Limbach-Oberfrohna/Leipzig. Auch Wochen, nachdem der beliebte Tierpfleger Jörg Gräser im Zoo Leipzig in eine andere Abteilung versetzt wurde, reißt die Diskussion zum Thema so wie zur Tierhaltung nicht ab.
Stein des Anstoßes war das parkeigene Zebra, das -weil es nicht vermittelt werden konnte- letztlich als Löwenfutter endete. Bereits letzte Woche hatte Klaus Eulenberger dazu klargestellt: "Raubtiere fressen in freier Natur ihre Beute mit Haut und Haaren - auch Zebras. Wir mussten zu meiner Zeit in Leipzig einmal zwei Zebrahengste schlachten und verfüttern, weil wir sie nicht an andere Zoos abgeben konnten. In den meisten Herden darf nur ein geschlechtsreifes Männchen sein, weil es sonst Mord und Totschlag gibt. In den Zoos werden mehr Tiere nachgezüchtet als man letztlich unterbringen kann. Die Tiere werden in unserer Gesellschaft zu sehr vermenschlicht, was aber niemandem hilft."
Tiere gehören dem Erhaltungsschutzprogramm
Der langjährige Leipziger Cheftierarzt, der heute den Förderverein des Limbacher Amerika-Tierparks leitet, hat nach diesen 19 Jahren im Amt und vielen mehr in anderen Positionen einen anderen Blick auf die Tierwelt in zoologischen Parks als die Besucher: "Unser Zoo galt bis Anfang der 1970-iger Jahre als 'Löwenfabrik' - dann wollte keiner die Jungtiere mehr. Man hat sich neu auf Amurtiger konzentriert, weil die wertvollen Tiere kurz vor dem Aussterben waren. Wir hatten jedes Jahr 20 Jungtiere, da war kein Platz mehr für Löwen. Diese gab es zudem in diversen Safariparks, so war kein Bedarf mehr da. Die Fortpflanzung von gefährdeten Tieren wird inzwischen von der EU gemanagt, von der Vereinigung Europäischer Zoos. Nun gehören die Tiere nicht mehr den Zoos, sondern den Erhaltungsschutzprogrammen.
Da gibt es eine Kommission, die festlegt, wer züchten darf." Klaus Eulenberger verweist darauf, dass weibliche Zoo-Löwen bis 14 Jahre Junge aufziehen. In der Natur werden sie höchstens 13, Männchen sogar nur zehn Jahre alt. "Wenn wir über die Hilfe der Zoos in Sachen Artenschutz und Biodiversität reden ist es konträr, wenn die Zoos in zunehmendem Maße die Fortpflanzung ihrer Pfleglinge einschränken müssen, weil deren Zukunft ungewiss ist." Was sagt der Professor dazu, woran der Etoshalöwe Majo des Leipziger Zoos Anfang Mai verstorben ist? "Sowas habe ich in 38 Jahren im Zoo nicht erlebt - er hatte eine Brustfell- und Herzbeutelentzündung, wobei die letztere vermutlich zum Tod durch stark reduzierte Herzleistung führte." Im Leipziger Zoo sind bereits mehrere Raubkatzen verstorben.
Löwin "Kigali" wurde gedeckt
Laut dem MDR bereitet sich der Zoo Leipzig aktuell auf eine Löwengeburt vor. Schon in Kürze könnte die alleinlebende Kigali Nachwuchs bekommen. "Die Löwin wurde gedeckt und könnte entsprechend tragend sein", teilte der Zoo in einem Statement auf seiner Internetseite mit. Um der Löwin so viel Ruhe wie möglich zu geben, ist die Löwenhöhle für Besucher gesperrt. Mit wie vielen Jungtieren Kigali trächtig ist, ob überhaupt, ist noch unklar. Auch wie lange die Löwenhöhle für den Publikumsverkehr geschlossen bleibt, wurde nicht mitgeteilt. Vater des oder der Jungtiere ist Löwe Majo.
Ganz früher haben Raubkatzen in Zoos ihre Jungtiere vor den Besuchern gebären müssen. Die Mütter haben die Neugeborenen herumgeschleppt, sind hin- und hergelaufen, haben sie nicht gesäugt - sie haben einfach nur ein Versteck gesucht. Man hat lange nicht gewusst, was man den Tieren in dieser wichtigen Phase ihres Lebens anbieten muss, wie Klaus Eulenberger bestätigt: "Ernst Pinkert, ein Zoodirektor Ende des 19. Jahrhunderts, hat dann Wurfkisten in die Käfige bauen lassen. In freier Natur begeben sich die werdenden Mütter zum Schutz ihrer Jungen in eine Höhle und ziehen sie dort auf. Solange sie kein Versteck finden, fühlen sie sich nicht sicher. Mit diesem biologischen Verständnis hat Pinkert, der als Gastwirt mit Tierhaltung begann, das Problem gelöst und die Jungen wurden erfolgreich aufgezogen. Dies war der Beginn der schon von mir erwähnten ‚Leipziger Löwenfabrik‘."
Und wohin gehen die Löwen heute zum Gebären? "Solche Wurfboxen gibt es noch immer - sie stehen aber im rückwärtigen Bereich. Da fühlen sich die Mütter noch sicherer", so der Professor.
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erschienen am 22.06.2023