Zschopau. Für die Begeisterung für den Motorradsport in Sachsen gibt es natürlich Gründe. Einer ist die hier früher angesiedelte Motorradindustrie. Marktführer war in den 1920er- und 1930er Jahren DKW in Zschopau. Mit stets über 30 Prozent Marktanteil war man zum größten Motorradhersteller der Welt aufgestiegen. Um Weltruhm zu erlangen, bediente man sich natürlich auch dem Motorsport, dokumentierte mit diesem seine Kompetenz und unterlegte sie mit unzähligen Erfolgen.
Vom Rennmonteur und Ersatzfahrer zur Nummer 1 im Team
Einer der maßgeblichen Anteil daran hatte, war Ewald Kluge, dessen Todestag auf dem heutigen 19. August vor 60 Jahren datiert.
Geboren wurde Ewald Kluge am 19. Januar 1909 in Lausa bei Dresden. 1930 begann er als Privatfahrer mit dem Motorradsport, wurde ab 1934 bei DKW Rennmonteur sowie, was noch schwerer wog, Reservefahrer.
Die Rolle als Ersatzmann spielte er jedoch nicht lange. Schon 1935 gewann er zusammen mit Arthur Geiß und Walfried Winkler erstmals für Deutschland im Geländesport die Silbervase bei der Internationalen Sechs-Tage-Fahrt. Die große Trophy ging schon 1933, 1934 und 1935 an die von BMW gestellten deutschen Mannschaften. Das waren noch Zeiten, als Straßen-Motorradrennfahrer auch im Gelände ran mussten und durften und dabei beide Facetten gleichermaßen beherrschten.
Analog zum Autorennsport setzten die Nazis in den 1930er-Jahren auch im Motorradrennsport auf zwei heiße Eisen im Feuer. Wurden bei den Autos Mercedes-Benz und die sächsische Auto Union massiv subventioniert, um international von Erfolg zu Erfolg zu fahren, so setzte man im Motorradsport auf DKW und BMW.
Wichtige Erfolge auch auf internationaler Bühne
Der in der Zwischenzeit in Chemnitz-Adelsberg lebende Ewald Kluge wurde als Nummer 1 bei DKW zwischen 1936 und 1939 vier Mal Deutscher Meister in der 250-ccm-Klasse. Noch wichtiger waren jedoch internationale Triumphe. Die Motorrad-Weltmeisterschaft wurde erst 1949 aus der Taufe gehoben, so dass in den 1920er- und 1930er-Jahren sowie nach dem Krieg 1947 und 1948 die Europameisterschaft das höchste und gleichzusetzende Prädikat war. Bis 1937 wurde der EM-Titel bei einem einzigen Rennen vergeben, danach wurde das sogenannte Grand-Prix-System mit mehreren Wertungsläufen und einer Gesamttabelle eingeführt.
Wiederum in der 250-ccm-Klasse sicherte sich Ewald Kluge 1938 und 1939 die Titel des Europameisters. Gleichzeitig wurde er in beiden Jahren "Meister der Meister" als punktbester Fahrer aller Klassen (250, 350 und 500 ccm) in einer Saison und galt damit als weltbester Motorradfahrer.
Auch Weltrekordfahrten standen damals für die Hersteller hoch im Kurs. 1937 fuhr Ewald Kluge sechs davon für die inzwischen in die Auto Union eingebundene Zschopauer Marke heraus.
Meilenstein auf der Insel
Einen weiteren Meilenstein setzte er bei der TT (Tourist Trophy) auf der Isle of Man, die er 1938 als erster Deutscher gewann. Mit seiner DKW ULD 250 hatte er in der Lightweight-Klasse elf Minuten Vorsprung auf den Briten Ginger Wood. Gleichzeitig war ihm als ersten dieser Klasse eine Runde mit einem Schnitt jenseits der 80-Meilen-Marke (129,31 km/h) gelungen.
Auch Bergrennen hatten damals einen guten Ruf und wurden von den Werken beschickt. 1938 war diesbezüglich Ewald Kluges Jahr, als er 1938 bei 14 Starts zwölf Siege verbuchte und am Großglockner als Schnellster aller Klassen die Bergmeisterschaft gewann.
Nach dem Krieg wieder im Rennsattel
Danach unterbrach der unsägliche Zweite Weltkrieg auch Ewald Kluges Rennfahrerlaufbahn. Er geriet sogar in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1949 zurückkehrte.
1950 folgte auch Ewald Kluge DKW nach Ingolstadt und hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der DKW RM 350, der dreizylindrigen sogenannten "Singenden Säge". 1953 musste er nach einem schweren Sturz beim Eifelrennen auf dem Nürburgring seine aktive Laufbahn beenden.
Natürlich konnte Ewald Kluge auch auf dem Sachsenring etliche Erfolge feiern. Nachdem er 1935 und 1936 in den Rennen der 250-ccm-Klasse hinter Walfried Winkler bzw. dem Briten Henry G. Tyrell-Smith jeweils Zweiter werden konnte, gewann er 1937 und 1938 diese Rennen jeweils. 1939 stand er als Dritter hinter den Italienern Nello Pagani und Guglielmi Sandri erneut auf dem Podest. Nach dem Krieg stand er noch ? weitere Male am Sachsenring auf dem Podest - 1950 als Zweiter des 125er- sowie 1950 und 1951 als Dritter des 250er-Rennens. 1952 wurde er in der Viertelliterklasse noch einmal Zweiter.
Am 19. August 1964 verstarb Ewald Kluge in Ingolstadt im Alter von nur 55 Jahren.