Sachsenring. Am heutigen 10. März verstarb der zweifache Motorrad-Weltmeister Barry Sheene im Alter von nur 52 Jahren an den Folgen eine Krebserkrankung. Er gehörte nicht nur zu den erfolgreichsten, sondern als schillernde Figur mit seiner speziellen und aufrührerischen Art auch zu den weltweit beliebtesten Motorradrennfahrern, die der Motorsport je hervorbrachte. Den Fans vom Sachsenring ist der Brite nach wie vor ein Begriff, denn beim beim vorletzten WM-Lauf auf dem alten Sachsenring 1971 stand er hier nach dem Rennen der 125-ccm-Klasse als Zweiter auf dem Podest. Später war dann aber die größte Hubraumklasse (bis 500 ccm) sein bevorzugtes Metier.
Auf Anhieb erfolgreich
Barry Stephen Frank Sheene erblickte am 11. September 1950 in London das Licht der Welt. Von Kindesbeinen an war er sehr technikinteressiert, was sicherlich auch seiner Herkunft geschuldet war. Sein Vater Frank fuhr mit mäßigem Erfolg auch Rennen, machte sich aber vor allem als Tuner einen Namen und unterhielt erstklassige Kontakte zum spanischen Motorradhersteller Bultaco. So bestritt Barry Sheene im März 1968 als 17-Jähriger in Brands Hatch sein erstes Motorradrennen auf einer 125-ccm-Bultaco seines Vaters. Im Nachhinein signifikant war der Ausgang, denn wegen des festgegangenen Motors erlebte er auch sogleich seinen ersten Rennsturz. Ebenso signifikant war, dass er davon unbeeindruckt im anschließenden 250er-Rennen als Dritter seinen ersten Podestplatz schaffte. In seiner Karriere sollte er schließlich noch etliche schlimme und weniger schlimme Stürze haben, bei denen er sich nach und nach fast alle Knochen seines Körpers brach, gleichzeitig aber auch als Stehaufmännchen galt.
Rennfahrer wider Willen
In jungen Jahren reiste er als Mädchen für alles sowie talentierter Techniker mit dem US-amerikanischen Rennfahrer Tony Woodman und dem Briten Lewis Young umher und hatte zunächst nur wenig Interesse, ebenfalls eine Fahrerkarriere anzustreben. Die zaghaften Gedanken daran erhielten einen weiteren Dämpfer, nachdem sein Landsmann Bill Ivy, zu dem er ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hatte, am 12. Juli 1969 beim Training auf dem Sachsenring wegen eines Kolbenklemmers an seiner 350er-Jawa tödlich verunglückte. Am Ende war die Verlockung einer großen Karriere, einen gewissen Grad an Berühmtheit zu erlangen sowie mit einem angenehmen Lifestyle seinen Lebensunterhalt zu verdienen doch größer. So wurde er 1969 in der britischen 125-ccm-Meisterschaft hinter Chas Mortimer Zweiter und konnte 1970 den Spieß umdrehen. Für das WM-Finale am 27. September 1970 auf dem Montjuich-Circuit in Barcelona hatte er sich eine 125er-Suzuki gekauft, mit der er bei seinem Debüt in der Weltmeisterschaft hinter dem spanischen Nationalhelden Angel Nieto Zweiter wurde. Damit war er auf Anhieb in der Weltspitze angekommen, was er 1971 unterstrich. Wiederum in der Achtelliterklasse bot er Angel Nieto vom ersten bis zum letzten Saisonrennen Paroli. Im belgischen Spa-Francorchamps feierte er seinen ersten Grand-Prix-Sieg und ließ diesem in Anderstorp in Schweden sowie in Imatra in Finnland zwei weitere folgen. Auf dem Sachsenring wurde er, wie zuvor im niederländischen Assen, hinter seinem großen Widersacher Zweiter und hatte am Jahresende insgesamt die meisten WM-Punkte auf dem Konto. Wegen der Streichresultatregelung musste er sich jedoch mit der Vizeweltmeisterschaft begnügen. Im selben Jahr bestritt er zwei Grand Prix in der 50-ccm-Klasse, von denen er jenen im damals tschechoslowakischen Brno als kurzfristiger Kreidler-Werksfahrer gewinnen konnte. Zudem schnupperte er auf dem Sachsenring als Alleinunterhalter mit einer Derbi auch in die Viertelliterklasse hinein und wurde guter Sechster.
Ab in die große Klasse
Nach einem katastrophalen Jahr als Yamaha-Werksfahrer in der 250- und 350-ccm-Klasse unterschrieb Barry Sheene für 1973 bei Suzuki für die FIM-Formel-750-Europameisterschaft und holte den Titel. 1974 gewann er, wie auch 1975 und 1978, das prestigeträchtige "Mallory Park Race of the Year".
Ebenfalls 1974 debütierte er im französischen Le Castellet mit einem zweiten Platz in der Halbliterklasse, die fortan seine Klasse bleiben sollte. Seinen ersten Grand-Prix-Sieg in dieser feierte er ein Jahr später in Assen, nur wenige Monate nach seinem fürchterlichen Highspeed-Crash in Daytona in den USA, bei dem er sich ein Bein, einen Arm, das Schlüsselbein und zwei Rippen brach.
In den Jahren 1976 und 1977 feierte Barry Sheene fünf bzw. sechs Saisonsiege auf der legendären Suzuki RG 500 und wurde jeweils Weltmeister. 1978 wurde er hinter dem ersten US-amerikanischen Weltmeister Kenny Roberts Vize sowie 1979 WM-Dritter.
Zweiter schwerer Unfall
1982 hätte noch einmal ein ziemlich erfolgreiches Jahr für ihn werden können, doch nach fünf Podestplätzen hatte er bei einem freien Training mehrerer Hubraumklassen vor seinem Heimrennen in Silverstone seinen zweiten ganz schweren Unfall, als er in eine auf der Strecke liegendes Motorrad krachte. Dabei waren seine beiden zertrümmerten Beine am schwersten betroffen, sodass ihm prophezeit wurde, dass er nie wieder würde richtig laufen, geschweige Motorrad fahren können.
Doch auch davon erholte sich Barry Sheene, wenngleich der Frauenheld, Partylöwe und Kettenraucher danach nicht mehr ganz so erfolgreich war. Beim Saisonauftakt 1984 im südafrikanischen Kyalami stand er als Dritter noch einmal auf dem Podest und zog sich am Jahresende nach 102 WM-Rennen, von denen er insgesamt 23 gewann, vom Grand-Prix-Sport zurück.
Danach verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Australien und arbeitete als TV-Kommentator. Am 10. März 2003 verlor Barry Sheene im Alter von nur 52 Jahren den Kampf gegen seinen Speiseröhren- und Magen-Darm-Krebs.
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