Gezerre um den Wahltermin: Drei Optionen im Februar und März

Neuwahl des Bundestags Seit vergangener Woche steht fest, dass die Bundestagswahl vorgezogen wird. Die Terminsuche gestaltet sich aber schwierig. Jetzt gibt es zumindest eine Annäherung.

Berlin. 

Mitte Januar, Ende März oder vielleicht doch irgendwann im Februar? Seit Tagen wird darüber diskutiert, wann die vorgezogene Bundestagswahl nach dem Platzen der Ampel-Koalition stattfinden soll. Bundeskanzler Olaf Scholz und seine SPD hatten ursprünglich den 30. März angepeilt, die Union forderte daraufhin den 19. Januar. Jetzt nähern sich beide Seiten an. 

Der Kanzlerkandidat der CDU/CSU, Friedrich Merz, bezeichnete am Montag in der Sitzung des Fraktionsvorstands den 16. oder 23. Februar als gut zu erreichen. Die SPD ist inzwischen beim 9. März gelandet. Zwischen diesen drei Terminen scheint es sich nun zu entscheiden. 

Am Dienstag tagen die Bundestagsfraktionen, am Mittwoch gibt Scholz (SPD) eine Regierungserklärung zur aktuellen innenpolitischen Lage ab, auf die CDU-Chef Merz und CSU-Chef Markus Söder antworten. Bis dann sollte es eigentlich Klarheit geben.

Was will Scholz?

Sein ursprünglicher Plan war: Vertrauensfrage im Bundestag am 15. Januar und Neuwahl Ende März. Der 30. März wäre da der günstigste Termin, weil dann in keinem Bundesland Ferien sind - ein wichtiges Kriterium bei der Festlegung von Wahlterminen. Scholz will gleichzeitig eine Vereinbarung mit der Union treffen, welche Projekte man bis zum Wahltermin noch im Bundestag beschließen kann.

Was will die Union?

Der Union ist das zu spät. Sie hat Scholz zunächst aufgefordert, die Vertrauensfrage schon in dieser Woche zu stellen und dann am 19. Januar zu wählen. Das ist neben dem 30. März der einzige Sonntag im ersten Quartal 2025, an dem es keine Ferien gibt. Inzwischen ist Merz aber offensichtlich zu dem Schluss gekommen, dass die organisatorischen Vorbereitungen bis dann nicht zu bewältigen sind. Deswegen schlägt er jetzt die beiden Termine im Februar vor.

Worum geht es bei den organisatorischen Hürden?

Es müssen Wahlausschüsse auf Kreis- und Landesebene berufen, Wahlhelferinnen und Wahlhelfer geworben und geschult, Wahlräume gefunden und ausgestattet werden. An über 60 Millionen Wählerinnen und Wähler werden Wahlbenachrichtigungen verschickt. Hinzu kommen der Versand der Briefwahlunterlagen und die Einrichtung von Briefwahlbezirken - 25.000 waren es 2021. 

Die Bundeswahlleiterin warnte schon Ende vergangener Woche in einem Brief davor, dass bei einem zu frühen Termin die ordnungsgemäße Vorbereitung der Wahl kaum möglich ist. "Um Herausforderungen bei der Wahlorganisation, die sich aus den Fristen bei einer Neuwahl ergeben, bestmöglich zu begegnen, sollte dabei der Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestages bis zur Neuwahl ausgeschöpft werden", bekräftigte sie heute in einer Mitteilung. Der Bundestag muss innerhalb von 21 Tagen nach einer verlorenen Vertrauensfrage aufgelöst werden. 

Einen genauen Termin, wann die Wahl aus ihrer Sicht frühestens stattfinden kann, nannte Brand aber nicht. Trotzdem spielt die Argumentation eher der SPD in die Hände.

Wen hat die Union auf ihrer Seite?

Die Wähler wünschten sich wie die Union einen möglichst frühen Termin. Nach dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend wollen 65 Prozent der Deutschen eine Neuwahl "zum frühesten Zeitpunkt". Nur 33 Prozent sind für einen Termin im März.

Was ist der aktuelle Diskussionsstand?

Scholz hat inzwischen eingelenkt. Am Sonntagabend hat er im ARD-Interview mit Caren Miosga erklärt, dass er die Vertrauensfrage auch schon vor Weihnachten stellen würde, wenn sich die Fraktionen darauf einigen. Anschließend gibt es die bereits genannten Fristen von zusammen 81 Tagen, in denen der Wahltermin liegen muss. Würde Scholz die Vertrauensfrage am 20. Dezember, dem Freitag vor Weihnachten, stellen, wäre der späteste Wahltermin der 9. März.

Warum würde dieser Termin der SPD gut passen?

Am 2. März wird in Hamburg gewählt, der Heimatstadt von Scholz. Die SPD geht davon aus, dass sie dort mit ihrem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher wieder stärkste Kraft wird und könnte den Schwung mit in die Bundestagswahl nehmen. Die SPD argumentiert zwar mit organisatorischen Gründen für einen späteren Wahltermin. Für sie ist es aber auch strategisch günstig, möglichst viel Zeit für den Wahlkampf zu haben. Denn sie liegt in den Umfragen zwischen 15 und 18 Prozentpunkte hinter der Union. Die Sozialdemokraten setzen darauf, dass Merz im Wahlkampf Fehler macht wie 2021 der CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, und die SPD wie damals einen aussichtslos scheinenden Rückstand aufholen kann. Und je länger der Wahlkampf ist, desto mehr Zeit gibt es, solche Fehler zu machen.

Warum will die Union, dass es schnell geht?

Besser als in den aktuellen Umfragen kann es für die Union kaum werden. Sie liegt nicht nur mit großem Abstand vor SPD und Grünen, sondern auch vor der AfD. Je näher der Wahltermin liegt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Vorsprung schrumpft. Mit einem Termin im Februar würde die Union zudem den Schwung ausbremsen, den sich die SPD von Hamburg erhofft.

Wie geht es jetzt weiter?

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich will in vertraulichen Gesprächen mit Merz zu einer Verständigung kommen. Die Fraktionen von SPD und Grünen haben zudem für Dienstag eine öffentliche Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags beantragt. Es sei dort "mit der Bundeswahlleiterin zu diskutieren, wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann", heißt es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Am Dienstag kommen auch die Bundestagsfraktionen zu Beratungen zusammen. Am Mittwoch folgt dann die Regierungserklärung, bis zu der es eigentlich eine Einigung geben müsste. Klar ist das aber nicht. 

Gibt es historische Vorbilder, an denen man sich orientieren kann?

Ja. Zum Beispiel die Vertrauensfrage, mit der Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 2005 eine Neuwahl herbeigeführt hat. Zwischen seiner Entscheidung für das Vorziehen und dem Wahltermin lagen 119 Tage. Sollte die Union sich diesmal mit dem 23. Februar durchsetzen, wären seit dem Ampel-Aus am 6. November 109 Tage vergangenen. Bei einer Wahl am 9. März - wie von der SPD gewünscht - wären es 124 Tage. Beide Termine liegen also nicht weit von der Zeitspanne entfernt, die damals für eine ordnungsgemäße Organisation der Wahl gereicht hat.



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