Sachsenring. Am heutigen 8. März feiert mit Heiner Lindner einer der besten Formel-Rennfahrer der ehemaligen DDR seinen 80. Geburtstag. Zwei Mal, 1978 und 1979, wurde er in der Klasse Rennwagen B 8 bis 1300 ccm - LK I DDR-Meister. Im halbinternationalen, weil den per sozialistischem Dekret isolierten Osteuropäern vorbehaltenem "Pokal für Frieden und Freundschaft" wurde er 1980 Gesamtdritter und gewann zudem mehrfach mit der DDR-Nationalmannschaft die Länderwertung.
Vom Taxi- zum Rennfahrer
Geboren wurde Heiner Lindner also am 8. März 1943. Ende der 1960er-Jahre befiel den Leipziger Taxi-Fahrer das Rennsport-Virus und er fuhr zunächst drei Jahre Rallyes, unter anderem mit dem Zwickau Frieder Kramer, der später ebenfalls ein erfolgreicher Formel-Rennfahrer wurde. 1973 kaufte sich Heiner Lindner seinen ersten Rennwagen, einen Melkus 64, der im Volksmund und im Fachjargon "Zigarre" genannt wurde. Diesen rüstete er allerdings mit einem Viertakt-Lada- statt Zweitakt-Wartburg-Motor aus und ersetzte auch die Aluminiumverkleidung mit einer Polyester-Karosse des Leipzigers Hartmut Thaßler. Nach nur einem Jahr in der Nachwuchsklasse LK II stieg er unter anderem mit Siegen auf dem Sachsenring und dem Schleizer Dreieck 1974 in die LK I auf. Auf dem Sachsenring gewann er erneut, nun aber bei den "Großen" und in einem HTS von Hartmut Thaßler. Da er mit großem Vorsprung (43,3 Sekunden vorm amtierenden DDR-Meister Wolfgang Küther) gewonnen hatte, wurde er noch während seiner Premierensaison in der LK I in die DDR-Nationalmannschaft berufen. Zu dieser gehörte Heiner Lindner dann bis 1985, denn 1986 ging er per Ausreiseantrag in die BRD. Auf dem Sachsenring gewann er insgesamt fünf Mal - 1973 in der LK II sowie 1974, 1977, 1978 und 1979 in der Top-Klasse des DDR-Autorennsports. Ab der Saison 1979 gehörte Heiner Lindner zum Werbeteam des DDR-Leuchtmittelherstellers NARVA. Sein Sieg auf dem Sachsenring 1977 war dabei ein ganz besonderer, denn dieser war der erste eines neuen MT77-Formelrennwagens, dem Gemeinschaftsprojekt der namhaftesten DDR-Formel-Rennfahrer und -Konstrukteure, die sich zur "Sozialistischen Renngemeinschaft" (SRG) zusammengeschlossen hatten. Über zehn Jahre dominierte dieser Bolide nicht nur die DDR-Meisterschaft sondern auch die halbinternationalen Wettkämpfe der Osteuropäer, den Pokal für Frieden und Freundschaft. Zudem stand Heiner Lindner auf dem Sachsenring 1982 und 1985 als jeweils Zweiter sowie 1980 und 1984 als Dritter auf dem Podest.
Zwei Mal DDR-Meister in Folge
Nach seinen DDR-Vizemeisterschaften 1976 und 1977 führte in den Jahren 1978 und 1979 national kein Weg an ihm vorbei und er wurde jeweils DDR-Meister. 1980 und 1983 wurde noch zwei Mal Gesamtdritter. Beim Sachsenring-Rennen 1983 ereignete sich auch jene kuriose Szene, die nicht nur die Zuschauer auf der Queckenberg-(Haupt-)Tribüne, sondern auch die DDR-Fernsehzuschauer live verfolgen konnten. In der letzten Runde des B8-Rennens, die Dresdner Ulli Melkus und Bernd Kasper waren als Sieger bzw. Zweiter bereits im Ziel, fuhr Heiner Lindner dem dritten Platz entgegen. Diesen wollte ihm aber der Finsterwalder Wolfgang Günther noch abspenstig machen, woraufhin sich ihre Autos in der Zielkurve berührten und von der Strecke kreiselten. Der Wut-entbrannte Heiner Lindner sprang daraufhin auf die Frontpartie des Günther´schen Wagens und führte dort einen "Veitstanz" auf. Während für Heiner Lindner das Rennen vorbei war, konnte Wolfgang Günther wenig später weiterfahren und wurde noch Vierter.
Neubeginn im Westen und Comeback auf der Rennstrecke
Nach seiner Ausreise in den Westen Deutschlands 1986, betrieb er ab 1989 bei Osnabrück eine Tankstelle und Werkstatt. Ab 1999 restaurierte er drei Jahre lang seinen wieder in seinem Besitz befindlichen ehemaligen MT77-Rennwagen und kehrte mit diesem ab 2002 im Rahmen von Klassik-Veranstaltungen auf die vorzugsweise ostdeutschen Rennstrecken Sachsenring, Schleiz und Frohburg zurück.
erschienen am 08.03.2023