Hohenstein-Ernstthal. Als am 26. Mai 1927 vor den Toren Hohenstein-Ernstthals erstmals Rennmotoren dröhnten, ahnte niemand der Anwesenden, welch motorsportlicher Meilenstein gerade gesetzt wurde. Denn während andere Rennstrecken kamen und gingen, gehört der Sachsenring zu den wenigen Traditionskursen Deutschlands, ja sogar weltweit, wo alljährlich weitere Kapitel zu einer langen und wechselhaften Geschichte hinzugeschrieben werden.
Vom Badberg-Viereck zum Sachsenring
Die ersten beiden Veranstaltungen 1927 und 1928 liefen noch unter der Bezeichnung Badberg-Vierecks-Rennen und nach einer ersten Unterbrechung hießen die Rennen ab 1934 Großer Preis von Deutschland für Motorräder.
Den Namen Sachsenring, der ihm zu Weltruf verhelfen sollte, erhielt er erst 1937. Viele motorsportliche Schlachten wurden auf dem Sachsenring geschlagen. Die ersten Glanzzeiten waren die 1930er-Jahre, als hier Jahr für Jahr die Läufe um den Großen Preis von Deutschland für Motorräder ausgefahren wurden. Zwar war Westsachsen damals mit den zur Auto Union verschmolzenen Firmen Audi, Horch, DKW und Wanderer das Zentrum der deutschen Automobilindustrie, doch dank DKW, Wanderer, Diamant, Schüttoff usw. standen die Motorräder in nichts nach und zogen Tausende und Abertausende in ihren Bann.
Erste WM-Ära
Der Zweite Weltkrieg setzte den vorläufigen Schlusspunkt, doch 1949 erwachte der Sachsenring wieder. 380.000 Zuschauer pilgerten zum "Ring" und überzeugten mit ihrem Kommen die letzten Zweifler von der Richtigkeit des Comebacks. Im Jahr darauf erlebte der Sachsenring mit 480.000 (!) Besuchern seinen absoluten Zuschauerrekord.
1961 begann eine ganz neue Zeitrechnung, als erstmals die gesamte Weltelite nach Hohenstein-Ernstthal kam, um den Großen Preis der DDR als Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft zu zelebrieren. Die Glückseeligkeit war perfekt, als Ernst Degner auf der einheimischen MZ in der Klasse bis 125 ccm einen viel umjubelten Sieg einfuhr.
1971 gab es dann wieder einen Sieg eines deutschen Fahrers. Diesmal fuhr der Westdeutsche Dieter Braun nach schlechtem Start und packendem Kampf als Sieger über die Ziellinie. Nicht ganz unabhängig davon brachen die Mächtigen in Ostberlin die Beziehungen zu den westlichen Ländern im nichtolympischen Motorsport ab, so dass 1972 der (vorerst) letzte Motorrad-WM-Lauf auf dem Sachsenring ausgetragen wurde. Was danach folgte, war dennoch guter und mit viel Liebe betriebener Motorsport, wenngleich weniger glanzvoll.
Aus und Neuanfang
Nach der politischen Wende 1989 waren im darauf folgenden Jahr erstmals wieder Fahrer aus dem westlichen Ausland am Start, wobei das Rennen der Superbikes der Höhepunkt war. Leider waren drei tödlich verunglückte Rennfahrer zu beklagen, was der nicht mehr zeitgemäßen 8,618 km langen Rennstrecke mit Stadt- und Walddurchfahrten den Garaus machte.
Für den Bau einer neuen permanenten Rennstrecke fehlten allerdings die Mittel, so dass sich das Projekt eines Verkehrssicherheitszentrums mit der Möglichkeit, dieses für den Motorsport zu nutzen, als echter Glücksgriff erwies. Auf einer Fläche von über 50 Hektar entstand eine der größten und modernsten Fahrtrainingsanlagen Europas mit vielfältigen Möglichkeiten. Wirtschaftlich betrachtet ist diese einmalige Kombination absolut tragfähig und sucht Ihresgleichen. An zehn Tagen im Jahr kann derzeit hier Motorsport betrieben werden, womit man einen guten Kompromiss zwischen Rennsport und Umweltverträglichkeit gefunden hat.
Zweite WM-Epoche
Nach der feierlichen Eröffnung des Verkehrssicherheitszentrums Sachsenring 1995 und nach zwei Jahren (1996 und 1997) mit nationalen Motorrad- und Autorennen kehrte 1998 die Motorradweltmeisterschaft an den neuen Sachsenring zurück.
Neben der selektiven und abwechslungsreichen Berg- und Talbahn und einer guten Infrastruktur im Umfeld waren die zahlreichen treuen Fans der Faustpfand für das rührige Organisationsteam bei der Bewerbung. Mit Zuschauerzahlen jenseits der 200.000er-Marke am Grand-Prix-Wochenende hat sich der heute 3,671 bzw. 3,645 Kilometer lange Sachsenring (für Motorrad- und Auto-Rennen wird dämlicher Weise unterschiedlich gemessen) längst in der Weltspitze etabliert.
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