Heute vor 80 Jahren erblickte einer der besten DDR-Automobilrennfahrer das Licht der Welt. Ob Manfred Günther unter normalen Umständen diesen Tag heute hätte feiern können, ist natürlich nicht sicher, aber durchaus wahrscheinlich. Letztlich bleibt es reine Spekulation, denn Fakt ist hingegen, dass der Markersbacher von einem Afrika-Urlaub nicht zurückkehrte und offiziell für tot erklärt wurde.
Im Wartburg DDR-Meister
Manfred Günther wurde am 26. Januar 1942 in Elterlein geboren und fand Ende der 1960er-Jahre mit einem 312er-Wartburg-Coupé bei Rallyes den Weg zum Motorsport. Als 1971 in der DDR die sogenannte Klasse A2 für Tourenwagen eingeführt wurde, wechselte auch er auf die Rundstrecke.
Nachdem sich die DDR Ende 1972 mit ihren Straßen-Motorsportlern vom internationalen Wettkampfgeschehen zurückzog und diesen nur noch auf dem Gebiet des damaligen sozialistischen Teils Deutschlands sowie in osteuropäischen Bruderstaaten die Ausübung ihres Sports genehmigte, wurde ab 1973 die Gruppe A2 Klasse 22 bis 1.300 ccm Hubraum zur offiziellen Meisterschaftsklasse erhoben und ganz klar von Wartburg 353 dominiert.
Beim Saisonauftakt auf der Bernauer Schleife bei Berlin gewann Klaus-Peter Krause vor Manfred Günther. Danach wurde Manfred Günther auf dem Sachsenring im nationalen Rennen hinter Klaus-Peter Krause und Bernd Zimmermann Dritter. Ebenso im internationalen Pokallauf "für Frieden und Freundschaft". Diesmal allerdings als bester Wartburg-Pilot hinter dem Polen Andrej Wojciechowski in einem Polski Fiat und dem Tschechoslowaken Jaroslav Kovac in einem Skoda.
In Schleiz wurden die DDR-Tourenwagen-Akteure neben dem Pokallauf in einen gemeinsamen internationalen Lauf, allerdings bis 1.600 ccm, geschickt. In Letzterem sah Manfred Günther keine Zielflagge, doch im Pokallauf wurde er als Sechster unmittelbar hinter Peter Mücke zweitbester DDR-Fahrer.
Auf dem Frohburger Dreieck machte Manfred Günther dann mit seinem Sieg vor Peter Mücke sein Meisterstück und ging als erster DDR-Meister in der Klasse Tourenwagen bis 1.300 ccm in die Geschichte ein. Dabei hatte er Peter Mücke und den anfangs in der Meisterschaft führenden Klaus-Peter Krause auf die Plätze zwei und drei verwiesen.
Manfred Günther und seine "Waschmaschine"
1974 feierte er auf dem Sachsenring einen Heimsieg vor Lothar Thomas im Skoda und wurde im wieder bis 1.600 ccm offenen Pokallauf als Fünfter bester DDR-Fahrer. Mit weiteren vorderen Platzierungen wurde Manfred Günther in jenem Jahr Zweiter im osteuropäischen "Pokal für Frieden und Freundschaft" bei Tourenwagen.
Auch 1976 war er in dieser Kategorie der beste DDR-Vertreter, diesmal als Fünfter.
1978 wechselte Manfred Günther dann mit einem der neuen MT77-Rennwagen aus dem Hause Melkus in den Formelrennsport und musste hier, trotz seiner bereits zahlreichen Erfolge, zunächst in die sogenannte Leistungsklasse II. Mit unter anderem einem Sieg auf dem Sachsenring wurde er am Jahresende Gesamtsieger der DDR-Bestenermittlung und konnte somit sofort in die Meisterschaftklasse LK1 aufsteigen.
Da er frühzeitig einen Werbevertrag mit VEB Waschgerätewerk Schwarzenberg geschlossen hatte und seine Autos immer entsprechend lackiert waren, nahm er seinen und den Spitznamen seines Boliden "Waschmaschine" gleich mit.
Mit Platz fünf auf dem Sachsenring 1979 zeigte er, dass er es auch mit den ganz Großen des DDR-Autorennsports aufnehmen konnte. Nach Rang vier 1980 landete er im darauffolgenden Jahr später zwischen den damals übermächtig scheinenden Bernd Kasper und Ulli Melkus auf dem zweiten Platz.
Das gleiche Kunststück gelang ihm 1986 hier, wobei ihm diesmal nur 1,5 Sekunden auf den Sieger fehlten.
Während es in der Endabrechnung der DDR-Meisterschaft zunächst ein paar Jahre nicht für einen Medaillenrang für ihn reichte, wurde er mit der DDR-Nationalmannschaft im osteuropäischen Pokal 1983, 1984 und 1986 Gesamtsieger. 1986 wurde er zudem in der Einzelwertung guter Fünfter.
Danach kehrte bei Manfred Günther auch national wieder eine größere Konstanz übers Jahr ein. So wurde er zwischen 1987 und 1990 vier Mal in Folge DDR-Vizemeister - 1987 und 1988 jeweils hinter Bernd Kasper, 1989 und 1990 musste er nur Heinz Siegert bzw. Steffen Göpel den Vortritt lassen.
Zweiter beim letzten Autorennen auf dem alten Sachsenring
Als 1989 die Autos auf dem alten Sachsenring letztmalig im Programm waren, was damals noch niemand ahnte, war das Rennen der Formelwagen der Klasse B8 LK1 das letzte Rennen des Wochenendes. Demzufolge war es auch das letzte Autorennen auf dem Straßenkurs bei Hohenstein-Ernstthal überhaupt. Bei diesem belegte der Günther "Manne" hinter Bernd Kasper und vor Hans-Dieter Keßler, der am 15. Januar dieses Jahres die 80 vollgemacht hat, "seinen" zweiten Platz.
Der große Ulli Melkus hatte nach den schweren Unfällen 1987 und 1988 dem Sachsenring bereits Lebewohl gesagt. 1987 kam es nach einem Unfall von Hans-Dieter Keßler in der Häuserschlucht Hohenstein-Ernstthals in der ersten Runde in der darauffolgenden zu einer weiteren haarsträubenden Szene. Der allein auf weiter Flur führende Ulli Melkus raste mit vollem Speed in die verstopfte Stadt und musste seinen MT77 an der Unfallstelle selbst in einen Unfall zwingen. Während er glücklicherweise nur leicht verletzt wurde, war sein Bolide Schrott. Entsprechend angesäuert verkündete er, hier nicht mehr zu fahren.
1988 verunglückte Werner Wilfert im Rennen der B8 LK II am Wasserwerk tödlich, woraufhin die Veranstaltung vorzeitig beendet wurde.
Tragisches Ende
Nach dem politischen Umbruch 1889/1990 fanden die Autos beim letzten Rennen auf dem alten Sachsenring, gleichzeitig dem ersten unter starken westlichem Einfluss, keine Berücksichtigung im Ablaufprogramm. Manfred Günther hätte so oder so gern noch ein bisschen weitergemacht, doch war ihm der gesamtdeutsche Rennsport zu steril und unpersönlich. Daraufhin erklärte er seinen Rücktritt, war aber später wieder mit seiner "Waschmaschine" bei Klassik-Veranstaltungen dabei.
Seit 1963 war er als Meister des Kfz-Handwerks mit einer Wartburg-Servicewerkstatt in Markersbach selbstständig, die er 1991 in VW-Autohaus umwandelte. Ab 1997 bezog er mit diesem ein neues Gelände in Raschau. Reisen in ferne Länder waren ja nach 1990 auch für "Ossis" möglich, was Manfred Günther oft und gern nutzte. Nach einem Abstieg in den Fish-River-Canyon in Namibia am 9. September 2005 ist er spurlos verschwunden und wurde später offiziell für tot erklärt.
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