Plauen. Holger Korschelt ist eine Institution im Schiedsrichterwesen. Der legendäre Helmut Bley hat ihn kürzlich als Flaggschiff des Vogtlandes bezeichnet. Schon seit 50 Jahren ist der Plauener auf den Fußballplätzen Mitteldeutschlands zu Hause. Ob in Dresden, Chemnitz, Zwickau oder Aue. Seine Expertise wird bis heute allseits geschätzt. Sein größtes Spiel: Borussia Dortmund gegen Hansa Rostock im Berliner Olympiastadion. Das Testspiel leitete Helmut Bley. Andreas Walter und Holger Korschelt hießen die Assistenten.

Holger gehörte zu den Besten

"Eigentlich muss aber über mich keiner mehr was schreiben. Das habt ihr Reporter doch während meiner aktiven Zeit schon genug getan", lacht der Unparteiische, der mit seiner strengen, zuverlässigen Linie einige Jahre zu den 100 besten Pfeifenmännern Ostdeutschlands zählte. Im Rückspiegel zeigt der heute 67-Jährige nach vorn: "Meine Superfrau Andrea macht das mit mir schon seit 39 Jahren mit. Ganz ehrlich: Ohne sie hätte ich das alles nicht machen können und wir wären vermutlich auch geschäftlich nicht so erfolgreich gewesen", sagt der Unternehmer, der vor 29 Jahren das Fachgeschäft "fair play sport" auf der Bahnhofstraße eröffnete und es inzwischen an seinen Sohn Michael sowie Thomas Götz übergeben hat. Seine Andrea hat ihn zu ganz vielen Spielen begleitet und dann beim VFC Plauen sogar einige Jahre die Schiedsrichter betreut. "Sie hat mir im Geschäft und zu Hause immer den Rücken freigehalten", weiß Holger um die großen Verdienste seiner Frau.

Ein Bilderbuchkarriere

Im Laden auf der Bahnhofstraße ist es genauso wie im Fußball. Holger hat eigentlich aufgehört. "Aber er ist eben trotzdem noch da und bringt sein Wissen ein. Ganz in Ruhe", freut sich Lars Albert (Tannenbergsthal, RB Leipzig). Der gegenwärtig höchstklassige Schiedsrichter spricht voller Hochachtung vom Sportkameraden Holger Korschelt, der als Spielleiter (1973 - 2011, davon 29 Jahre höherklassig) und bis heute als Schiedsrichterbeobachter (seit 2002) insgesamt über 2.600 Fußballspiele auf dem Buckel hat. "An meinem 17. Geburtstag, es war der 25. November 1973, habe ich das erste Spiel gepfiffen. Weil nach diesem C-Jugendduell zwischen Kürbitz und Fortschritt Plauen die A-Jugend ohne Schiedsrichter dastand, hab ich gleich weitergemacht", lacht der Sportverrückte, der mit 19 Jahren seine eigenen Fußballschuhe an den Nagel hing." Es folgte eine Bilderbuchkarriere mit Aufstiegen in die Bezirksklasse (1978) und Bezirksliga (1980). In über 100 DDR-Ligaspielen stand Holger Korschelt als Assistent an der Linie. Für alle jüngeren Sportfreunde: Die DDR-Liga war seinerzeit die zweithöchste Spielklasse im Osten.

Nach der Wende: "Das war die schönste Zeit"

Nach der Wiedervereinigung folgten 122 Schiedsrichtereinsätze in der Landesliga (1990 - 2001) und zwischen 1994 und 1998 fungierte Holger in mehr als 50 Regionalligaspielen (3. Liga) als Linienrichter. Es war seine schönste Zeit. Beim genauen Hinschauen fällt auf: Holger Korschelt gehörte zwischenzeitlich sogar zur DDR-Kaderschmiede. Er war für ganz oben vorgesehen. "Ich bin dort aber rausgeflogen, weil ich in meiner Funktion als Vereinsfunktionär einen gegnerischen Spieler beleidigt habe", verrät der einstige Sektionsleiter und 2. Vorsitzende der BSG Chemie, später SV Concordia. Von 1996 bis 2012 arbeitete Holger Korschelt im Schiedsrichterausschuss des Kreisverbandes als Vorsitzender, als Schiedsrichteransetzer sowie Verantwortlicher für Beobachtungen. Große Namen der Schiedsrichterzunft kann der Schiri aufzählen: "Ich war zu DDR-Zeiten mit Volker Meinel, Jochen Wolf, Bernd Fischer und Klaus Markardt unterwegs. Und nach der Wende dann mit Udo Fritzsch, Lutz Rosenkranz, Jürgen Heinz sowie Manfred und Siegfried Jahn. In der Regionalliga durfte ich mit Torsten Junghof und Andreas Walter ein Trio bilden", zählt Holger Korschelt auf.

Große Spiele

Ganz große Spiele durfte der heutige Theumaer leiten. Das 1997er Pokalfinale der A-Junioren zwischen dem Chemnitzer FC und Dynamo Dresden war darunter. Ein Jahr zuvor leitete Holger Korschelt kurzfristig den internationalen Vergleich zwischen dem VFC Plauen und Dinamo Bukarest. Beim Europapokalstarter aus Rumänien war am Vortag ein Spieler ausgetickt. Wegen dessen Spuckattacke gegen den Schiedsrichter erhielt Holger Korschelt einen abendlichen Anruf. "Der Verband hatte sich entschlossen, den Schiedsrichter lieber auszutauschen, um die Sachlage zu beruhigen. Es hat alles gut geklappt", berichtet der Nachrücker. Sehr gerne erinnert er sich an die beiden großen Göltzschtalderbys zwischen dem VfB Auerbach und dem 1. FC Rodewisch in der Landesliga sowie die Besuche in Thalheim und in Döbeln, wo Holger übrigens während seiner Armeezeit für den ASV Vorwärts Döbeln aktiv war. Unvergessen auch das Stadtderby 1996 im Sachsenpokal zwischen Dynamo Dresden (3. Liga) und dem FV Dresden Nord (4. Liga).

Zum Schluss hat er die Uwe-Seeler-Elf gepfiffen

"Mein letztes Spiel in der Landesliga war am letzten Spieltag 2001. Gegenüberstand sich Reichenbrand und Neugersdorf. Es ging für Neugersdorf um den Aufstieg in die Oberliga. Gleich am Anfang war ein Strafstoß für Reichenbrand fällig, da hat sofort die Luft gebrannt. Am Ende gewann Neugersdorf 3:1 und stieg wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber dem VfB Auerbach in die Oberliga auf", schließt Holger Korschelt seine eigene Landesligaakte. Sein allerletztes Spiel als Schiri leitete er am 30. Juli 2011 auf dem Wacker-Platz, als sich in der "Ost die Vogtlandauswahl (Alte Herren) und die Uwe-Seeler-Elf mit "Uns Uwe" gegenüberstanden.