Sachsenring. Der 9. Juli 1972 war am Sachsenring ein denkwürdiger Tag. Zum einen wurde vor den Toren Hohenstein-Ernstthals der letzte Große Preis der DDR als Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft ausgetragen, zum anderen fuhr Börje Jansson für den westdeutschen Motorrad-Hersteller Maico den ersten Grand-Prix-Sieg ein. Auch deshalb hat er zu Deutschland eine besondere Verbindung. Heute feiert der Schwede seinen 80. Geburtstag.
Motorsport-Liaison mit Deutschland
Börje Jansson wurde am 10. November 1942 im schwedischen Örebro geboren. Nachdem der schwäbische Motorrad-Hersteller Maico Mitte der 1950er-Jahre im Motocross seine Motorsport-Aktivitäten aufgenommen hatte und diese später auf den Geländesport ausbaute, wagte er Ende der 1960er-Jahre mit der 125er-Drehschieber Maico RS2 den Sprung in die Motorrad-(Straßen-)Weltmeisterschaft. Für 1969 stellte man ein Werksteam mit den Schweden Kent Andersson und dem noch weitgehend unbekannten Börje Jansson zusammen.
Obwohl Kent Andersson gleich beim ersten Saisonrennen im spanischen Jarama den zweiten Platz errang, verließ er Maico sogleich wieder und ging zu Yamaha. Der ebenfalls ausgezeichnete Techniker Börje Jansson errang sowohl beim Großen Preis von Deutschland in Hockenheim wie auch beim Großen Preis der DDR auf dem Sachsenring jeweils den neunten Rang und somit je zwei WM-Punkte.
Parallel bestritt er die Viertelliterklasse, in der er in Jarama auf einer Kawasaki als Dritter seinen ersten Podestplatz feierte. Nachdem er unter anderem auf dem Sachsenring Sechster geworden war, wechselte er Mitte der Saison ebenfalls auf eine Yamaha und wiederholte im finnischen Imatra das kleine Kunststück Rang drei. Mit weiteren guten Ergebnissen schloss er das Jahr auf dem fünften WM-Endrang ab.
In der Weltspitze angekommen
Ab 1970 ruhten die Maico-Hoffnungen vor allem auf Börje Jansson. Beim zweiten Saisonrennen im französischen Le Mans wurde er hinter dem späteren Weltmeister Dieter Braun Zweiter. Ebenso bei der damals zur WM zählenden Tourist Trophy auf der Isle of Man. Mit zudem dritten Plätzen in Spa-Francorchamps, auf dem Sachsenring sowie dem Montjuich-Kurs in Barcelona wurde er WM-Dritter.
Bei den 250ern wurde er ebenfalls in Spa Dritter sowie am Saisonende Gesamtfünfter. Zwei seiner 34 WM-Punkte holte er sich auf dem Sachsenring als Neunter.
Nachdem er 1971 fünf der elf 125er-Saisonrennen auf einem Podestrang beendet hatte, unter anderem auch wieder als Dritter auf dem Sachsenring, wiederholte er seinen dritten WM-Rang des Vorjahres. Seine weiteren Podestplätze erreichte er auf der Isle of Man, in Brno und bei seinem Heimrennen in Anderstorp als jeweils Zweiter sowie bei der Dutch TT in Assen als ebenfalls Dritter.
In der 250-ccm-Klasse lief es für ihn in jenem Jahr weniger gut.
Der geschichtsträchtige Tag auf dem Sachsenring
Beim Saisonauftakt 1972 auf dem Nürburgring stand Börje Jansson bei den 50ern auf Jamathi und den 125ern auf Maico jeweils als Dritter auf dem Podest. Beim Großen Preis von Österreich auf dem Salzburgring feierte er auf einer spanischen Derbi in der Viertelliterklasse schließlich seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Dabei hatte er dem Finnen Jarno Saarinen und dem Australier John Dodds das Nachsehen gegeben. Wenngleich er danach auf einer 250er-Maico sowie wiederum auf Yamaha noch das eine oder andere Mal in die Punkte fuhr, sollte es sein einziger Sieg bzw. Podestplatz in jenem Jahr in dieser Klasse bleiben, sodass am Ende nur der achte Platz für ihn zu Buche stand.
Ganz anders bei den 125ern. Nach weiteren Podestplätzen im französischen Clermont-Ferrand und in Assen schenkte Börje Jansson am 9. Juli 1972 auf dem Sachsenring Maico den ersten Grand-Prix-Sieg. Nachdem der Spanier Angel Nieto auf Derbi in Führung liegend in der letzten Runde ausgefallen war, verwies Börje Jansson die Yamaha-Piloten Chas Mortimer aus Großbritannien und Kent Andersson auf die Plätze. Trotz eines weiteren Sieges beim gleich darauffolgenden WM-Lauf im tschechischen Brno reichte es am Ende für ihn in der Endabrechnung nur zum vierten Platz.
Karriereende nach vier WM-Jahren
Diesen wiederholte Börje Jansson 1973, wobei ihm vor heimischer Kulisse in Anderstorp sein vierter Grand-Prix-Triumph gelang. In der Viertelliterklasse lief es bei ihm wieder weniger gut.
Der tödliche Unfall von Jarno Saarinen und des Italieners Renzo Pasolini am 20. Mai 1973 in Monza ließ in Börje Jansson den Entschluss reifen, am Saisonende den Helm an den Nagel zu hängen. In seinen 61 Grand Prix fuhr er 25 Mal aufs Podest, davon vier Mal aufs oberste Treppchen.
Danach kam er fallweise zu diversen Klassik-Veranstaltungen und war stets ein gern gesehener Gast. Bei der diesjährigen ADAC Sachsenring Classic musste er, ziemlich genau 40 Jahre nach dem von ihm errungenen ersten Maico-Sieg in der Motorrad-WM (von letztlich deren zwei), allerdings gesundheitsbedingt passen. Wir wünschen ihm von hier aus alles Gute.
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