Zschopau. Mit dem Motorradhersteller MZ Zschopau verbindet Reiner Praß 36 Arbeitsjahre. Zunächst im Kundendienst, dann in der Technologie, zuletzt war der Ingenieur bis zum Eintritt in den Ruhestand 2003 Projektleiter im Bereich Entwicklung. "Obwohl ich bei MZ tätig war, gilt meine Liebe den 4-Taktern, insbesondere Honda", verrät der Jubilar, der am Montag, dem 31. Juli, das achte Lebensjahrzehnt vollendet.
Bruder Peter half beim Einstieg in die Motorrad-Welt
Nach einem erfolgreichen Technik-Studium in Zwickau startete der Ingenieur 1967 beim Motorradwerk ins Arbeitsleben. Da er hier auch seine spätere Ehefrau kennenlernte, blieb der aus Thüringen stammende Privat-Rennfahrer für immer in der Motorradstadt.
Als Kriegshalbwaise in Jena geboren, sein Vater Kurt war wenige Monate vor seiner Geburt gefallen, verhalf ihm in jungen Jahren sein älterer Bruder Peter, selbst Geländesportler, zum ersten Motorrad und damit zum Einstieg in den Geländesport. Was folgte waren erfolgreiche Leistungsprüfungsfahrten mit Klassensiegen und Goldmedaillen, parallel fasste er auch im Motocross Fuß.
Umstieg in den Straßen-Rennsport
Noch während seiner Studienzeit bewarb sich Reiner Praß mit Erfolg um eine von sechs raren clubeigenen MZ-Motorrädern des Motorsportclub (MC) Zwickau. Die RE 125-Clubmaschine des MC markierte 1966 seinen Umstieg in den Straßenrennsport. "Ich bin während des Studiums in den Straßen-Rennsport gewechselt", erinnerte sich der Zschopauer. Doch über Straßen-Rennmaschinen verfügten ausschließlich die Motorsportclubs, von denen nur drei in der Gegend existierten: in Zschopau, Aue und Zwickau. "Ich bin dann jeden Tag von Zschopau nach Zwickau gefahren, um an der Rennmaschine zu schrauben. Es gab auch ein Angebot, für den MC Zschopau zu fahren. Aber das erschien mir zu heikel. Da wäre ich mit Sicherheit nur das fünfte Rad am Wagen gewesen. Und unser Motorrad in Zwickau war genauso schnell. Daher gab es keinen Nachteil, also blieb ich dort", erinnerte sich der 125er-Juniorenmeister von 1967 und fügte an: "Zusätzlich bin ich in der 50ccm-Klasse gestartet. Schon im Folgejahr erhielt ich die internationale Lizenz."
Schicksalsschläge und technische Überlegenheit
Dann kam das schicksalshafte Jahr 1970, als der Straßenrennfahrer in Frohburg in einen Massensturz verwickelt war, bei dem der Rennfahrer Ingo Köppe zu Tode kam. "Das war für mich der Anlass aufzuhören", erinnerte sich der Jubilar. Er selbst trug schwere Verletzungen davon, hatte mehrere Knochenbrüche und laborierte fast ein Jahr an den Folgen des Unfalls. Halbwegs genesen, gaben sich 1971 seine Partnerin Monika und er das Ja-Wort. Seine Frau nahm ihm auch das Versprechen ab, nicht wieder auf eine Rennmaschine zu steigen. "Wir hatten es ohnehin schwer, denn es kamen in Westdeutschland die Maicos auf den Markt, die sehr schnell waren", erinnert er sich an die Zeit Anfang der 70er Jahre. Kurz zuvor war der Privat-Rennfahrer im Zenit seines Erfolgs auf Platz 3 beim Großen Preis der Slowakei gelandet. Bei seinen fünf WM-Auftritten dagegen, dreimal auf dem Sachsenring, der Rest in Brünn, kam er nie ins Ziel. Die Ursache lag jedes Mal in Technik-Defiziten. "Einmal fuhr ich in Brünn auf Platz 10 liegend meinem ersten WM-Punkt entgegen. Da ist mir plötzlich in der letzten Runde das Motorrad ausgegangen. Überhaupt sind wir mit MZ-Motorrädern oft ausgefallen, in der Lizenzklasse noch häufiger als in der Ausweisklasse. Auf der längeren Distanz ging meist etwas kaputt", erinnerte sich der Zschopauer.
"Alte Hasen - mitgemacht!"
Nach seiner Rennfahrerkarriere entdeckte der Jubilar 1980 die Senioren-Geländefahrt "Alte Hasen - mitgemacht!" in Suhl für sich. "Ende der 70er Jahre hatte ich mir zwei ESO-Motoren als Grundlage für ein Eigenbau-Motorrad besorgt, der Rahmen war ein MZ-Geländesport-Werksfahrgestell. Diesen Rahmen habe ich dann entsprechend modifiziert, damit der Motor reinpasste", erinnerte sich der Hobbyschrauber.
Wieder rauf auf das Bike
Es folgte der Premieren-Einsatz der Viertakt-Eigenbau-Geländemaschine ESO MZ 500ccm bei der Senioren-Geländefahrt: "Ich habe dort keine gute Figur abgegeben und lag mehr auf der Nase, als ich gefahren bin. Ich glaube, nach zwei Runden habe ich aufgegeben", erinnerte sich Reiner Praß an die misslungene Feuertaufe. Und fährt fort: "Danach habe ich an meiner Kondition gearbeitet und zunehmend ging es besser." Es lief so gut, dass er bis 1990 neunmal in Suhl startete, 1985 stand er einmal mit Platz 3 auf dem Podest. Ihrem letzten Einsatz fuhr die Eigenbau-Geländemaschine 1988 entgegen, denn nach der Wiedervereinigung gab der Ingenieur einem Honda-Eigenbau den Vorzug. "Ich habe die ESO leider nach der politischen Wende verkauft." Versuche, das Motorrad zurückzukaufen, scheiterten in den vergangenen Jahren daran, dass es nicht gelang, den Käufer aus der Nürnberger Gegend ausfindig zu machen. Das Museums-Vereinsmitglied Arnulf Teuchert versuchte es daraufhin mit einer Zeitungsannonce, tatsächlich meldete sich der Schwiegersohn des Käufers. Er übergab die Maschine als Leihgabe im August 2022 dem Deutschen Enduro Museum Zschopau, Reiner Praß ist ergriffen: "Ich bin von den Socken. Es freut mich sehr, dass die ESO nun im Museum zu sehen ist."
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