Ukraine verlangt harte Reaktion auf Nordkoreas Kriegshilfe

Die Lage im Überblick Seit Tagen wird über den Einsatz von Nordkoreanern im russisch-ukrainischen Krieg spekuliert. Nun soll es zu ersten Gefechten gekommen sein. Bei der Drohnenabwehr setzt die Ukraine auf Störtechnik.

Kiew. 

Die ukrainische Regierung hält den Einsatz nordkoreanischer Soldaten in Russlands Angriffskrieg gegen ihr Land für erwiesen und fordert eine harte Reaktion der Weltgemeinschaft. Verteidigungsminister Rustem Umjerow sprach in einem Interview mit dem südkoreanischen Fernsehsender KBS von ersten Gefechten mit Nordkoreanern. Diese würden sich jedoch getarnt als Angehörige des sibirischen Volkes der Burjaten in die russische Armee einreihen. Daher sei es schwierig, die Nordkoreaner zu identifizieren. Einem US-Medienbericht zufolge kamen nordkoreanische Truppen erstmals in der russischen Grenzregion Kursk zum Einsatz.

"Mit den ersten Kämpfen mit nordkoreanischen Soldaten wird eine neue Seite der Instabilität in der Welt aufgeschlagen", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Zum Einsatz der Nordkoreaner auf dem Schlachtfeld äußerte er sich weniger konkret als sein Verteidigungsminister. Dafür formulierte er eine klare Forderung: "Gemeinsam mit der Welt müssen wir alles tun, um sicherzustellen, dass dieser russische Schritt zur Ausweitung des Krieges, zur Eskalation, ein Schritt hin zur Niederlage ist." Das gelte sowohl für Russland als auch für Nordkorea

Regierungen und Militärs der Ukraine, der USA und Südkoreas warnen bereits seit Tagen vor einer möglichen Beteiligung nordkoreanischer Soldaten an Russlands Angriffskrieg. Bis zu 15.000 Mann aus dem autoritär geführten und international weitgehend isolierten Staat könnten demnach bei Kämpfen im russischen Grenzgebiet Kursk gegen die ukrainische Armee eingesetzt werden.

Bericht: Erste Zusammenstöße in Kursk

Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf ukrainische und US-Beamte von ersten Zusammenstößen nordkoreanischer und ukrainischer Truppen in der russischen Grenzregion Kursk. Ukrainische Kräfte waren im Sommer in das Gebiet vorgestoßen. Dem Bericht zufolge war der Einsatz nordkoreanischer Soldaten begrenzt und sollte die ukrainische Seite wohl auf Schwächen hin testen. Wann genau die Kämpfe stattgefunden haben sollen, blieb unklar.

Der US-Beamte sagte der "New York Times", eine beträchtliche Anzahl nordkoreanischer Soldaten sei dabei getötet worden. Die ukrainische Seite hatte bereits unter Berufung auf Geheimdienste berichtet, dass in Kursk zuletzt Tausenden nordkoreanische Soldaten angekommen seien. 

Baerbock: Bleiben an eurer Seite

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beendete am Dienstag ihren Besuch in der Ukraine und versicherte Selenskyj erneut ihre Unterstützung. "In dem Moment, in dem die Welt gebannt auf die USA blickt, gibt es keinen besseren Ort, als hier bei Euch in der Ukraine zu sein", sagte die Grünen-Politikerin mit Blick auf die zeitgleich in den USA stattfindende Präsidentschaftswahl. "Wir bleiben an Eurer Seite." Bei einem Sieg des Republikaners Donald Trump müsste die Ukraine um die Unterstützung der USA als wichtigster Verbündeter im Krieg gegen Russland bangen.

Erneut ukrainische Kriegsgefangene von Russen erschossen

Die ukrainische Staatsanwaltschaft ermittelt unterdessen in weiteren Fällen wegen des Verdachts, dass ukrainische Kriegsgefangene von russischen Soldaten erschossen wurden. Einer Mitteilung zufolge wurden vor knapp zwei Wochen im Bereich der Stadt Selydowe im ostukrainischen Gebiet Donezk drei ukrainische Soldaten nach ihrer Gefangennahme erschossen. Zudem seien vergangene Woche im Frontabschnitt Pokrowsk, der ebenfalls im Donezker Gebiet liegt, drei bereits entwaffnete ukrainische Militärangehörige getötet worden. 

Die ukrainischen Behörden haben bereits in Dutzenden Fällen von Gefangenenerschießung Verfahren eingeleitet. Auch die Vereinten Nationen führen in ihren Menschenrechtsberichten solche Fälle auf, wobei sich vor allem die russische Seite der Tötung von Kriegsgefangenen schuldig gemacht haben soll.

Ukrainische Drohnenabwehr stört GPS-Signal

Die Ukraine wehrt sich mit westlicher Hilfe seit mehr als zweieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion. Dabei kommen auch massenweise Drohnen zum Einsatz - und Mittel der elektronischen Kriegsführung, mit denen auf Satellitensignalen basierende Koordinaten des GPS-Systems manipuliert werden können. Ein Nebeneffekt dieser Verteidigungstaktik sei die Störung des Zeitsystems von Mobiltelefonen, teilte der ukrainische Generalstab mit. Auch könnten während aktiven Luftalarms Navigationssysteme gestört werden, die auf Satellitendaten zugreifen.

Medienberichten zufolge war es zuvor in der Hauptstadt Kiew und im Umland während Drohnenangriffen zu Störungen des GPS-Signals gekommen. Anstelle von Positionen in der Ukraine wurden Koordinaten im benachbarten Belarus und Russland ausgewiesen.

Nach übereinstimmenden Berichten des ukrainischen Militärs und der Behörden von Belarus, Rumänien und Lettland flogen russische Kampfdrohnen mehrfach auch in den Luftraum benachbarter Staaten. Dies wurde auf elektronische Störmittel zurückgeführt. Laut einem Bericht der ukrainischen Luftwaffe werden solche Taktiken etwa seit dem Frühsommer eingesetzt. Die Angaben der Kriegsparteien können nicht unabhängig überprüft werden.



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