Kühnhaide. An den Sommer vor 70 Jahren erinnert sich der Waldkirchener Fred Meyer mit Wurzeln in Kühnhaide noch genau. Sein Vater Erich Meyer, Revierförster von Kühnhaide, hatte ein hilfloses mutterloses Hirschkalb bei seinen Streifzügen durch den Wald entdeckt und in Obhut genommen. Mit Schaf- und Ziegenmilch aus der Flasche wurde das Wildtier in der Familie aufgepäppelt.
Hirschkalb Fritzel
"Fritzel, wie wir ihn tauften, wuchs so prächtig. Im ersten Jahr hatte er schon ein Spießer-Geweih ausgebildet, im zweiten Jahr war es schon ein ungerader 10-Ender. Das freilaufende Tier im Ort war fortan eine Attraktion und weit über Kühnhaide hinaus bekannt. "Neugierige kamen von überall her, um das Wildtier aus nächster Nähe zu betrachten", erinnert sich der 80-Jährige und fährt fort: "Früh ist er immer in den Wald gegangen, hat gelegentlich bei den Waldarbeitern vorbeigeschaut, um ihnen einen Teil ihres Frühstücks abzuluchsen. Doch war bei den tschechischen Nachbarn eine Treibjagd und Fritzel nirgendwo in Sicht, waren wir sehr besorgt, dass er womöglich abgeschossen würde. Doch spätestens abends kehrte er immer wieder in den Ort zurück", erinnert sich Fred Meyer an seine Kindheit.
Umzug nach Zoo Leipzig
Fritzel lebte rund 5 Jahre in Kühnhaide und war so berühmt, dass sein Bild sogar auf Postkarten gedruckt wurde. Doch die Tatsache, dass er irgendwann eine Lehrerin, die mit ihrer Schulklasse das Tier beobachten wollte, attackierte, zwang den Revierförster zum Handeln. Es war Mitte der 50er Jahre der Anlass, das Wildtier dem Leipziger Zoo zu übergeben. "Meine Mutter Erna erzählte immer davon, es hätte den Anschein gehabt, als ob dem Tier Tränen in den Augen gestanden hätten, als man ihn in die Transportkiste verbracht hatte. Und als wir ihn irgendwann in seinem neuen Zuhause in Leipzig besuchten, schien es, als würde er uns sofort wiedererkennen und wir konnten ihn in die Arme schließen. Es war sehr emotional. Ich erinnere mich noch oft an die Zeit mit Fritzel", so der Waldkirchener.
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