In den Zoo zu gehen war als kleines Mädchen meine Lieblingsbeschäftigung. All die Tiere zu beobachten, die Ziegen zu streicheln, über die Tricks der Affen zu lachen oder die großen Raubtiere zu bestaunen. Diese Freizeiteinrichtung ist auch heutzutage bei Familien noch sehr beliebt und während die Kinder umher tollen und von einem Gehege zum nächsten flitzen, bleiben die Erwachsenen ab und an stehen, um Fotos von den Wildtieren zu schießen, die sie später Freunden und Verwandten zeigen können. Neben den tierischen Attraktionen bieten die zoologischen Gärten mit ihren Souvenir-Shops, Spielplätzen und gastronomischen Möglichkeiten ein erinnerungswürdiges Erlebnis für die ganze Familie. Doch zu welchem Preis eigentlich?
Zoo: Nicht mehr zeitgemäß
Spreche ich hier von Kosten, meine ich nicht die Eintrittspreise für einen Tag Spaß und Vergnügen vor den Gittern der Käfige eingesperrter Tiere, sondern ich meine eben jene, teilweise aus der Wildnis gerissenen, teils bereits in Gefangenschaft geborenen Lebewesen, deren Funktion und Zurschaustellung einzig und allein der Unterhaltung begeisterter Besucher dient. Weise ich bei Besuchen solcher Einrichtungen auf diesen Aspekt hin, wird mir oft das Argument entgegengebracht, dass Zoos und Tierparke sich aktiv für den Schutz vom Aussterben bedrohter Tierarten einsetzen und zum Erhalt eben dieser Arten beitragen. So weit, so gut. Auf den ersten Blick hört und liest sich das natürlich wie ein Happy End in einem Urlaubsroman. Doch wie so oft kann das Cover trügen und was zwischen den Zeilen steht, wird einfach übersehen.
Verbesserte Haltung, aber …
Fangen wir also von vorn an und schauen hinter die Fassade von zoologischen Einrichtungen und ihren Versprechen: Zuallererst muss gesagt werden, dass sich die Haltung der Tiere beziehungsweise ihre Lebensbedingungen im Zoo und Tierpark über die Jahre hinweg positiv verändert hat. Es wurden Maßnahmen ergriffen, bei denen Gehege vergrößert und dem entsprechenden Lebensraum angepasst worden sind. Dies fällt natürlich auch als Besucher auf, wenn in den großen, bewachsenen Freianlagen das gewünschte Tier nicht mehr so leicht zu finden ist. Doch trotz der Größe und artengerechten Gestaltung bleiben die Käfige am Ende Käfige und eingezäunte Reviere können die Freiheit nicht ersetzen, egal wie schön sie angelegt worden sind.
Lösung Käfig?
Der Ansatz, Tierbestände in Zoos zu halten, um diese vorm Aussterben zu retten, nennt man Ex-situ-Artenschutz, also Schutz der Tiere außerhalb des natürlichen Lebensraumes. Zoologische Gärten rühmen sich oft damit, Populationen aufzustocken und Tiere wieder in die Wildnis zu entlassen. Nur ist dies nicht so einfach und/oder erfolgreich, wie es gern dargestellt wird. Zwar haben Einrichtungen zwischen 2018 und 2019 über 3.000 Tiere in die Freiheit entlassen, die zu insgesamt 46 verschiedenen Arten gehören (Quelle: Verband der Zoologischen Gärten e.V), dennoch ist die Auswilderung oder Wiederaussiedlung mit hohem Aufwand und Kosten zu verbunden. Betrachtet man die Menge an Arten, die derzeit bedroht sind (über eine Million), scheint die Entlassung von ein paar vereinzelten Individuen wie ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sein.
Bedrohte Arten? Von wegen!
Sieht man von dem langwierigen und schwierigen Charakter der Aufgabe der Wiederaussiedlung ab, könnte man immer noch glauben, dass Zoos mit ihren Zuchtstationen zum Erhalt bedrohter Arten beitragen. Leider beweisen aktuelle Zahlen das Gegenteil. Durchschnittlich kann man bei einem Tierparkbesuch über 300 verschiedene Arten bestaunen (Quelle: Verband der Zoologischen Gärten e.V), allerdings sind nur etwa ein Viertel davon wirklich bedroht. Die anderen Arten dienen dann doch wohl einer dem Unterhaltungsfaktor. Stark gefährdete Tiere wie beispielsweise Amphibien, Insekten oder Korallen könnten mithilfe des Zoos vielleicht gerettet werden, allerdings sind zum Beispiel Amphibien nur mit insgesamt 3% in zoologischen Einrichtungen vertreten (Quelle: Max-Planck-Gesellschaft).
Bildungsauftrag der Zoos
Schaut man sich die Argumente an, dass der Tierpark weiterhin zur Bildung beitragen will und besonders für Forschungszwecke und Untersuchungen geeignet ist, dürfte schnell klar werden, dass auch hier nicht alles so ist, wie es scheint. Ihren Bildungsauftrag wollen zoologische Gärten nicht nur mit Informationstafeln an den entsprechenden Käfigen erfüllen, sondern das Wissen und Interesse von Besuchern durch Führungen, Vorträge und Tierparkschulen fördern, vertiefen und wecken. Grundsätzlich soll allen Besuchern das Wissen vermittelt werden, wie das entsprechende Tier heißt, aussieht und wo es verbreitet ist. Vertiefend soll darüber informiert werden, welche Verhaltensweisen und Eigenschaften die Art an den Tag legt, wie ihr Lebensraum aufgebaut und miteinander verknüpft ist und warum die Tierart und/oder ihr natürlicher Lebensraum bedroht wird.
Mangelnde Umsetzung
Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass vor allem Informationen zum Biotop und den Bedrohungsursachen wenig bis gar nicht erklärt werden und auch über eine einfache Tafel und Hinweisschilder nicht ausreichend vermittelt werden können. Dass Zoos die Tiere möglichst in ihrem natürlichen Umfeld zeigen wollen und dabei auf gewisse Eigenschaften und Verhaltenshinweisen hindeuten, ist mehr als fraglich, zumal diese bloß einen begrenzten Lebensraum zur Verfügung gestellt bekommen und sich dadurch nicht ausreichend bewegen können, wie sie es in Freiheit tun würden.
Verhaltensstörungen
In diesem Zusammenhang muss zudem erwähnt werden, dass Tiere in Gefangenschaft nachweislich Verhaltensstörungen entwickeln. Bei jedem Zoobesuch sollten bereits Verhaltensmuster aufgefallen sein, die unnatürlich wirken, wie beispielsweise das Auf- und Abschwingen, das Drehen des Kopfs oder Pacing, auch bezeichnet als das Hin-und Herlaufen von Raubtieren in ihren Gehegen. Delfine und Orcas gehen sogar soweit, dass sie versuchen, sich selbst umzubringen (Quelle: Welt und Mirror). All diese Verhaltensauffälligkeiten weisen daraufhin, dass es den Tieren in ihren Käfigen nicht so gut geht, wie man sich das als Besucher gern einzureden versucht.
In-situ-Artenschutz
Der zweite Ansatz, der zum Erhalt der Tierarten genutzt wird, ist der sogenannte In-situ-Artenschutz, also der Schutz der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum. Dies funktioniert, indem auch hier wieder mit hohem Aufwand und Kosten verbunden, der Lebensraum der Tiere zu bewahren versucht wird. Hierzu werden beispielsweise Teile von Wäldern gekauft oder die Besitzer jener Flächen, die von vielen verschiedenen Arten besiedelt werden, über nachhaltige Bewirtschaftung aufgeklärt. Organisationen, die sich um den Erhalt dieser Biotope bemühen, stehen meistens nicht genug finanzielle Mittel zur Verfügung, um erfolgreich das Zuhause vieler Tiere zu retten.
Finanzielle Unterstützung von wegen
Hier kommen wieder die Zoos ins Spiel, welche gern mit der Unterstützung solcher Projekte werben. Allerdings sehe ich anhand der zwischen den Zeilen stehenden Informationen leider schwarz, denn obwohl zoologische Einrichtungen in Deutschland jährlich mehr als 45 Millionen Besuche verzeichnen und die Einnahmen bei 300 Millionen Euro liegen, wird lieber in den Ausbau und die Erweiterung der Gärten investiert, anstatt des Geld für den In-situ-Artenschutz anzulegen (Quelle: Verband der Zoologischen Gärten e.V) und das Problem vor Ort zu bekämpfen. Denn wir müssten keine Tiere mehr einsperren und züchten, wenn gleich verhindert werden könnte, dass ihr Lebensraum verschwindet. Denn wohin die in Gefangenschaft aufgestockten Populationen auswildern, wenn sie außerhalb ihres Käfigs keinen Platz mehr auf diesem Planeten haben, den sie ihr Zuhause nennen können?
Fazit
Das Thema ist sehr komplex und in diesem Beitrag konnte nur an der Oberfläche gekratzt werden. Wer sich gern näher dazu belesen möchte, sollte sich unbedingt den Film von Simon Exner "Die ganze Wahrheit über Zoos" ansehen.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass egal wie schön, groß und ansprechend Anlagen gestaltet sind, artgerechter Lebensraum nur die Freiheit ist und wir als Besucher uns überlegen sollten, ob wir wirklich Wildtiere, deren Gesundheit und Wohlbefinden, aufs Spiel setzen wollen, um ein bisschen unterhalten zu werden. Denn mal ganz ehrlich: Mehr als Entertainment zieht uns doch nicht in den Zoo.