Leipzig. Ein brisantes Umwelthema dürfte in der Messestadt für weitere Unruhe sorgen: Mit Beschluss vom gestrigen Mittwoch lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag des Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Sachsen, gegen die auf dem Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz geplanten Baumfällarbeiten weitgehend ab. Das geht aus einer Medieninformation hervor.
Zur Vorgeschichte: Am 19. November 2020 hatte die Stadt Leipzig dem Leibniz-Institut für Länderkunde für ein Bauvorhaben am Leuschnerplatz die Beseitigung von insgesamt 48 Gehölzen auf dem Baugrundstück erlaubt und Ersatzpflanzungen verlangt. Ein Baum wurde dabei als Biotop ausgenommen.
NABU erwirkt vorläufigen Fällstopp
Am 20. Januar 2021 begannen in Folge die Rodungsmaßnahmen. Allerdings kam es hierbei auf Widerspruch des NABU hin zum vorläufigen Stopp. Da waren bereits elf der betroffenen Gehölze abgesäbelt! Das Amt für Umweltschutz der Stadt gab dem Leibniz-Institut nachfolgend die Durchführung von artenschutzfachlichen Untersuchungen sowie die Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen während der Gehölzfällungen auf. Das Ergebnis der Begutachtung sollte der unteren Naturschutzbehörde spätestens sieben Tage vor Fortsetzung der Fällarbeiten schriftlich mitgeteilt werden. Am 7. Dezember 2020 ordnete die Stadt dann die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 19. November an. Somit sollten die Fällarbeiten bis Ende Februar 2022 erledigt sein. Anderenfalls drohten demnach zu Beginn der folgenden Vegetationsperiode erhebliche Verzögerungen beim Baugeschehen.
Verlorene Lebensstätten nicht kompensierbar
Der NABU wandte sich mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dagegen: Bei dem vorhandenen Gehölzbestand handele es sich um naturschutzrechtlich geschützte Lebensstätten verschiedener Vogelarten wie Blau- und Kohlmeise, Haussperling, Hausrotschwanz, Kleiber, Mönchsgrasmücke und Rabenkrähe, so das Ansinnen, und: Die zugelassene Beseitigung sämtlicher Bäume und Gehölze verstoße gegen das artenschutzrechtliche Zugriffsverbot.
Brisant: Verlust der Lebensstätten lasse sich auch nicht durch Ausgleichsmaßnahmen kompensieren. Geeigneter Lebensraum gebe es in Leipzig durch zunehmende Versiegelung nicht mehr. Die Notwendigkeit der Fällarbeiten lasse sich zudem nicht abschließend einschätzen, da bislang noch kein wirksamer Bebauungsplan für die Fläche existiere. Die naturschutzrechtlichen Probleme seien erst umfassend abzuarbeiten.
Erörterungstermin bleibt erfolglos
Ein Erörterungstermin der für das Verfahren zuständigen Berichterstatterin mit den Beteiligten blieb am 31.Januar dieses Jahres erfolglos. Und so lehnte die erste Kammer des Gerichts mit gestrigem Beschluss besagten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz weitgehend ab. Lediglich eine Winterlinde sei von den Fällarbeiten zu verschonen, hieß es. Für soll demnach als gesetzlich geschützter Biotopbaum eine eigene naturschutzrechtliche Entscheidung getroffen werden. Im Übrigen erscheine der erteilte Bescheid vom 19. November 2020 rechtmäßig: Es bestehe das in der Leipziger Baumschutzsatzung vorausgesetzte öffentliche Interesse zur Fällgenehmigung.
Baugenehmigung kommt in Kürze
Zwischenzeitlich gibt es demnach eine Teilbaugenehmigung für das Leibniz-Institut.. In Kürze ergehe auch die Baugenehmigung, so die Information. Das Leibnitz-Institut sei eine wissenschaftliche Einrichtung, an deren Ansiedlung der Freistaat Sachsen ein erhebliches Interesse habe - die Entfernung des Gehölzbestandes für die geplanten Arbeiten notwendig. Eine Nutzung von Ersatzflächen, etwa zur Unterbringung der Baustelleneinrichtung, des Bodenaushubs oder von Baumaterial, auf dem Leuschnerplatz oder angrenzenden Straßenflächen scheide nach eingehender Prüfung aus.
Nur eine Winterlinde darf bleiben
Es bleibe davon auszugehen, dass das geplante Gebäude ohne Verstoß gegen das Bauplanungsrecht genehmigt und errichtet werden könne. Nach der am 13. Januar 2022 vorgelegten Begutachtung eines Büros für Stadt- und Landschaftsökologie seien die noch zu fällenden Bäume mit Ausnahme einer Winterlinde keine Biotope besonders geschützer Höhlenbäume.
Und für die Vogelarten auf dem Leuschnerplatz gibt es zum Ausweichen angeblich öffentliche Grünflächen in der Umgebung, so der Johanna-Park. Maßnahmen pro Vogelwelt seien zudem Bestandteil der Teilbaugenehmigung vom 10.Januar 2022. - Gegen diesen Beschluss kann der NABU beim Oberverwaltungsgericht innerhalb von zwei Wochen Beschwerde einlegen.
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