Werdau. " [...] es tut uns leid, dies so formulieren zu müssen, aber wir glauben, die Bundesregierung hat noch nicht begriffen, in welcher Situation sich unser Land befindet." Dieser Satz stammt aus einem an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) adressierten Brief aus Werdau. Unterschrieben wurde er von Oberbürgermeister Sören Kristensen (Unabhängige Liste) sowie fünf Fraktionsvorsitzenden von im Stadtrat vertretenen Parteien. Mit Andreas Wimmer hat sich auch der Chef der Fraktion FDP/SPD/Grüne/UL dem Protest angeschlossen. Die Stadtverwaltung hat den dreiseitigen Brief letzte Woche an Medien übergeben und auf der Homepage veröffentlicht. Die Kommunalpolitiker aus Werdau verweisen auf die Zivilgesellschaft, die sich "Zukunftssorgen in einem nie zuvor gekannten Ausmaß" mache. Zur lokalen Wirtschaft heißt es: "Mit diesen drastischen Energiepreiserhöhungen werden 30 Jahre Aufbauarbeit nach der politischen Wende binnen kürzester Zeit zerstört."
Taktische Spielerein müssen unterlassen werden
Es wird an die verlängerten Werkbänke in der Region erinnert. Wenn diese verschwinden würden und der Mittelstand aufgeben müsse, bestehe die Gefahr einer Abwanderung wie in den 1990-er Jahren von vorn. Werdau schreibt: "Das halten wir nicht noch einmal durch." Auch auf die kommunale Finanzlage wird eingegangen. Die Hoffnung sei gewesen, dass sich die Einnahmen bis 2023 wieder auf dem Niveau von 2019 vor dem Beginn der Corona-Zeit einpendeln. Nun müsse festgestellt werden, dass sich die Ausgaben für die Energiekosten in den städtischen Liegenschaften um rund eine Million Euro erhöhen werden. Sören Kristensen und die Fraktionschef stellen Fragen: "Woher nehmen? Die Eltern unserer Kita-Kinder durch erheblich höhere Abgaben belasten? Steuern und Abgaben erhöhen? Oder neue Schulden machen?"
Der Appell aus Werdau an Olaf Scholz und seine Bundesregierung: Die Parteiprogramme müssen beiseitegelegt und die taktischen Spielereien unterlassen werden. Wichtigstes Ziel sei aktuell die Senkung der Energiepreise.
erschienen am 17.10.2022