Plauen. "Im Februar 2018 gingen bei mir kurzzeitig die Lichter aus." Als Wilfried Keßler (65) diesen Satz gesprochen hatte, war es mucksmäuschenstill im Oberlosaer Festzelt. Es war der Moment, den es um ein Haar nie gegeben hätte. Bei 2 Prozent sahen die Ärzte damals die Überlebenschancen des Unternehmers, der nach einem schrecklichen Arbeitsunfall ums nackte Überleben kämpfte. Urplötzlich stand die Wilfried Keßler Erdbau- und Abbruch GmbH ohne ihren Frontmann da. Der Schock lähmte alle. Wie soll es ohne das Gehirn, den Macher und Strippenzieher, die Galionsfigur weitergehen?
Alle haben um das Lebenswerk von Wilfried gekämpft
Es wird für immer ein Geheimnis bleiben, woher die Keßlers die Kraft genommen haben, diese schwere Krise so eindrucksvoll zu meistern. Anstatt sich dem bitteren Schicksal zu ergeben, kämpfte die Familie mit ihren 40 Mitarbeitern um das Lebenswerk von Wilfried, der selbst wie durch ein Wunder weiterleben durfte, jedoch für eine Ewigkeit die Kommandobrücke verließ. Viereinhalb Jahre später ist das Unternehmen trotz Coronapandemie und Lieferengpässe in fast allen Branchen so breit und stabil aufgestellt wie noch nie seit der Firmengründung am 21. Mai 1990. "Mit einer Hand voll rostiger Nägel nahm die Expedition vom Unternehmersein ihren Anfang", begann Tochter Stephanie Müller ihren persönlichen Rückblick. Sie ist heute die Prokuristin im Unternehmen "und ich war damals gerade zehn Jahre alt, als Papa einfach kündigte und beschloss, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen. Den entsetzten Blick meiner Mama vergesse ich nie." Der Landwirt Wilfried Keßler war urplötzlich Fuhrunternehmer und sein Unternehmen spezialisierte sich im Laufe der Zeit zu einem namhaften Erdbau- und Abbruchunternehmen in Mitteldeutschland.
Meisterstück an Göltzschtalbrücke abgeliefert
Ein absolutes Meisterstück lieferte die Wilfried Keßler Erdbau- und Abbruch GmbH an der Göltzschtalbrücke ab. Als einer der Vertragspartner der Deutschen Bahn AG gelang es der Plauener Firma im Zuge der Elektrifizierung der Bahnstrecke einen erschütterungsarmen Abbruch der Fahrbahnwanne durchzuführen. Christian Müller ist der Ehemann von Stephanie und seit diesem Jahr der 2. Geschäftsführer in der Firmennachfolge: "Wir haben an der Modernisierung der weltgrößten Ziegelsteinbrücke mitgewirkt. Und auch die Sanierung der Eisenbahnüberführungen Pausaer Straße und Lutherstraße in Plauen, die Deponiesanierungen der Deponie Gippe in Elsterberg und der Deponie Lehmbach in Oelsnitz sowie Spezialabbrüche von Brücken und Schornsteinen haben wir erfolgreich gemeistert." Stephanie Müller ergänzt: "Wir arbeiten regelmäßig für die Deutsche Bahn in definierten Sperrpausen und teilweise unter 'rollendem Rad', das heißt bei einseitigem Gleisbetrieb. Aktuell sind wir im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft an der Sanierung der historischen Eisenbahnüberführung Chemnitzer Viadukt beteiligt."
Wilfried: "Ich danke ganz besonders meiner lieben Frau Marion!"
Die 130 Gäste waren erschienen, um zum einen im Rahmen eines kleinen Oktoberfestes auf den Firmenneubau in Oberlosa anzustoßen. Und natürlich wollten alle wissen, wie es Wilfried Keßler und seiner Familie geht. Diese Frage beantwortete der Firmengründer als gut gelaunter Gastgeber: "Die Jugend, allen voran meine Tochter Stephanie und mein Schwiegersohn Christian, hat das Ruder an sich gerissen, damit das Schiff nicht untergeht. Sie haben das ganz gut gemacht", kommentierte der Papa die unglaubliche Leistung, wobei dieser Erfolg auf mehreren Schultern lastet. Unter anderem sind Veiko Seidel als langjähriger Bauleiter und Junior Christoph Keßler, der inzwischen das Werkstatt-Team für den eigenen Maschinenpark anführt, zu nennen. "Und natürlich ganz besonders meine liebe Frau Marion", weiß Wilfried Keßler, die mit ihm zeitlebens immer selbstlos und uneingeschränkt alle Höhen und Tiefen im Sinne der Firma meisterte.
Ein Zukunftsbetrieb
Unternehmensgründer Wilfried und Ehefrau Marion Keßler, Tochter Stephanie mit Ehemann Christian Müller und Sohn Christoph Keßler möchten den heutigen Tag nutzen, um in aller Öffentlichkeit "unseren tollen Mitarbeitern sowie unseren treuen Auftraggebern beziehungsweise Geschäftspartnern herzlich Dankeschön zu sagen. Ihr habt uns auch nach dem Unglück 2018 weiter zur Seite gestanden, als wäre es selbstverständlich. Dieser Zusammenhalt ist unser Lebenselixier", sagen die Keßlers, die den Schicksalsschlag gemeinsam gemeistert haben und heute als Zukunftsbetrieb mit enormem Potenzial nach vorne schauen. Internet: www.wilfried-kessler.de
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