier war ihm die Konkurrenz technisch überlegen, woraufhin er eine BMW RS von Florian Camathias kaufte und mit ihm fortan eine gute Freundschaft pflegte, nicht zuletzt, weil auch der Schweizer sehr Technik-affin war. Als erster Deutscher baute Helmut Fath das Gespann mit kleineren Rädern zu einem sogenannten Kneeler um, die den Vorteil eines niedrigeren Schwerpunktes und breiterer Reifen hatten.
WM-Abenteuer zunächst noch Mangelware
Seinen ersten Weltmeisterschaftslauf bestritt Helmut Fath 1956 beim Großen Preis von Deutschland auf der Stuttgarter Solitude. Mit seinem Beifahrer Emil Ohr fuhr er als Dritter auf Anhieb aufs Podest. Zwar ging er danach neben den DM-Läufen auch bei etlichen internationalen Rennen an den Start, in der WM jedoch nur sporadisch. So wurde er 1958 mit Fritz Rudolph im Boot nur im niederländischen Assen und im belgischen Spa-Francorchamps jeweils Dritter, was ihnen allerdings reichte, um sich in der WM-Abschlusstabelle als Dritte zu verewigen. 1959 trat Helmut Fath mit seinem neuen Beifahrer Alfred Wohlgemuth zwar regelmäßiger bei den WM-Läufen an, wurden allerdings nur WM-Fünfte. Die einzigen zählbaren Ergebnisse erzielten sie mit Rang drei in Assen sowie zuvor Platz vier auf der Isle of Man.
Der erste ganz große Wurf
1960 sollte dann mit einem von Helmut Fath selbst getunten Kurzhub-Motor in der BMW RS ihr größtes Jahr werden. Mit Clermont-Ferrand, der Isle of Man, Assen, Spa-Francorchamps und der Solitude standen für die Seitenwagen fünf WM-Läufe auf dem Programm. Fath/Wohlgemuth feierten in Frankreich ihren ersten WM-Sieg und gewannen danach auch auf der Insel sowie auch die letzten beiden des Jahres. Aber auch in Assen standen sie, wenngleich "nur" als Zweite, auf dem Podest. Natürlich wurden sie so überlegene Weltmeister und mussten sogar für die Endabrechnung jenen zweiten Platz sowie einen Sieg als Streichresultate her schenken. Damit traten sie in der langen Ära der deutschen Gespann-Weltmeister die Nachfolge von Wilhelm Noll/Fritz Cron (1954 und 1956), Willy Faust/Karl Remmert (1955), Friedrich Hillebrand/Manfred Grunwald (1957) sowie Walter Schneider/Hans Strauß an. Folgen sollten ihnen noch Max Deubel/Emil Hörner (1961, 1962, 1963 und 1964), Klaus Enders/Ralf Engelhardt (1967, 1969, 1970, 1972, 1973 und 1974), Horst Owesle/Julius Kremer/Peter Rutherford (1971) sowie Rolf Steinhausen/Sepp Huber (1975 und 1976). Danach war erst einmal eine Pause und nach Werner Schwärzel/Andreas Huber (1982) ganz Schicht im Schacht.
Aufstieg und Rückschlag
1961 wurden Helmut Fath/Alfred Wohlgemuth ins BMW-Werksteam befördert, was Helmut Fath aber nicht rundum glücklich machte. So tauschte er beim WM-Auftakt im Montjuich-Park in Barcelona nach dem Training den Kurzhub-Motor des Werkes gegen seinen eigenen aus und gewann das Rennen. Beim nachfolgenden DM-Lauf auf der Nürburgring-Südschleife segelten sie im Regen auf einer Ölspur von der Piste. Während Helmut Fath "nur" komplizierte Bein-, Hand- und Fußgelenksbrüche davon trug, erlag Alfred Wohlgemuth an jenem 30. April 1961 seinen schweren Verletzungen. Diesen Unfall und den Verlust seines ziemlich gleich alten Freundes (beide waren zum Unfallzeitpunkt 31) musste Helmut Fath erst einige Zeit verarbeiten, doch irgendwann machte er sich mit einigen Gelichgesinnten an die Konstruktion eines eigenen Motors nebst Chassis. Aus Budgetgründen entschied man sich für einen quer zur Fahrtrichtung eingebauten luftgekühlten Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor. Dieser wurde 1964 zunächst in ein Solo-Motorrad als Versuchsträger eingebaut und sollte seine Feuertaufe ausgerechnet beim Eifelpokal-Rennen auf dem Nürburgring bestehen. Es dauerte noch bis 1966, bis Helmut Fath mit seinem kompletten Eigenbau-Gespann namens "Fath-4" oder "Fath 499 Spezial" die ersten Rennen bestritt. Gemäß der Idee seiner Frau Waltraut wurden Motor bzw. das komplette Gespann noch im gleichen Jahr in Anlehnung an den lateinischen Begriff Ursus (Bär) und zugleich an ihr Heimatdorf Ursenbach URS getauft.
Der zweite Streich
1967 kam es dann aber zur Zusammenarbeit mit britischem Solo- und Gespann-Rennfahrer und vor allem sehr guten Rahmenbauer Colin Seeley, sodass sich Helmut Fath 1968, diesmal komplett aus dem Nichts, zu einem neuerlichen Höhenflug aufschwingen konnte. Diesmal standen für die Dreirad-Akteure sechs WM-Läufe im Kalender. Wieder gewann Helmut Fath, der sich nun von Wolfgang Kalauch im Boot assistieren ließ, das erste Saisonrennen, welches auf der Nürburgring-Südschleife, dem Ort seiner bittersten Stunden, ausgetragen wurde. Nach einem vierten und einem fünften Platz auf der Isle of Man bzw. in Assen sowie einem Nuller nach schnellster Rennrunde in Spa-Francorchamps, klinkten sich Fath/Kalauch mit ihrem zweiten Saisonsieg im finnischen Imatra wieder in den WM-Titelkampf ein. Das Saisonfinale wurde nach der behördlichen Absage des Seitenwagen-Rennens im italienischen Monza in den DM-Lauf auf dem Hockenheimring integriert. Hier holten sich Helmut Fath/Wolfgang Kalauch ihren dritten Saisonsieg und damit schließlich den Titel vor ihren Landsleuten Georg Auerbacher/Hermann Hahn.Wie schon bei seiner ersten Weltmeisterschaft 1960 garnierte Helmut Fath diesen wieder mit dem gleichzeitigen Gewinn der Deutschen Meisterschaft. 1969 wurden Fath/Kalauch mit drei zu vier Saisonsiegen hinter Klaus Ender/Ralf Engelhardt noch einmal Vize-Weltmeister, dann hängte Helmut Fath seinen Rennhelm an den berühmten Nagel.
Weiter als technisches Genie hinter den Kulissen
Als Motorentuner machte er seinem guten Ruf aber auch weiterhin alle Ehre und arbeitete zum Beispiel für Phil Read, Billy Nelson, Jean-Francois Baldé, Reinhold Roth, Martin Wimmer, Harald Eckl und Karl-Thomas Grässel. Auch auf dem (alten) Sachsenring war er mehrfach am Start. Erstmalig 1956, wobei er allerdings mit seinem Beifahrer Emil Ohr nach einen technischen Defekt ausfiel. Ein Jahr später feierte er hier mit Fritz Rudolph als Dritter seinen ersten Sachsenring-Podestplatz. Nach einem fünften Platz 1958, wiederum mit Fritz Rudolph, sowie einem vierten 1959 mit Alfred Wohlgemuth schaffte er es mit diesem 1960 noch einmal als Zweiter hinter den Schweizern Florian Camathias/Roland Föll aufs Podium. Es war das für lange Zeit letzte Seitenwagen-Rennen auf dem Ring, denn ab 1961 zählten die Rennen zur Motorrad-Weltmeisterschaft und diese sahen am Sachsenring bis einschließlich dem vorerst letzten WM-Rennen 1972 keine Gespanne vor. Am 19. Juni 1993 verstarb Helmut Fath nach schwerer Krankheit im Heidelberger Krankenhaus im Alter von nur 64 Jahren.
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