Martin Dulig: "Die Zeiten von billigem Gas sind vorbei"

Wirtschaftstalk Welche wirtschafts- und energiepolitischen Konsequenzen hat der Ukraine-Krieg?

Region. 

Region. Die Welt schaut auf die eskalierende Lage in der Ukraine. Neben der akuten Not vor Ort hinterlässt der Krieg auch in der sächsischen Wirtschaft deutliche Spuren. Die Folgen sind sowohl für Industrie und Handel als auch für Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar. Einige Rohstoffe und Materialien werden knapp, viele Preise steigen auf immer neue Rekordhöhen. Gerade für energieintensive Branchen ist dies ein Problem: Sie sind für ihre Produktion unter anderem auf russisches Gas angewiesen. Im Online-Talkformat "Konkret", das seit der Corona-Pandemie die Themen Wirtschaft, Arbeit, Mobilität und Digitalisierung sichtbar machen will, spricht Wirtschaftsminister Martin Dulig aktuell über die wirtschafts- und energiepolitischen Konsequenzen des Ukraine-Krieges.

 

"Müssen uns auf höhere Energiepreise einstellen"

 

"Europa, Deutschland und Sachsen befinden sich in einer Ausnahmesituation, in die uns Putins Krieg gestürzt hat. Bei allen Diskussionen um Konsequenzen sollten wir uns immer bewusst machen, dass es darum gehen muss, den Krieg und das Leid der Menschen in der Ukraine zu beenden. Gleichwohl spüren wir bei der Rohstoffversorgung und der Preisentwicklung die Folgen des Krieges auch in Sachsen. Darauf stellen wir uns ein. Klar ist: Wir haben in der Vergangenheit sehr gut von billigem Gas gelebt. Diese Zeit ist jedoch vorbei. Wir müssen uns auch in Zukunft auf höhere Energiepreise einstellen", sagt Dulig. Welche wirtschaftlichen und energiepolitischen Konsequenzen der Ukraine-Krieg für Sachsen hat, darüber diskutiert Wirtschaftsminister Martin Dulig in der neuen Ausgabe des Talkformats mit Sachsens Energieminister Wolfram Günther, dem stellvertretenden Leiter des ifo-Instituts Dresden, Joachim Ragnitz, und der Geschäftsführerin des Netzbetreibers SachsenNetze GmbH, Kathrin Kadner.

 

"Erneuerbaren Energien beschleunigt ausbauen"

 

Energieminister Wolfram Günther sieht die aktuelle Energieversorgung in Sachsen gesichert, jedoch wurden in der Vergangenheit Fehler in der Energiepolitik gemacht, deren Konsequenzen wir nun erleben: "Die Energieversorgung in Sachsen ist gesichert. Die hohen Preise sind die Konsequenz des unterlassenen Ausbaus erneuerbarer Energien in der Vergangenheit. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer Energiepolitik, die Deutschland in eine enorme Anhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland geführt hat. Wir müssen uns davon unabhängig machen, indem wir die erneuerbaren Energien beschleunigt ausbauen." Der Ausbau sei ein Muss für den Klimaschutz, eine industriepolitische Notwendigkeit und eine knallharte Standortfrage. "Und seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist der Ausbau der Erneuerbaren auch eine Frage der nationalen Sicherheit."

 

"Alle aufgerufen, Energie zu sparen"

 

Kathrin Kadner vom Netzbetreiber SachsenNetze GmbH bestätigt die Versorgungsstabilität in Sachsen, weist jedoch gleichzeitig auf die Konsequenzen eines Gas-Lieferstopps hin: "Die regionalen Energieversorger sind auf unruhige Zeiten gut vorbereitet. In enger Abstimmung mit der Bundesnetzagentur stellen wir uns auf jeden möglichen Fall ein." Ein Ausbleiben der Lieferungen aus Russland würde jedoch die Energiebranche vor enorme Herausforderungen stellen: "Wir sind, was die Versorgung der geschützten Kunden betrifft, sehr gut aufgestellt. Dennoch sind jetzt alle gefragt, Energie zu sparen, damit die Speicherstände insgesamt erhöht werden."

 

Schwere Rezession bei Lieferstopp

 

"Ein kompletter Lieferstopp würde Deutschland in eine schwere Rezession führen", sagt Ökonom Joachim Ragnitz. Langfristig sieht er jedoch die Energiepreise wieder sinken, insbesondere dann, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben würde. Martin Dulig betonte, dass dies auch im wirtschaftlichen Interesse sei. Insbesondere dann, wenn immer mehr Firmen bei Ansiedlungen auf die Verfügung von erneuerbaren Energien setzen: "Die Frage ist nicht mehr, ob wir auf Erneuerbare setzen, sondern wie schnell wir den Umstieg schaffen. Es ist eine wirtschaftspolitische Überlebensfrage, jetzt in deren Ausbau zu investieren. Nur langfristig und durch massive Investitionen in erneuerbare Energien können wir uns von einseitigen Abhängigkeiten lösen. Diese Mammutaufgabe ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der wir uns stellen müssen."

 



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