Lichtenstein. Seit 20 Jahren lädt das Kunstfestival Begehungen zur Neuentdeckung verlassener Räume ein - seit dem vergangenen Jahr auch in der Kulturregion um Chemnitz. Nach der Premiere im Erzgebirgsbad Thalheim ist die diesjährige Ausstellung ab Donnerstag (17. August) im Palais Lichtenstein zu sehen. Unter dem Titel "et cetera pp" beschäftigt sie sich bis zum 27. August mittels verschiedener Kunstgattungen mit der Geschichte des Ortes. Daneben durfte die Lichtensteiner Bevölkerung ihre Sammelleidenschaften mit dem Begehungen-Team teilen.

 

Wechselvolle Gebäudegeschichte

Gerichtsgebäude, Gefängnis, Prinzessinnenpalais, Kriegsgefangenenlager, Geflüchtetenunterkunft, Mietshaus, Ausstellungsort - diese unvollständige Aufzählung verdeutlicht die wechselvolle Geschichte des Palais Lichtenstein. Mit dem Festivaltitel "et cetera pp" soll diese Aufzählung sinnbildlich fortgesetzt und gleichsam auf die mögliche Zukunft des Objekts verwiesen werden. "Für uns war das eine neue Erfahrung. Noch nie in der zwanzigjährigen Festivalgeschichte waren wir an einem Ort, der von einer solch unterschiedlichen Nutzung erzählt. Genau das machte das leere Ausstellungshaus aber so spannend," erklärt Luise Grudzinski, Vorsitzende des Begehungen e.V.

 

Kunstschaffende aus 14 Ländern

Mit dem Titel "et cetera pp" und der Aufforderung, sich mit der Geschichte des Lichtensteiner Palais und dem Thema Sammeln zu beschäftigen, wurde ein internationaler Open Call gestartet. Fast 700 Bewerbungen aus mehr als 60 Ländern erreichten das Festivalteam. Eine Jury wählte 25 Werke aus, die nun für zehn Tage präsentiert werden. Acht Werke entstanden als Ergebnis eines Residenzaufenthalts der Künstlerinnen und Künstler konkret für den Ort, weitere 17 wurden als bereits existierende Werke für die Ausstellung ausgewählt. Die Bandbreite der Kunstgattungen reicht von Malerei, Fotografie, Video- und Soundarbeiten über Performances bis hin zu Skulpturen, Installationen und Objekten. Die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler kommen aus Italien, China, Spanien, Frankreich, Polen, Südkorea, Türkei, Japan, Ukraine, Großbritannien, Argentinien, Bulgarien, Belgien und Deutschland.

 

Sammelleidenschaften entdeckt

Neben der Suche nach passenden Kunstwerken wurde in den letzten Monaten die Lichtensteiner Bevölkerung aufgefordert, ihre ganz privaten Sammelleidenschaften dem Begehungen-Team mitzuteilen. Mehr als 30 Sammlungen kamen schließlich zusammen, von Biertrucks über Stundenpläne bis zu Giraffen. Acht dieser Sammlungen sind als Interventionen Teil der Kunstausstellung geworden. Festivalsprecher Lars Neuenfeld: "Die Grundidee war, der jüngeren Vergangenheit des Hauses als Ausstellungsort für die Sammlung des Ehepaars Daetz nun vermeintlich profane Sammlungen der Lichtensteiner Bürgerinnen und Bürger entgegenzusetzen. Eine Frage dahinter ist, welchen Wert das Sammeln für uns hat."

 

Festivalprogramm setzt auf junge Acts

Neben der Ausstellung gibt es ein umfangreiches Festivalprogramm, bestehend aus Konzerten, Performances, Lesungen, Workshops, Talks und Vorträgen. Die Talkrunden beschäftigen sich unter anderem mit der Zukunft des Lichtensteiner Palais-Gebäudes und den Hoffnungen und Wünschen an die Umsetzung des großen Projekts Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025. Das Konzertprogramm präsentiert diesmal zahlreiche junge Acts, die in den letzten Jahren schon republikweit für Furore sorgten. Philine Sonny zum Beispiel wurde 2022 von Deutschlands größtem Jugendradiosender WDR 1 Live zum New Music Award der ARD geschickt. Die Band um die deutsch-amerikanische Sängerin Rebekka Salomea wiederum ist ein international viel beachteter Vertreter der New Jazz-Szene. Und die Soundkünstlerin Rosa Anschütz pendelt zwischen Berlin und Wien, Spoken Word und Gesang, Clubsounds, Post-Punk und sakralem düsteren Pop.

 

Mehr Infos zum Festivalprogramm unter www.begehungen-festival.de.