Oberlungwitz. Die schottischen Hochlandrinder, die jetzt im Landschaftsschutzgebiet Hirschgrund in Oberlungwitz unterwegs sind, zeigen einen beachtlichen Appetit. Gras, Blätter, aber auch Zweige oder Brennnesseln futtern die zwölf Bullen in rauen Mengen. Genau das ist auch ihre vorrangige Aufgabe. "In der Landschaftspflege halten die Tiere Flächen frei", sagt André Oehler vom Landschaftspflegeverband Westsachsen, der im Hirschgrund mit Stiftung Pro Artenvielfalt zusammenarbeitet. Jene hat rund 23 Hektar Land von der Agrargenossenschaft Lungwitztal gekauft, weil das Landwirtschaftsunternehmen keinen Bedarf mehr an den mit großer Technik nur schwer zu bewirtschaftenden Flächen im Landschaftsschutzgebiet hatte. Anfangs standen auch umfangreiche Aufforstungen durch eine Waldstiftung zur Debatte, was aber weder im Interesse der Stadtverwaltung, noch des Naturschutzes gewesen wäre. Denn vor allem die Tier- und Pflanzenarten, die auf abwechslungsreiche offene Wiesenlandschaften mit Hecken, Bäumen und Gewässern angewiesen sind, gelten in der Region als bedroht. Außerdem ist es vielen Oberlungwitzern wichtig, die abwechslungsreiche Landschaft, durch die auch ein Wanderweg führt, erhalten bleibt.
Förderung setzte diverse Maßnahmen um
Die Stiftung Pro Artenvielfalt, die schon verschiedene Projekte in Deutschland, aber auch Italien und Zypern umgesetzt hat, kümmert sich nun um den Hirschgrund. Zusammen mit dem Landschaftspflegeverband, der im Rahmen eines Förderprojektes des Freistaates Sachsen verschiedene Maßnahmen umsetzen kann, werden beispielsweise Hecken aus mehreren Tausend Pflanzen, eine artenreiche Blühwiese und einige Amphibientümpel angelegt. Aus dem alten Pumpenhaus im Hirschgrund soll ein kleines Artenschutz- und Informationszentrum werden. Außerdem wurden bereits mehrere Kilometer Weidezaun gebaut, hinter dem die Hochlandrinder auf vier verschiedenen Koppeln grasen können. "Es wird spannend zu sehen, wie sich die Flächen entwickeln", sagt Züchter Maik Werner, der insgesamt knapp 70 der robusten Hochlandrinder an verschiedenen Orten stehen hat. Sie können das ganze Jahr im Freien leben und brauchen generell kaum Betreuung. Alles in allem sind sie auch sehr friedfertig und ruhig, sodass die Koppeln von Maik Werner zusammen mit anderen Natur- und Tierexperten auch betreten werden können. Für Spaziergänger und Hunde empfiehlt sich das allerdings absolut nicht.
Im September plant die Stiftung Pro Artenvielfalt eine Informationsveranstaltung, bei der auch das Konzept für den Hirschgrund vorgestellt wird. Nicht nur die Rinder als Landschaftspfleger sind dabei wichtig, sondern auch etwas mehr Wildnis mit Totholz und "Unordnung", die aber ausdrücklich gewünscht ist. Denn genau das braucht die Natur. "Das Tempo des Artensterbens hat rasant zugenommen. Das können wir uns einfach nicht leisten", betonte der leidenschaftliche Naturschützer und Stiftungsvorstand Roland Tischbier. Unter anderem sei der Hirschgrund Lebensraum für 60 Vogelarten. Diese Zahl könne noch deutlich steigen.
Nicht alle freuen sich über das Projekt
Interessen der Spaziergänger müssen an manchen Stellen zurücktreten, denn nicht mehr alle Pfade sind künftig begehbar. Auch in Sachen Leinenpflicht für Hunde, die im Landschaftsschutzgebiet schon immer vorgeschrieben ist, und der Befahrung des Gebietes, wollen die neuen Besitzer künftig genauer hinschauen. Ein Teil des Rodelhanges an der Ortsgrenze sowie ein Bereich, der an den Hennyteich angrenzt und mit einem Lehrpfad gestaltet werden soll, gehen in die Verantwortung der Stadt Oberlungwitz und bleiben für die Öffentlichkeit nutzbar.
Weitere Informationen
Wer mehr über die Hochlandrinder erfahren will, kann sich auf der Seite www.grueneaue.de über die Arbeit von Maik Werner informieren. Hier gibt es nicht nur Wissenswertes über die Rasse, ihre Zucht und die Landschaftspflege, sondern auch die Vermarktung des Fleisches der Hochlandrinder.
erschienen am 18.07.2022