Sachsenring. Am heutigen 12. Januar feiert mal wieder ein Rennfahrer einen runden Geburtstag, der ebenfalls am Sachsenring Geschichte geschrieben hat - Emanuele Pirro.
1990, im Jahr des Zusammenschlusses der beiden seit 1949 geteilten deutschen Staaten BRD und DDR, fand auf dem sicherheitstechnisch nicht mehr zeitgemäßen Sachsenring bei Hohenstein-Ernstthal das letzte Rennen statt. Dieses war allerdings nur noch den Motorrädern vorbehalten. So auch überwiegend in der ersten von 1961 bis 1972 währenden Motorrad-WM-Ära. In dieser sowie in den 1950er-Jahren waren Auto-Klassen nur sporadisch mit von der Partie, doch ab 1973 waren sie ein fester Bestandteil des Programms. Nach den Unfällen mit tödlichem Ausgang 1985 (Erhard Tatarczyk) und 1988 (Werner Wilfert), beide bei den 1300er-Rennwagen, allerdings 1989 letztmalig.
Sieger beim ersten bedeutsamen Autorennen auf dem neuen Sachsenring
Dank des unermüdlichen Einsatzes verschiedener Personen und Gruppierungen rund um den Sachsenring, wurde 1994 bis 1995 das Verkehrssicherheitszentrum Sachsenring gebaut und somit ab 1996 Motorsport in der Region wieder erlebbar. Nach der motorsportlichen Einweihung des selbigen am 25. und 26. Mai 1996 mit der (internationalen) Deutschen Motorradmeisterschaft und der Pro Superbike ging es nur fünf Wochen später am 29. und 30. Juni 1996, ebenfalls als Zwei-Tages-Veranstaltung, mit einer reinen Automobil-Rennveranstaltung weiter. Rund 75.000 Fans erschienen zu dieser, die den Arbeitstitel Internationaler ADAC-Preis der Freien Presse trug.
Das zentrale Thema war dabei der D1 ADAC Super-Tourenwagen Cup, kurz STW. Des Weiteren gehörten der D1 ADAC GT-Cup, die BMW Formel ADAC Junior und der Formel Euro Cup zum Programm.
Die Tourenwagen der STW trugen, wie üblich, zwei Rennen aus - ein Sprintrennen über 16 Runden sowie, nach einer kleinen Servicepause, ein Hauptrennen über 29 Runden gleich 101,993 Kilometern.
Das Sprintrennen musste allerdings nach einem furchterregenden Unfall des Briten Warren Hughes in einem Ford Mondeo in der Startrunde abgebrochen werden. Nach den lang anhaltenden Aufräumarbeiten wurde die Rundenzahl von 16 auf 13 verkürzt. Beim so noch einmal verkürzten Rennen feierte Audi mit dem A4 sowie dem fahrenden Personal Philipp Peter aus Österreich, dem Allgäuer Christian Abt, dem Italiener Emanuele Pirro und dem weiteren Österreicher Karl Wendlinger einen Vierfach-Sieg. Hinter dem Briten Steve Soper in einem BMW (320i) brachte die hübsche Italienerin Tamara Vidali einem weiteren Audi im Vorderfeld ins Ziel.
Das in vielen Belangen wichtigere Hauptrennen gewann dann der heutige Jubilar Emanuele Pirro vor Steve Soper und ChristianAbt. Damit sicherte sich der Römer einen bedeutsamen Eintrag in den Sachsenring-Geschichtsbüchern. Auch dieser Erfolg half mit, dass Emanuele Pirro in jenem Jahr STW-Champion werden konnte.
Ziel Formel 1 erreicht
Emanuele Pirro erblickte am 12. Januar 1962 in der Ewigen Stadt das Licht der Welt und kam Anfang der 1970er-Jahre über den für eine erfolgreiche Vierrad-Karriere immer mehr an Bedeutung gewinnenden Kartsport zum Motorsport. 1976 und 1979 feierte er hierbei zwei nationale Titel seines Heimatlandes. Über die Formel 3, Formel 2, Formel 3000 sowie verschiedene Tourenwagen-Meisterschaften erreichte er 1988 sein großes Ziel, die Formel 1. Zunächst wurde er neben dem Briten Jonathan Palmer Testfahrer bei McLaren-Honda, für die damals der Brasilianer Ayrton Senna und der Franzose Alain Prost mit maximalem Erfolg um den WM-Titel kämpften.
1989 wurde Emanule Pirro Vollzeit-Formel-1-Pilot, indem er ab dem siebenten von 16 Grand Prix Johnny Herbert bei Benetton-Ford ersetzte. Während der Brite bis dahin zwei Mal unter die ersten sechs und somit in die Punkte gefahren war, stand Emanuele Pirro ganz klar im Schatten seines Landsmannes Alessandro Nannini, der Nummer 1 im Team. Beim Saisonfinale im australischen Adelaide wurde Emanuele Pirro guter Fünfter und wurde mit diesen zwei WM-Punkten auf dem 23. Gesamtrang geführt.
Auch 1990 ging seine Saison verspätet los. Diesmal ersetzte er ab dem dritten Saisonrennen bei der BMS Scuderia Italia Gianni Morbidell. Mit dem ihm anvertrauten Dallara-Ford blieb er, wie sein Vorgänger sowie Andrea de Cesaris, ebenfalls aus dem Stiefelland, ohne Punkte.
Auch 1991 trat er für die BMS Scuderia Italia in der Formel 1 an, fuhr beim vierten Saisonrennen in Monte Carlo mit einem Dallara-Judd als Sechster einmal in die Punkte und belegte damit den 18. WM-Rang. Beim letzte Saisonrennen, wiederum in Adelaide, verfehlte Emanuele Pirro als Siebenter die Punkteränge denkbar knapp. Es war sein 37., allerdings auch letztes Formel-1-Rennen.
STW-Champion 1996
Danach wechselte Emanuele Pirro, wie so viele vor und nach ihm, wieder in den Tourenwagen-Sport. 1994 kam er in den deutschen D1 ONS ADAC-Tourenwagen-Cup, der damals als Konkurrenzserie zur DTM (Deutsche Tourenwagen Meisterschaft) ins Leben gerufen wurde und aus dem 1995 schließlich die STW wurde. Erster Meister wurde der Ex-Motorrad-Weltmeister Johnny Cecotto aus Venezuela mit einem BMW 318i. Hinter seinem Markenkollegen Frank Biela wurde Emanuele Pirro in einem Audi 80 im Team ROC Gesamtdritter, durfte sich aber über den Titel in der Italienischen Superturismo-Meisterschaft freuen.
1995 konzentrierte er sich auf die Tourenwagen-Meisterschaft in seiner Heimat, doch 1996 kehrte er in die STW zurück und wurde, wieder im Team ROC Competition, allerdings in einem Audi A4, letztlich sogar vorzeitig Meister.
Auch 1997 und 1998 war er für Audi im STW unterwegs. 1997 verfehlte er auf der Berg- und Talbahn Sachsenring im Sprintrennen als Vierter das Podest um gerade einmal rund zweieinhalb Zehntelsekunden und sah im Hauptrennen keine Zielflagge. So auch 1998, nachdem er im Sprintrennen mit drei Runden Rückstand nur als 17. gewertet wurde. Nach Endrang sechs 1997 stand für ihn am Saisonende 1998 nur der 16. Platz zu Buche.
Neue Liebe Le Mans
Trotzdem war Emanuele Pirro für Audi auch weiterhin eine Stütze und von Beginn an in deren Le-Mans-Projekt eingebunden. 1999 wurde er beim legendären 24-Stunden-Rennen in bzw. an der Sarthe zusammen mit seinem inzwischen langjährigen Wegbegleiter Frank Biela sowie dem Belgier Didier Theys in einem Audi R8R des Audi Sport Team Joest Gesamtdritter.
Danach ging es bei ihm beim Langstreckenklassiker schlechthin so richtig ab. Von 2000 bis 2002 feierte er mit dem Joest-Team, allerdings mit Frank Biela sowie dem Dänen Tom Kristensen als Fahrerkollegen in einem Audi R8, drei Le-Mans-Siege in Folge.
Nach drei Mal Rang drei im US-amerikanischen Team Champion Racing sorgte er 2006 zusammen mit Frank Biela und Marco Werner, erneut im Audi Sport Team Joest, für den ersten Sieg des Audi R10 TDI in Le Mans. In der gleichen Konstellation feierte Emanuele Pirro 2007 seinen fünften und letzten Le-Mans-Sieg. Ende 2010 hängte der stets freundliche und untadelige Sportsmann den Helm offiziell an den berühmten Nagel.
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