Von Karl-Marx-Stadt in den Big Apple

Anikas Einblick Reisebericht über Weed und Red Bull für 11 Dollar

Anikas Einblick

Wer von euch war schon einmal in den USA? Ich lebe in Chemnitz und seit ich ein 12-jähriger High School Musical-Fan war, hat mich eine Faszination für die USA ergriffen. Ich entschied mich also diesen September Urlaub dort zu machen, genauer gesagt in New York City - einer Stadt, die sich selbst "The City of Dreams" nennt. Per Direktverbindung von Berlin erreichte ich also die Metropole. Über meine Zeit am BER wollen wir lieber nicht sprechen, die Abfertigung ist unschön.

"You like what you like"

Über die Einreise in die Staaten hört man ja viele Schauergeschichten, ganz so schlimm war es aber nicht. Mohammed fragte mich am BER bereits äußert peinlich aus, warum ich dorthin fliege und was ich da mache. Jugendliche würden seine Gesprächsführung als "cringe" bezeichnen, dessen bin ich mir sicher. Zwei Sicherheitskontrollen später saß ich auch schon im Flugzeug, tatsächlich ohne, dass jemand meinen Impfnachweis oder mein Visum sehen wollte. Am Flughafen in Newark ging alles ganz schnell, einmal durch den Sicherheitscheck, wo ein großer Amerikaner mich auch wieder fragte, was ich hier wolle. Er war fast ein bisschen irritiert, als ich meinte, ich wolle in New York Urlaub machen. "You like what you like", sagte er lachend. Scheinbar findet er NYC überbewertet. Er fragte mich nach meinem Beruf und schaute verdutzt, als ich Journalistin angab. Diese Frau könnte ja an der nächsten großen Enthüllungsstory arbeiten und Schlechtes wollen, sagte sein Blick. Er selbst blieb stumm. Meine Vorfreude konnte er mir in diesem Moment sowieso nicht nehmen. Ich war hyped! Vor allem, weil man durch die Fenster schon Manhattan sehen konnte.

"Concrete jungle where dreams are made of"

Ein Fahrer brachte mich in mein viel zu teures, aber wirklich hübsches Hotel im Herzen von Manhattan. Ich ließ es mir auch nicht nehmen im Taxi ganz clichéhaft "Empire State of Mind" von Alicia Keys und "Welcome To New York" von Taylor Swift laut anzuhören. Und da waren wir. Zuerst einmal ist Manhattan nur einer von fünf Stadtteilen (Manhattan, Brooklyn, Queens, Staten Island, Bronx), aber der, in dem ich mich hauptsächlich aufhielt. Hier ist alles größer und teurer. Ich könnte euch jetzt sagen, wie cool die Sehenswürdigkeiten sind, das sind sie! Aber das ist langweilig. Ja ich habe die Freiheitsstatue, das Empire State Building, den Times Square, den Charching Bull der Wall Street, das Flat Iron Building, Ground Zero, den Central Park, das Plaza Hotel, die Brooklyn Bridge und vieles mehr aus der Nähe gesehen. Das war auch alles richtig geil. Aber ich war eben auch an Orten, die man vielleicht nicht gleich als Tourist auf dem Schirm hat.

Die Geheimtipps

Was ich wirklich empfehlen kann ist neben den ganzen Sehenswürdigkeiten einmal in der Rooftopbar vorbeizuschauen. Auch wenn die Getränke (Red Bull = 11 Dollar) sehr teuer sind, der Blick auf New York bei Nacht lohnt sich. Sowas sieht man nicht oft im Leben und ich bin dafür dankbar! Man kann übrigens auch einen Helikopterflug über Manhattan buchen, um die Stadt von oben zu sehen. Ist aber teurer als das 11 Dollar Red Bull. :D Auch eine Bootsfahrt ist meiner Meinung nach ein Muss. Die Skyline ist unglaublich. Einen Tag habe ich auch am südlichen Ende von Brooklyn in Coney Island verbracht. Hier gibt es den einzigen richtigen Strand von New York. Man fährt etwa 45 Minuten vom Empire State Building bis dahin. Hier war es auf jeden Fall nicht so prunkvoll, fast schon etwas dystopisch, aber es gibt einen kleinen Freizeitpark am Strand. Okay, zugegeben, bei schlechtem Wetter sieht es irgendwie aus wie in einem Horrorfilm, aber man lernt eine ganz andere Seite von New York kennen. Auch der High Line Park ist eine schöne Adresse. In 7,5 Metern Höhe kann man hier eine alte Güterzugtrasse knapp 2,5 Kilometer entlang über Manhattan spazieren.

Was ist anders? Die Preise!

New York ist anders als jede Großstadt in Deutschland. Ich erzähle euch jetzt aber die Dinge, die man vielleicht in keinem Reiseführer findet. Zuerst einmal: Die Preise. Ich würde fast sagen, dass Kleidung und Schuhe ähnliche Preise haben wie in Deutschland, allerdings bin ich bei Lebensmitteln fast umgefallen. Essen ist soooo teuer in New York! Ich weiß nicht, ob das nur an dieser Stadt liegt oder ob das allgemein in den USA so ist. Jetzt, wo der Dollar mehr wert ist als der Euro schmerzen die Kosten nochmal mehr. Vor allem, wenn man für ein großes Glas Nutella (750g) 9,25 Dollar bei Target bezahlen soll und ich den Preis in Deutschland mit 3,99 Euro schon teuer finde. Als dann beim Italiener die Spaghetti Carbonara zwischen 27 und 30 Dollar kosteten, fiel ich fast vom Stuhl. Da nimmt man doch gern erst mal einen Schluck Leitungswasser aus der Karaffe auf dem Tisch und freut sich über den feinen Chlorgeruch- und Geschmack. Das Leitungswasser ist wirklich ungenießbar, aber trinkbar.

Luxus für den Hintern?

Allgemein ist New York nicht nur eine Konsumstadt, sondern auch die Stadt der Extreme. Entweder man ist ultra reich und kann sich dieses teure Leben leisten oder man ist arm. Es gibt sehr viele Obdachlose. Entweder man ist super schlank, fast schon dürr oder man ist fettleibig. Dazwischen gibt es so gut wie nichts. Interessant finde ich auch die U-Bahn-Situation. Man zahlt für jede Fahrt 2,75 Dollar in ganz New York. Egal, wie viele Meilen ich fahre. Was ich nicht so geil finde: In den U-Bahn-Stationen sind locker 30 Grad und in den Wagons so 16. Die Ammis kriegen das nicht hin, eine angenehme Raumtemperatur einzustellen, das war auch in den Lobbys, Läden oder im Hotelzimmer der Fall. Apropos Hotelzimmer. Die Toiletten: Die Brille ist vorn offen, was nicht so schlimm ist, aber die Amerikaner haben einfach die aggressivsten und lautesten Spülungen, die ich je sah. Da zieht es einem fast den Popo mit weg, als wären wir auf der ISS. Und ein riesiges Wasserbecken ist auch im Klo. Damit wollen sie wohl Klobürsten vermeiden, die gibt es dort nämlich nicht. Das Klopapier ist übrigens nicht mal so dick, wie bei uns das braune/graue Papier auf öffentlichen Toiletten. Ihr wisst gar nicht, welchen Luxus unsere Hintern bekommen im Gegensatz zu den USA. Ich wollte euch das unbedingt erzählen! Darüber spricht doch sonst niemand.

Über Weed und Einbahnstraßen

Kommen wir mal zum Straßenverkehr. New York ist, wie fast jede Stadt in den USA, im Schachbrettmuster aufgebaut. Allerdings gibt es in Manhattan fast nur Einbahnstraßen. Das ist praktisch und logisch. Aber es gibt so viel Verkehr, dass man einfach niemals auf einen Krankenwagen angewiesen sein will, der kommt nämlich nicht durch, nicht mal mit Blaulicht und Sirene. Es braucht zusätzlich zu den Ampeln Verkehrspolizisten, weil alle (auch Fußgänger) losmachen, wenn gerade eben nichts kommt. Und die Ammis fahren alle nur große schwarze oder weiße Autos, wie Pickups oder SUVs (z.B: Chevrolet Tahoe). Kein Scherz, einen kleinen roter Opel Corsa würde man dort niemals finden.

Ich habe mich übrigens immer wieder gewundert, wo die Einheimischen denn ihre Hunde Gassi führen, weil es in Manhattan so gut wie kein Bäume in der Stadt gibt, nicht mal kleine Büsche am Wegesrand. Wahrscheinlich im Central Park. Das war schon krass, da ist Chemnitz hingegen eine wirklich grüne Stadt. Und wo wir gerade bei Grün sind. Was mir auch keiner sagte: Seit über einem Jahr ist Cannabis legal in New York. Immer wieder sieht man Dealer auf der Straße sitzen mit großen Cannabisbeuteln, die man kaufen kann und überall riecht es nach Gras. Das kann man sich hier irgendwie gar nicht vorstellen. Einige denken sicher, ich übertreibe. Aber f*ck nein! Es riecht allgemein nie nach frischer Luft in Manhattan. Eher nach Obdachlosen, nach Urin, Essen oder Gras. Das ist auch ein ganz großer Unterschied zu Europa.

Könnte ich hier leben?

Ich habe mich wirklich oft gefragt, ob ich lieber in New York oder in Chemnitz leben würde. New York hat einfach das Aussehen, der Lamborghini unter den Städten. Die Stadt wird nicht umsonst so oft in Filmen gezeigt. Als ich an der Küste in der Abendsonne auf der Schaukel saß und auf die Brooklyn Bridge und die Skyline von Downtown sah, war das schon ein magischer Moment. Auch der Blick von der Rooftopbar bei Nacht war unglaublich. Aber ich bin froh wieder in Chemnitz zu sein. Die Deutschen tendieren dazu alles schlecht zu reden und sich nur zu beschweren, wie schlecht es ihnen geht. Ich sage, wenn sie einmal dort waren, dann finden sie hier nichts mehr teuer. Dann freuen sie sich über die frische Luft, den geregelten Verkehr, die Supermärkte und nicht zuletzt auch über die Toiletten und das Leitungswasser.



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