Plauen will letzten Rest der Synagoge als Gedenkort retten!

Crowdfunding Spendenaktion zugunsten eines kollektiven Erinnerungsortes

Plauen. 

Die Spitzenstadt verdankte ihren Wohlstand vor 100 Jahren auch den Juden. In Plauen waren viele jüdische Geschäftsleute erfolgreich. Die Idee von Rechtsanwalt Dr. Isidor Goldberg, in Plauen ein israelisches Gemeindehaus mit Synagoge zu errichten, sie wurde 1930 Wirklichkeit. Doch nur acht Jahre später brannte die vom Münchner Architekt Fritz Landauer geschaffene Einrichtung nieder. Jetzt wollen einige Plauener und Freunde der Stadt retten, was noch zu retten ist.

Als die Synagoge brannte: Ein ganz dunkler Tag für Plauen

Am 10. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten das sakrale Bauwerk in der Pogromnacht. Es war ein ganz dunkler Tag für Plauen, wie Zeitzeuge Joachim Frotscher berichtete. "Ich war damals zehn Jahre und fühle mich schuldig, weil ich mit meinen Eltern und vielen anderen zugesehen habe wie dieses Haus niederbrennt. Die Feuerwehr hat nicht gelöscht, sondern nur das Übergreifen auf benachbarte Häuser verhindert." So hat es der in diesem Jahr verstorbene Plauener aufgeschrieben. Stadtarchivar Clemens Uhlig verlas im Rahmen einer Gedenk- und Auftaktveranstaltung die Worte von Joachim Frotscher (geboren 1928 - gestorben 2024). Denn urplötzlich hat Plauen ein Stück von dieser scheinbar völlig verschwundenen Synagoge zurückbekommen. Und das kam so.

 

Der Mauerfund: Drei Plauener sind hartnäckig geblieben

Liane Kümmerl, Waltraud Schmidt und Jens Bühring haben nicht locker gelassen. Ihre Vermutung, dass da noch ein letztes Stück der Synagogenmauer in der Engelstraße zu sehen ist, sie wurde vor drei Jahren bestätigt. Bürgermeister Tobias Kämpf hat sich als gläubiger Mensch der Sache angenommen. Zusammen mit vielen anderen will er jetzt die Sicherung dieser letzten Mauer der Plauener Synagoge finanzieren. Die Stadt startet eine Crowdfunding-Aktion, sodass der nun identifizierte Mauerrest saniert und gerettet werden kann. "Außerdem soll an dieser Stelle ein Gedenk- und Begegnungsort entstehen", kündigte der junge Bürgermeister an. Wenn für die Mauersanierung mehr Geld zusammenkommt, als die benötigten 15.000 Euro Eigenanteil, dann fließt dieses Geld in die Errichtung des Gedenkortes.

100 Unterstützer gibt es schon

Um das Projekt zu finanzieren, können Bürger, Vereine und Unternehmen das Crowdfunding mit Geldbeträgen unterstützen. Nach der öffentlichen Auftaktveranstaltung zum Projekt in der Adventgemeinde Plauen fanden sich ganz schnell 100 Interessenten, die sich bis gestern Abend online auf der Crowdfunding-Seite eingetragen haben. Damit kann die Finanzierungsphase, in der 15.000 Euro für das Projekt gesammelt werden sollen, zügig beginnen. Unter www.plauen.de/bruchstelle1938 kann gespendet werden - und zwar 90 Tage lang.

Andreas Heinz: "Wir dürfen uns als Gesellschaft nicht abwenden!"

Tobias Kämpf betont: "Mit dem nun offiziell gestarteten Crowdfunding erhoffen wir uns eine rege Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung. Es ist wichtig, dass dieser historische Ort erhalten bleibt und für die Zukunft als Gedenk- und Begegnungsort fungieren kann. Ich freue mich, dass bei der heutigen Auftaktveranstaltung auch Dr. Ruth Röcher von der Jüdischen Gemeinde Chemnitz dabei ist und die Bedeutung des Vorhabens unterstreicht", so Bürgermeister Tobias Kämpf. Der Landtagsabgeordnete Andreas Heinz stellte kurz und bündig fest: "Wenn wir uns als Gesellschaft jetzt abwenden, wird dieses schlimme Ereignis vergessen. Gerade weil sich Geschichte immer wiederholt, sollten wir gut auf unser Erbe achten, auch wenn dieses Kapitel sehr traurig ist", stellte Andreas Heinz fest.

 

Auftaktveranstaltung zum Projekt "Bruchstelle 1938"

 

Projektkoordinator Clemens Uhlig vom Stadtarchiv: "Die gespendeten Beiträge helfen, den notwendigen Eigenanteil an der baulichen Sanierung und Sicherung der Synagogenmauer zu erbringen. Der Großteil der Kosten soll aus Fördermitteln kommen, allerdings hängt deren Höhe von der Bewilligung ab." Etwa 100.000 Euro kostet das Vorhaben. Die Schaffung des Gedenkortes "Bruchstelle 1938" ist von Bedeutung. Zur Auftaktveranstaltung kamen Vertreter aus Gesellschaft, Politik, Vereinen, Kirchen und Schulen. Ebenfalls vor Ort war Gerd Naumann, der den Gästen einen historischen Einblick zur Plauener Synagoge gegeben hatte. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Liedermacher Jens Bühring, der unter anderem ein Musikstück spielte, welches auch am 6. April 1930 zur Eröffnung der Synagoge gespielt wurde. Gänsehaut pur. Alle Informationen unter www.plauen.de/bruchstelle1938



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