Plauen. Gute Nachrichten verkaufen sich schlecht. "Wir versuchen es trotzdem", lacht Marlen Michel. Die junge Schulleiterin hat in dieser Woche zusammen mit ihrem Stellvertreter Nico Seifert die Arbeit aufgenommen. Die Hufeland-Oberschule befindet sich mitten im sozialen Brennpunkt. Das Leben in der Plattenbausiedlung im Chrieschwitzer Hang in Plauen ist viel besser, als es immer wieder dargestellt und behauptet wird. Und das zeigt sich ganz besonders in der Hufeland-Oberschule! Denn hier werden seit Montag 450 Schüler von 30 Lehrkräften sowie fünf Unterstützern in 21 Klassen unterrichtet.
Drei fünfte Klassen!
Die Klassenstufe fünf geht sogar mit 84 Schülern ins Rennen. "Wir mussten eine dritte fünfte Klasse aufmachen", berichtet Marlen Michel, die selbst Deutsch, Mathematik und Geschichte lehrt. Jeden Tag kommt Nico Seifert aus Zwickau gefahren. Der Stellvertreter unterrichtet Geschichte, Sport und Gemeinschaftskunde. "Es ist hier so toll, dass ich mich gerne ins Auto setze und fahre. Ich freu mich auf jeden Arbeitstag", erzählt der junge Mann. Die "Hufe" ist übrigens längst digital: "Wir sind sozusagen eine Glasfaserschule mit Zukunft", schmunzelt Marlen Michel.
Der Draht in alle Welt
20 internationale Staatsangehörigkeiten sind hier vertreten. In der Hufeland-Oberschule "haben wir den Draht in alle Welt. Vor diesem Hintergrund sind wir als UNESCO-Projekt-Schule schon ein wenig anders, weil wir uns in viel mehr Dingen und Kulturen wirklich auskennen müssen", erzählt Marlen voller Begeisterung. Die Schulleiterin weiß natürlich um die kulturellen Probleme im Viertel und auch um die Vorurteile, die es lange Zeit gegenüber der Hufeland-Oberschule in Plauen gegeben hat.
Warum gibt es ausgerechnet an der "Hufe" so viele Lehrkräfte?
Weshalb es ausgerechnet hier relativ viele Lehrkräfte gibt? Die Antwort ist völlig verblüffend: "Hier arbeiten junge Leute, die zusammenhalten, sich gegenseitig helfen und die eben nicht nur Dienst nach Vorschrift machen, was man dem Lehrer mitunter ja gerne mal vorwirft", sagt Marlen Michel. Okay. Aber warum ist das so? "Das haben hier unsere Vorgängerinnen, Simone Heilmann und Erika Volkmann, über viele Jahre praktiziert." Simone Heilmann war seit 1981 an dieser Einrichtung und viele Jahre Schulleiterin. "Und unsere wunderbaren Kolleginnen wiederum haben die Schulleitung einst von Rüdiger Goldhahn übernommen", verrät Marlen Michel. Bei vielen Plauenern macht es jetzt "klick". Rüdiger Goldhahn, der Lehrer ist inzwischen 78, war einst in Mammengebiet und Chrieschwitz sehr aktiv.
Rüdiger Goldhahn war von 1992 bis 2008 Schulleiter
Rüdiger Goldhahn stammt ursprünglich aus Sosa und studierte an der Pädagogischen Hochschule Zwickau. Mitte der 1970er Jahre kam "Goldi" an der damaligen Polytechnischen Oberschule "Wenzel Verner" im Mammengebiet in Plauen zum Einsatz. Als Sportlehrer führte Rüdiger Goldhahn die Wenzel-Verner-Schüler bei den Spartakiaden gleich mehrfach an die Spitze des Gesamtschul-Rankings. Das Team formierten seinerzeit Direktor Günther Conrad und Fritz Rogler, eben zusammen mit "Goldi". 1992 wechselte Rüdiger Goldhahn mit Inkrafttreten des neuen sächsischen Schulsystems an die Hufeland-Oberschule, wo er Schulleiter wurde.
Eine spannende Historie
Die heutige Hufelandschule hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch 360 Schüler. Manch einer sah das Ende des Hauses bereits kommen. Viele Schulen wurden seinerzeit einfach geschlossen. Mit ganz viel Geduld hat Rüdiger Goldhahn in Chrieschwitz eine Mannschaft geformt, die diesen Teamgeist bis heute immer weiter gibt. Am 15. Oktober 2002 feierte man die Aufnahme als "Anerkannte UNESCO-Projekt-Schule. Dazu muss man noch wissen: Die "Hufe" wurde 1981 als 17. Polytechnische Oberschule (POS) der Stadt Plauen eröffnet. 1986 erhielt die Schule den Namen "Otto Grotewohl". Bis 1989 lernten hier 750 Schüler in 26 Klassen. 56 Lehrer und Erzieher kümmerten sich um die Erst- bis Zehntklässler. Bemerkenswert: 1990 wurde Christoph Ziegler zum neuen Schulleiter gewählt. Unter ihm begannen der Wendekurs und die Neuorientierung. Er unterhielt Kontakte nach Hof zur Grund- und Hauptschule Moschendorf. Und unter seiner Leitung gab sich die Schule den Namen Dr. Christoph Hufeland.
Diese Schule ist unglaublich offen
Das Qualitätssiegel für berufliche Bildung muss man sich erarbeiten, immer wieder verteidigen und das gibt es wirklich nicht geschenkt. Die Hufeland-Oberschule kann diesen "Stempel" vorzeigen. Hier beschäftigt man sich auch mit den "Alternativen Lernformen", kurz mit ALF. Denn nicht alle Schüler erzielen im Klassenzimmer gute Resultate, sind dafür aber beispielsweise handwerklich geschickt. "Wer Schwierigkeiten beim Lernen hat, den sollte man nicht mit noch mehr zusätzlichem Unterricht quälen. Viel besser ist es, ihm auf anderem Wege Wissen zu vermitteln", verrät Marlen Michel. Internet: www.hufeland-oberschule.de
erschienen am 09.08.2024