Die Beschäftigten von Volkswagen sagen dem Management in Wolfsburg den Kampf an. Alles, was dem Vorstand bisher zur Lösung der Probleme einfalle, seien Werkschließungen, Massenentlassungen und Tarifeinschnitte, kritisierte der Gesamtbetriebsratschef von Volkswagen Sachsen, Uwe Kunstmann. Wenn sich das nicht ändere, würden die Beschäftigten spätestens am 1. Dezember bundesweit vor die Werkstore ziehen und den Konzern lahmlegen. Dem Unternehmen stehe ein "heißer Winter" bevor.
Nach Betriebsratsangaben wurden am Montag die Beschäftigten an allen deutschen Standorten über die aktuellen Pläne des Unternehmens informiert - so auch in Zwickau, Chemnitz und Dresden. In Zwickau schätzte der Betriebsrat die Beteiligung auf mehr als 6.000 Mitarbeiter. Sie zogen mit Trillerpfeifen, Rasseln und roten Weckern ans Werkstor und machten ihrem Unmut Luft.
Sachsens VW-Standorte drohen Einschnitte
Denn auch den Beschäftigten von Volkswagen in Sachsen drohen massive Einschnitte. Aktuelle Pläne der Unternehmensführung sähen vor, mindestens drei Werke in Deutschland zu schließen und an den übrigen Standorten die Kapazität um die Hälfte zu verringern, sagte Kunstmann. "Im Moment ist kein Standort sicher." Das gelte auch für das Werk mit rund 10.000 Mitarbeitern in Zwickau, dem Pionierstandort für Elektromobilität bei Volkswagen.
Selbst bei einem Fortbestand würde den Plänen zufolge in Zwickau künftig nur noch auf einer statt zwei Fertigungslinien produziert. Zudem verlange das Management eine sofortige Lohnkürzung um zehn Prozent und Nullrunden in den beiden kommenden Jahren, hieß es. Auch solle die Zahl der Auszubildenden deutlich reduziert werden.
"Diese Abwärtsspirale werden wir nicht mitmachen", sagte Kunstmann. Die Krise von Volkswagen liege an Fehlern des Managements. "Sie haben den Laden angebrannt und sind weggerannt." Er forderte von der Unternehmensführung ein Zukunftskonzept. Zugleich rief er die Geschäftsführung von Volkswagen Sachsen auf, Verantwortung zu zeigen und Seite an Seite mit den Beschäftigten für mehr Auslastung und Modelle zu kämpfen. Letztlich gehe es um die Zukunft der ganzen Region mit weiteren rund 50.000 Arbeitsplätzen bei anderen Unternehmen wie Zulieferern und Logistikern.
Die Geschäftsführung von Volkswagen Sachsen wollte sich mit Verweis auf die Vertraulichkeit der laufenden Gespräche auf Anfrage nicht zu diesen Themen äußern.
"Weckruf" an Wolfsburg und die Politik
In Sachsen betreibt Volkswagen neben der E-Auto-Fabrik in Zwickau noch das Motorenwerk in Chemnitz und die Gläserne Manufaktur in Dresden. Die Zukunft des einstigen Prestigebaus im Herzen der Landeshauptstadt ist schon länger ungewiss, nachdem dort keine Oberklassefahrzeuge mehr produziert werden. Aktuell werden dort E-Autos vom Typ ID.3 montiert, allerdings nur in kleiner Stückzahl.
Derweil hat auch die Bundesregierung den VW-Konzern aufgefordert, Jobs zu erhalten. In Zwickau wurde aber auch scharfe Kritik an der Politik laut. Die Bundesregierung müsse mehr Verantwortung für dieses Land wahrnehmen, mahnte Kunstmann und sprach von einem Weckruf an Wolfsburg und die Politik. Besonders nahm er Finanzminister Christian Lindner (FDP) in die Pflicht, dessen Partei sich häufig als Partei der Wirtschaft geriere. "Herr Lindner, Sie fahren gerade dieses Land in Grund und Boden mit ihrer Politik."
Für die Rettung von Banken seien viele Milliarden geflossen, ebenso für das Sondervermögen der Bundeswehr, sagte Kunstmann vor den Beschäftigten. Nun brauche es ein Sondervermögen "Transformation" mit bezahlbaren Energiepreisen für Unternehmen und Haushalte, die Förderung von Zukunftsprojekten und einen niedrigen Ladestrompreis für E-Autos.