Sachsenring. Wäre Peter Junghans nicht viel zu früh von uns gegangen, würde der Bernsdorfer Motorradrennfahrer heute seinen 70. Geburtstag feiern. Das war dem eher ruhigen Zeitgenossen leider nicht vergönnt, denn am 6. Januar 1999 erlag er im Alter von nur 46 Jahren einem Krebsleiden. Im DDR-Motorradrennsport hat der Name Junghans aber mehr als nur einen tiefen Eindruck hinterlassen.
Verspäteter Karrierebeginn
Unweit des Sachsenrings, genauer gesagt in Bernsdorf, ist die Familie Junghans beheimatet. Aus dieser gingen mit Heinz Junghans, dessen am 6. Mai 1952 geborenen Sohn Peter, sowie wiederum Peters Sohn Andy drei Generationen Rennfahrer hervor. Von denen errang Peter in den 80er Jahren zwei DDR-Meisterschaften, sowie eine Reihe Vizetitel. Er, der "Mittlere", war es auch, der entgegen üblicher Generationswechsel die Motorsport-Tradition im Hause Junghans einführte.
Für 1971 baute sich Peter Junghans aus größtenteils zusammengekauften Komponenten ein Rennmotorrad auf, mit dem er im DDR-Motorradsport in der 250-ccm-Ausweisklasse seine Karriere starten wollte. Doch kaum stand das Motorrad auf den Rädern, rief die Armee. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, dachte sich der damals 19-Jährige und hielt an seinem Plan, Rennfahrer zu werden, fest.
Um das Motorrad in den bevorstehenden eineinhalb Jahren verstauben zu lassen, war es zu schade. An dieser Stelle kommt der unübliche Generationswechsel, denn man entschloss sich im Hause Junghans kurzerhand, dass Vater Heinz die Einzylinder-MZ bewegen sollte. Heinz Junghans ging damals mit riesen Schritten auf die 40 zu.
Peter Junghans begann dann 1973 mit seiner Karriere. Im Hause Junghans waren allerdings jetzt zwei Motorräder vonnöten. Der Vater hatte Gefallen an der Sache gefunden und aus der Übergangslösung wurden noch 17 Rennfahrerjahre, sodass Heinz Junghans noch bis zu seinem 55. Lebensjahr gegen wesentlich jüngere Kontrahenten in der Einzylinder-Klasse bis 250 ccm fightete.
Mühsamer Weg nach oben
Sohn Peters Karriere verlief wie folgt. Nach dem dritten Gesamtrang 1976 in der 250er-Ausweisklasse kam er zu den Lizenzlern. Für die neue Saison entstand der erste Eigenbau-Rahmen. Junghans-Fahrgestelle sollten sich im Laufe der Jahre noch einen guten Namen erarbeiten, doch auch auf der Motorseite wurde aufgerüstet. Hierzu schaffte sich Peter einen von Hartmut Bischoff getunten Motor an. Logischerweise versuchte jeder das bestmögliche Maschinenmaterial zusammenzubekommen. Auf andere Dinge verzichtete man, entweder aus Kostengründen oder auch aufgrund fehlenden Angebotes. So fuhr er anfangs zum Beispiel mit einer ehemaligen Fliegerkombi aus dem 1. Weltkrieg, die er sich beim Sattler umarbeiten ließ.
Der 9. Juli 1977 wurde dann ein besonderer Tag im Leben des gelernten Elektromechanikers. Das Sachsenringrennen und somit sein erstes Rundstreckenrennen bei den Lizenzlern stand an. Dabei verbrannte ihm am Start die Kupplung, doch fast zeitgleich erblickte Sohn Andy erstmals das Licht der Welt, sodass der sportliche Misserfolg zur Nebensache verkam.
Mit den Jahren gerieten Fahrer mit Einzylinder-Motorrädern mehr und mehr ins Hintertreffen. Ein fünfter Schlussrang blieb somit das einzig nennenswerte Resultat aus dieser Ära.
Zweimal DDR-Meister
1980 wechselte Peter Junghans mit dem Ex-Frank-Wendler-Motorrad in die Achtelliterklasse. Von nun an etablierte er sich auch unter den DDR-Spitzenpiloten. Seine Berufung in die Nationalmannschaft ermöglichte ihm endlich auch im osteuropäischen Ausland Rennen zu fahren und andere Rennstrecken, außer Sachsenring, Schleiz und Frohburg, kennenzulernen. Das Wichtigere war damals allerdings für die DDR-Rennfahrer der Kontakt zu ausländischen Fahrern. Peter Junghans sprach in diesem Zusammenhang allzu gern vom Westberliner Werner Steege, der selbst nicht gerade auf Rosen gebettet, nahezu selbstlos eine Reihe DDR-Rennfahrer mit unabdingbaren Ersatzteilen versorgte.
Nach und nach liefen auch bei den 125ern die zweizylindrigen Morbidellis und MBA's den "Eintöpfen" den Rang ab, doch an solch ein Motorrad heranzukommen schien fast aussichtslos. Inzwischen gab es aber im DDR-Rennsport eine Alternative. Roland Rentzsch baute Zweizylinder-Motorräder und gewann mit seinem Eigenbau-Renner 1982 die DDR-Meisterschaft. Was der Schöpfer der RR-Motorräder aber gleichzeitig demonstrierte: Mit solch einem Untersatz konnte man auch wieder der osteuropäischen Konkurrenz mit ihren westlichen Fabrikaten Paroli bieten.
Peter Junghans nannte dann ab 1983 die siegreiche "RR" sein Eigen. Und siehe da, am Jahresende hieß der neue DDR-Meister Peter Junghans.
In den folgenden Jahren konnte er dann allerdings bei der Vergabe der Meisterschaft nur selten ein Wörtchen mitreden. Zwar erreichte er immer wieder Top-Platzierungen, doch bei drei Rundstreckenrennen und zwei Bergrennen, bei denen obendrein nur halbe Punktzahl vergeben wurde, wogen ein oder zwei Nuller schwer.
1987 kam es dann auch noch zum Bruch mit seinem Heim-Club, dem MC Hohenstein-Ernstthal. Beim MC Schleizer Dreieck empfing man ihn und seinen Vater mit offenen Armen. Heinz Junghans stellte fortan für den ostthüringer Verein mehrere Fahrwerke für die 80-ccm-Simson-Clubmotorräder her. Auch Peters Karriere blühte mit dem Wechsel wieder auf. Gleich in seinem ersten Schleizer Jahr feierte er seine zweite DDR-Meisterschaft. Hierzu verhalf ihm unter anderem der Eigenbau-Motor, der auf dem vom mehrfachen westdeutschen Meister Gert Bender gebauten Zweizylinder-Motor, basierte. Sein langjähriger Spezi Werner Steege fuhr solch einen Motor und versorgte Peter Junghans mit vielerlei Teilen und Daten. Neben seiner 125er ging er ab diesem Jahr auch noch in der 80-ccm-Klasse an den Start.
Sein schönster Rennsieg
Nach der Doppel-Vizemeisterschaft 1989 gelang ihm in der kleinen Klasse 1990 auch einer seiner schönsten Einzelsiege, als er auf dem Sachsenring infolge der friedlichen Revolution gegen wieder zugelassenen starke westliche Konkurrenz das Rennen der 80-ccm-Klasse vorm zweifachen westdeutschen Meister und Grand-Prix-Piloten Reiner Scheidhauer gewann.
Setzte ihn der MC Schleizer Dreieck im Vorjahr noch auf eine 80-ccm Eberhardt, so hatte er bei diesem Sieg mit seiner Seel erneut einen adäquaten Untersatz. Des Weiteren erinnerte sich Peter Junghans gern an seinen Sieg 1983 in Rumänien. Dieses Rennen war ein Lauf zum "Pokal für Frieden und Freundschaft", wenn man so will, eine Art Ost-Europameisterschaft. Die einheimischen Fahrer schoben dabei umgebaute Crossmotorräder an den Start, was den Wettkampf sportlich nur geringfügig aufwertete. Die Strecke, ein Stadtkurs, wies sogar zwischen den Schlaglöchern kurze bis mittellange Abschnitte zusammenhängenden Asphalts auf. Während der Rennen überquerten Passanten, je nach Lust und Laune, die Piste.
Berufliche Neuorientierung
Mit der politischen Wende endete auch die Karriere von Peter Junghans. Eigentlich wollte und sollte er, auf Drängen seines Clubs, auch noch einmal in der nun wieder gesamtdeutschen Meisterschaft mitmischen. Doch an einer Sturzverletzung, die er sich in Schleiz zuzog, laborierte er ca. ein dreiviertel Jahr. Obendrein verlor er in der Zeit des Umbruchs aufgrund der langen Arbeitsunfähigkeit seinen Arbeitsplatz. Nach seiner Genesung arbeitete er drei Jahre als Helmverkäufer bei AGV-Deutschland. Die berufliche Selbständigkeit war bei Peter Junghans schon immer ein Thema, doch musste dazu die Werkstatt erweitert werden. Ganze drei Jahre wartete er auf eine Baugenehmigung und war dann mit einem Reifendienst endlich selbständig. Darüber hinaus führte er auch Fahrzeugreparaturen aller Art aus. Mit dem Motorsport blieb er noch ein paar Jahre durch seinen Sohn Andy verbunden, der damals im ADAC Junior Cup unterwegs war.