Plauen. Dessau, Thale, Weimar, Suhl, Sömmerda, Meißen... Die Liste der untergegangenen Zweitligastandorte des DDR-Fußballs ließe sich auch noch verlängern. Eine Liga darunter (Bezirksliga Karl-Marx-Stadt) sah es vielerorts noch düsterer aus. Umso erstaunlicher, dass sich ausgerechnet für Plauen mit dem Niedergang der DDR das Tor zur richtigen Fußballwelt öffnete. Das lag an 15 verbliebenen Helden, die vor 30 Jahren etwas eigentlich Unmögliches möglich machten. "Es war wirklich so. Wir hatten nur 15 Kicker. 13 Feldspieler und zwei Tormänner", beteuert Peter Weck, der immer wieder diese Frage beantworten muss. Der Trainer von damals schwärmt von seinen Wema-Jungs, die am 22. Juni 1990 dem neu gegründeten VFC Plauen beitraten. Personell gesehen waren zu jener Zeit vor allem die "Mittelklassevereine" am abnippeln. Denn zum einen lockte im Westen jede A-Klasse-Sportgemeinschaft mit ein paar netten Scheinen und tollen Trainingsbedingungen. "Und bei uns im Vogtland hatte die gesellschaftliche Entwicklung den Fußball in seiner Wahrnehmung völlig an den Rand gedrückt", erinnert sich Peter Weck. Er hatte seinerzeit die Mannschaft vom inzwischen leider verstorbenen Heinz Müller übernommen.

Mit dem Fall der Mauer wurde es vogelwild

Das Spieljahr 1988/1989 lief noch ganz normal ab. Doch in der Folgesaison 1989/1990 wurde es vogelwild. Übungsleiter Peter Weck behielt trotz der Aufbruchstimmung und zahlreicher Abwanderungen im Vereinsumfeld die Nerven. "Wir hatten zwischenzeitlich kein Geld, keine professionelle Vereinsführung und eigentlich auch gar keine ausreichende Spielerdecke. Aber unsere Jungs hatten wirklich Charakter. Die haben ordentlich trainiert. Mit 15 Leuten sind wir durch die Saison marschiert", stellt Peter Weck im Nachhinein fest. In der neu gegründeten Sachsenliga verloren die Plauener zwar das Auftaktspiel am 8. September 1990. VFC-Historiker Volker Herold: "Die Spielvereinigung Zschopau besiegte uns mit 2:1. Es war für unsere Jungs die einzige Niederlage der Hinrunde. Urplötzlich war Plauen Herbstmeister!" Peter Weck weiß noch genau, wie schwer es seinen Jungs fiel. Doch der VFC schaffte in Thalheim und zu Hause gegen Gröditz jeweils ein 2:2-Unentschieden und zum Auftakt der Rückrunde gab es gegen Zschopau ein 0:0-Remis. Auch die Niederlage im Vogtlandstadion gegen Wismut Pirna-Copitz (0:1) und die beiden 2:2-Unentschieden in Zittau sowie zu Hause gegen Grimma waren nur kleinere Rückschläge. Mit einer Serie von sieben Siegen in Folge - höchster Sieg 4:0 gegen den FSV Wurzen - feierte der VFC Plauen am Ende die souveräne Meisterschaft. 30 Jahre ist das her!

Sogar der Kicker berichtet über den ersten Sachsenmeister

Auch das Fachmagazin Kicker berichtete. Das war etwas ganz besonderes für die Fußballprovinz. Plauen lag in der Tabelle nach 15 Siegen, fünf Unentschieden und zwei Niederlagen mit 35:9 Punkten und 45:20 Toren uneinholbar vorn. Die Verfolger - der SSV Fortschritt Neustadt (29:15 Punkte | 45:29 Tore) und die SpVgg Zschopau (28:16 | 42:20) konnten nicht mithalten. Der VFC war damit der erste Fußball-Sachsenmeister nach der politischen Wende. Insgesamt trugen sich 13 Kicker in die Torschützenliste ein. Uwe "Broiler" Hahn avancierte mit 16 Treffern zum Torschützenkönig. Den fehlenden Punkt zum Titel feierten dann 1.000 Zuschauer im Vogtlandstadion. Der ebenfalls leider verstorbene Berichterstatter Gottfried Indlekofer konstatierte: "Das gewachsene Leistungsvermögen der Mannschaft kam damals auch in Fair-Play-Wertung zum Ausdruck. Die Mannschaft beklagte keinen einzigen Platzverweis. Sie hatte immer eine sportliche Lösung."

Es folgte der sofortige Abstieg

Und so ging's weiter: "Dass wir mit unserer Mini-Mannschaft in der Amateur-Oberliga nicht mithalten konnten, haben wir dann schnell zu spüren bekommen. In höchsten Amateurklasse Deutschlands tummelten sich lauter prominente Vereine. Die waren eine Nummer zu groß", erinnert sich Peter Weck an das Folgejahr. Voller stolz aber darf seine Mannschaft für sich behaupten, dass sie das Tor zur großen Fußballwelt aufgestoßen hatte. Plauen wurde urplötzlich überregional wahrgenommen. Die Stadt hatte Blut geleckt. Der Verein wurde interessant für Sponsoren, die zunächst aus dem Westen kamen. Und es wechselten dann in den Folgejahren auch gute Fußballer nach Plauen. Ohne diesen "Ersten Sachsenmeister nach der Wende" wäre das alles wahrscheinlich so nie passiert!

Der VFC Plauen 1990/1991

Trainer Peter Weck, Co-Trainer Andreas Meyer, Manager Peter Fränkel, Mannschaftsarzt Dr. Normann Haßler

Spieler: Henry Scheithauer, Jens Golle, Kapitän Uwe Hahn, Lothar Goller, Stefan Häußler, Mathias Köhler, Jens-Peter Zschach, Jens Dick, Ron Orlamünder, Peter Georgi, Thomas Wolfrum, Jens Gühl, Robby Doege, Thomas Sesselmann, Mario Wülfert

Anschlusskader Thomas Leutloff, Frank Wunderlich