Oberwiesenthal. Einst war er der schnellste Rennrodler der Welt. 1976 gewann er die Olympischen Spiele in Innsbruck, drei Jahre später war er bei der Weltmeisterschaft in Königssee nicht zu schlagen. Auch Junioren-Weltmeister und Europameister war Dettlef Günther, der seine Karriere aufgrund eines komplizierten Unterschenkels frühzeitig beenden musste. Wer weiß, zu welchen Erfolgen ihn seine rasante Entwickling sonst noch geführt hätte. Schon mit 27 stellte er den Schlitten in die Ecke, gab seine Erfahrung und seine Tipps aber danach an andere weiter. "Ich habe in Oberwiesenthal meine eigene Trainingsgruppe aufgebaut", erzählt der Wintersportler, der unter anderem Gabriele Kohlisch und Sylke Otto förderte.
Auch in der Schuhbranche erfolgreich
All das ist lange her. Diesen Dienstag feiert Günther, der in Kinderzeiten als Fußballer bei Rotation Raschau begann und nach seinem Wechsel zum Rennrodeln mit 13 an die Oberwiesenthaler Sportschule delegiert wurde, seinen 70. Geburtstag. Was den Wintersport angeht, da sei er nur noch Zuschauer, Fan und Kampfrichter. Statt an seinem Schlitten, den er früher immer selbst auf Vordermann brachte, feilt der Hobby-Drechsler in seiner Werkstatt lieber an erzgebirgischer Volkskunst. Schon direkt nach der Wende ging der Oberwiesenthaler andere Wege und arbeitete als Prokurist in einem großen Schuh-Unternehmen. Phasenweise blieb der Sport dabei ganz auf der Strecke, weshalb am Ende "kaum noch eine Hose passte", wie der Jubilar gesteht. Heute ist ihm das aber kaum noch anzusehen, denn längst hat er wieder 50 Kilo abgenommen und hält sich inzwischen auf vielerlei Weise fit.
Neue Leidenschaften entdeckt
Um die 16.000 Kilometer hat Dettlef Günther in den vergangenen drei Jahren mit seinem E-Bike zurückgelegt - und dabei die schönsten Ecken im Erzgebirge entdeckt. Weil dank der Technik nun jeder Anstieg machbar ist traue er sich auch auf Wege, die er früher kaum kannte. Doch die Zahl seiner Tagestouren dürfte leicht sinken, weil der Oberwiesenthaler vor drei Monaten auch den Golfsport für sich entdeckte. "Zu den schönen Plätzen rund um Karlsbad ist es nicht weit", sagt der rüstige Rentner, der vom Schwiegersohn und einem Freund auf den Geschmack gebracht wurde. Seine Gratulanten hatten am Dienstag also Glück, ihn zuhause mit seiner Frau Irena anzutreffen, denn eigentlich ist der Olympiasieger immer viel unterwegs. Es sei denn, im Livestream läuft gerade ein Wettkampf seiner Enkelin. So wie er selbst hat es nämlich auch Olivia Kistmacher mit 13 Jahren schon weit gebracht. In China tritt sie gerade zur Junioren-Weltmeisterschaft im Bouldern an. Den Nachwuchs so aktiv und erfolgreich zu erleben, ist eins der schönsten Geschenke für Dettlef Günther.
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