Triebel. "Ich spüre die große Unzufriedenheit. Wir müssen darüber reden, die Probleme benennen, uns auf den Weg machen." Michael Kretschmer (CDU) beantwortete in Triebel zwei Stunden lang geduldig alles, was den Bürgern unter den Nägeln brannte. Seit 2017 ist der Lausitzer Ministerpräsident. Ob er nach der nächsten Wahl im September weitermachen darf, das bestimmen die Wähler. In Triebel war es so: Mehrfach bedankten sich die Redner und Fragensteller bei ihm für die klare Kante, die dem Politiker bundesweit immer wieder auch scharfen Gegenwind einbringt. Auch aus den eigenen Reihen. "Bitte machen Sie so weiter. Wir Sachsen dürfen uns nicht alles gefallen lassen." Solche Sätze fielen, der vollbesetzte Saal applaudierte. Triebels Bürgermeister Udo Seeger (Freie Wähler) moderierte die Diskussionsrunde.

Stoffstrombilanz: Michael Kretschmer wird im Bundesrat nicht zustimmen

Gibt es vielleicht schon im Winter die nächsten Bauernproteste? Die letzte Frage beim Besuch des Ministerpräsidenten in Triebel hatte es in sich. Landtagskandidat Marcus Fritsch (CDU) trat ans Mikrofon: "Herr Ministerpräsident: Wie wird sich Sachsen zur geplanten Einführung der Stoffstrombilanz im Bundesrat positionieren?" Michael Kretschmer stellte klar: "Wir werden nicht zustimmen. Aber das wird vielleicht nicht reichen." Die meisten Zuhörer im restlos ausgebuchten Kulturhaus verstanden kein Wort. "Was ist eine Stoffstrombilanz?", fragte sich so mancher. Andreas Heinz ist der Agrarpolitische Sprecher der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages: "Die Stoffstrombilanz ist unserer Meinung nach absolut überflüssig! Das EU-Recht schreibt sie nicht vor. Nur der Bund beharrt darauf, weil dies mit der EU-Kommission so vereinbart sei, damit diese auf Strafzahlungen gegen Deutschland wegen der Nicht-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie verzichtet."

Andreas Heinz fordert: "Das Gesetz ablehnen!"

Andreas Heinz (64) ist der Wahlkreisabgeordnete und zugleich Landwirt im Nebenerwerb. Seit 1976 arbeitet der gebürtige Plauener im Agrarbereich. Er teilt dem BLICK mit: "Der Agrarausschuss des Bundesrates hat mit deutlicher Mehrheit die Stoffstrombilanz abgelehnt. Elf Bundesländer stimmten in der vergangenen Woche gegen das entsprechende Düngegesetz, nur fünf dafür, eins davon war Sachsen! Dabei war die Abschaffung der Stoffstrombilanz die zentrale Forderung bei allen Bürokratieabbaurunden", heißt es in der Erklärung. Selten hat man den Politiker in 33 Jahren so aufgebracht erlebt: "Ich erwarte, dass auch Sachsen ernst macht beim Bürokratieabbau in der Landwirtschaft. Dazu zählt auch ein Düngerecht, das anders als der aktuell vorliegende Entwurf sich an der Praxis orientiert. Die Stoffstrombilanz ist nur aufwändige Bürokratie mit sehr begrenztem Erkenntnisgewinn", schreibt Andreas Heinz und fordert zur Schlussabstimmung am 5. Juli das Gesetz abzulehnen.

Hintergrund

Seit Januar 2023 gelten erweiterte Vorgaben nach der im Jahr 2018 in Kraft getretenen Stoff-Strom-Bilanzverordnung. Demnach müssen Betriebe mit mehr als 20 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche oder Betriebe mit mehr als 50 Großvieheinheiten die Regelungen zu den Aufzeichnungen beachten. Mit der Stoffstrombilanz sollen die Nährstoffflüsse in einem landwirtschaftlichen Betrieb dargestellt werden. Diese Bilanzierungsform ist zusätzlich zum Nährstoffvergleich nach der Düngeverordnung eingeführt worden. Der zusätzliche Aufwand wäre immens.

"Unnötiger, zusätzlicher Bürokratie entgegentreten!"

"Land & Forst" erklärt dazu in seiner Onlineausgabe: Bleibt es am Freitag, den 5. Juli bei der mehrheitlichen Ablehnung der Bundesländer im Bundesrat, landet das Düngegesetz im Vermittlungsausschuss. So haben elf Bundesländer am Montag (17. Juni) im Agrarausschuss gegen das Düngegesetz gestimmt, nur fünf dafür. Die Mehrheit der Bundesländer lehnt vor allem die geplante Stoffstrombilanz ab. Damit wollen die Länder beim Bürokratieabbau Ernst machen. Aus ihrer Sicht ist die Stoffstrombilanz überflüssig, auch das EU-Recht schreibe diese nicht vor. Nach Auffassung des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministers Werner Schwarz (CDU) müssen Landwirte schon jetzt eine Vielzahl von Vorschriften und Auflagen bei ihrer täglichen Arbeit beachten. "Land & Forst" zitiert Werner Schwarz: "Mir ist es daher wichtig, unnötiger zusätzlicher Bürokratie entgegenzutreten und konkrete Entlastungen für unsere Landwirtinnen und Landwirte zu schaffen. Dazu zählt auch ein Düngerecht, das - anders als der aktuell vorliegende Entwurf - praxisgerecht ausgestaltet ist."

Montag

Am Montag gibt es bei BLICK.de einen Beitrag zur Diskussion, die Constanze Süßdorf-Schönstein in Triebel angestoßen hatte. Die Apothekerin aus Oelsnitz äußerte sich zum Aus der PTA-Schule in Plauen. In der letzten Klasse werden nur noch sechs Pharmazeutisch-technische Assistenten ausgebildet. Danach ist Schluss. Es droht eine Mangelversorgung in den Apotheken. Deutschland verliert laut Statistik jeden Tag eine Apotheke.