Plauen. In der 3. Handball-Bundesliga hat der SV 04 Plauen-Oberlosa nur haarscharf die Sensation verpasst. Erst fünf Sekunden vor der Schlusssirene gelang Tabellenführer TuS Vinnhorst der Lucky Punch. Am Ende stand es 32:33 (17:17). Unter anderem, weil die Plauener gleich drei Siebenmeter verworfen hatten...
Weltmeister und Olympiasieger Davor Dominikovic: "Oberlosa! Gratulation zu diesem geilen Spiel."
Wenn 300 Zuschauer nach einer Niederlage die Kurt-Helbig-Sporthalle zufrieden verlassen, dann ist etwas Bemerkenswertes passiert. Voller Stolz durfte Cheftrainer Petr Hazl nach Spielschluss zur Pressekonferenz schreiten. In der ergriff Gästetrainer Davor Dominikovic als Erster das Mikrofon: "Oberlosa! Gratulation zu diesem geilen Spiel. Und danke an die Fans für diese tolle Atmosphäre", schwärmte der Kroate, der als Spieler immerhin Weltmeister (2003), Olympiasieger (2004), Champions League-Sieger (2005) und spanischer Meister (2006) wurde. Die Hannoveraner gelten als Topfavorit der C-Staffel und mit einem Millionenetat ist Vinnhorst auf dem Weg in die 2.Bundesliga wahrscheinlich nicht aufzuhalten. "Wir wussten genau, dass Oberlosa zum Stolperstein werden kann. Die Ergebnisse der letzten Wochen haben das bereits verraten", betonte TuS-Trainer Davor Dominikovic. Die Plauener sind längst in der 3. Bundesliga angekommen, rangieren aber wegen des katastrophalen Saisonstarts noch auf dem vorletzten Tabellenplatz.
Oberlosa holte zuletzt aus acht Spielen 7:9 Punkte!
Zum Vergleich: Der SV 04 Oberlosa startete als Aufsteiger zunächst mit neun Niederlagen in Folge. Dann hatte man sich angepasst an die hören Anforderungen. Und zuletzt gab es aus acht Spielen 7:9 Punkte sowie 202:206 Tore. Am Samstagabend spielte Oberlosa sogar gegen einen ganz "Großen" die Angriffe geduldig aus. "Das ist der große Unterschied im Vergleich zum Saisonstart. Jetzt wirft kaum noch einer, wenn sich nur eine Halbchance ergibt. Wir warten bis sich klare Einschusslücken ergeben", stellte Livestream-Kommentator Rico Michel fest. Und genau mit dieser neuen Masche kam Vinnhorst zunächst gar nicht klar. Die Plauener lieferten den Niedersachsen einen riesigen Kampf. Über die Stationen 6:3 (9., Linus Roth) und 10:5 (14., Ivan Kucharik) zwang Louis Hertel mit dem 11:6 (15.) die Gäste frühzeitig zur zweiten Auszeit. "Zwei Auszeiten in den ersten 15 Minuten: So etwas gibt es ganz selten", stellte Sportexperte Mario Wild auf der Tribüne erstaunt fest.
Die Kurt-Helbig-Hölle hat gebebt
Hallensprecher Mario Martin geriet sogar völlig aus dem Häuschen: "Leute! Was ist denn hier los? Das ist ja der absolute Wahnsinn", kommentierte das Oberlosaer Urgestein die erneute Führung von Dziugas Jusys zum 15:13 (24.), nachdem Vinnhorst zuvor zwischenzeitlich ausgeglichen hatte (12:12). Die große Frage lautete: Wann bricht Oberlosa ein? "Diesen Gefallen hat unsere Mannschaft dem Gegner nicht getan. Wir hatten immer eine Antwort und haben uns das 17:17-Unentschieden zur Pause redlich verdient", stellte TV-Hauptkommentator Jörg Scholz fest. Und auch im zweiten Abschnitt eilte Oberlosa immer ein, zwei oder drei Schritte voraus. Louis Hertel wuchs mit insgesamt sechs Treffern gegen die beste Abwehr der Liga über sich hinaus. "Erst elf Minuten vor dem Ende sind wir zum zweiten Mal in Führung gegangen. Doch selbst da hat Oberlosa einfach nicht abreißen lassen und einige unserer Schwächen aufgezeigt", räumte TuS-Trainer Davor Dominikovic ein.
Oberlosa vergibt drei Siebenmeter
SV-Torwart Benas Vaicekauskas war nach Spielende stinksauer auf sich: "Ich habe hintenraus einfach zu viele Tore kassiert! Deshalb haben wir verloren." In der Tat: Als Vinnhorst in Führung gegangen war, trafen die Hannoveraner mit jedem Angriff ins Schwarze. Jakob Bormann (6 Treffer) und Maurice Lungela (7) waren die erfolgreichsten TuS-Werfer. Doch dass sich Oberlosa im Fotofinish so gut in Position geschoben hatte, das lag am Plauener Keeper Benas Vaicekauskas, der die Gäste zwischenzeitlich zur Verzweiflung gebracht hatte. "Wir haben drei von fünf Siebenmetern nicht im Tor untergebracht. Das war der kleine Unterschied", stellte der Spielbetriebs-Geschäftsführer Lutz Petzoldt fest. Die Quote von TuS Vinnhorst: Falk Kolodziej verwandelte alle fünf Strafwürfe.
Mit solchen Leistungen ist der Klassenerhalt möglich
Fazit: Auch wenn TuS Vinnhorst noch mit den Nachwehen einer Corona-Quarantäne zu kämpfen hatte: Der SV 04 Oberlosa hatte zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ein Schwergewicht der 50 besten deutschen Handballclubs an den Rand einer Niederlage gebracht. Oberlosa-Fan Andy Fuhrmann applaudierte: "Wer hätte für möglich gehalten, dass Vinnhorst sich zum Sieg zittert? Ich bedanke mich im Namen aller Zuschauer für diesen tollen Abend bei der Mannschaft von Cheftrainer Petr Hazl." Wenn Oberlosa in der kommenden Abstiegsrunde solche Leistungen abruft, könnten die Vogtländer tatsächlich in der Liga bleiben.
Statistik
SV 04 Oberlosa: Vaicekauskas, Flämig, Raupach - Jusys (2 Tore), Wetzel, Cornelius (1), Roth (5), Skalda, Trommer-Ernst (3), Richter, Duschek (2), Hertel (6), Kolomaznik (1), Rahn, Kucharik (11/davon 1 Siebenmeter), Naumann (1/1)
Zeitstrafen: Oberlosa 2, Vinnhorst 5
Zuschauer: 298