Plauen. Andriy Zapyshnyi (144 Treffer) und Uwe Hahn (143) galten bislang als die VFC-Torschützenkönige. Jetzt hat sie der 81-jährige Werner Bamberger (176) überholt. Möglich machte das eine Gruppe von Fußballhistorikern.
Wie im Märchen...
Diese Geschichte klingt fast wie ein Märchen: Kann ein Stürmer 48 Jahre nach seinem letzten großen Fußballspiel tatsächlich noch einmal durchstarten? Er kann. Hintergrund ist die ausführliche Recherche einer Gruppe von Fußballhistorikern, die in den unvollständigen Unterlagen der 1960er und 1970er Jahre nachkontrolliert hat. "Es stand für mich schon lange fest, dass Werner Bamberger nicht nur 111 Tore erzielt haben kann. Es müssen viel, viel mehr Tore gewesen sein", beteuert Rainer Hopf. Der heute 71-Jährige hatte die Spitzenstadt 1978 verlassen, blieb ihr aber bis heute verbunden, obwohl der Plauener inzwischen im hohen Norden in Schleswig lebt.
Rainer Hopf hat den Irrtum bemerkt
Rainer Hopf saß ausgerechnet beim Heimatbesuch am 1. Juni 2008 im Vogtlandstadion auf der Tribüne, als "Zapy" beim 2:1-Sieg gegen Halberstadt sein 144stes Tor für Plauen erzielte und so als Rekordtorschützenkönig gefeiert wurde. Zuvor hatten Andriy Zapyshnyi und Uwe Hahn gemeinsam zum freundschaftlichen Ehrenanstoß diesen historischen Moment in den heiligen Rasen "gebrannt". Rainer Hopf aber fand fortan keine Ruhe mehr. "Werner hatte seinerzeit gefühlt in jedem dritten Spiel getroffen und er hat über zehn Jahre bei der BSG Motor Wema gespielt", weiß der Fan des Plauener Fußballs. Dann begann Rainer selbst zu forschen und er fand irgendwann den VFC-Historiker Volker Herold, der wiederum vor fünf Jahren das Vereinsarchiv von Jens "Niko" Flämig übernommen hatte und zudem auch selbst viele eigene, neue Quellen auftat. "Heute gibt es für alles Datenbanken. Aber die ersten zwei Jahrzehnte nach dem Krieg ist vieles unvollständig und es dauert einfach seine Zeit, bis man zum Beispiel die Trefferanzahl von Werner Bamberger wirklich zuverlässig nachweisen kann", erzählt Volker Herold. 176 Tore kann der Historiker nun nachweisen. Vielleicht werden es irgendwann sogar noch mehr, denn noch existiert nicht für jedes Plauener Spielergebnis eine Statistik, wo auch die Torschützen aufgelistet sind.
Volker Herold hat nachgezählt
Volker Herold erläutert: "Werner Bamberger erzielte zwischen 1964 und 1973 in 239 DDR-Liga-Spielen 111 Tore. Unberücksichtigt blieben bisher jedoch die Spielzeiten von 1959 und 1960 in der 2. DDR-Liga sowie die Spielzeit 1962/63 in 2. DDR-Liga und 1963/64 in der Bezirksliga Karl-Marx-Stadt", so der Fußballhistoriker. Er kommt zum vorläufigen Endergebnis: "Für die letztgenannten Spielzeiten können mit Meisterschaft und Aufstiegsrunde 21 Tore und für die Saison 1963/64 32 Tore nachgewiesen werden. Weiterhin können vier Tore für die Spielzeit 1959 und für die Spielzeit 1960 acht Tore nachgewiesen werden. Insgesamt schlagen somit vorläufig 176 Tore in Punktspielen zu Buche." Mit Blick auf die Anfangsjahre 1959 und 1960 sind noch etwa 35 Spiele zu prüfen. Die Suche nach entsprechendem Material läuft.
27. Mai 2022: Plauen feiert Andriy Zapyshnyi, Uwe Hahn und Werner Bamberger
Für alle jüngeren Leser: Werner Bamberger ist ein Fußballidol, der mit seinen Kumpels in den 1950er- bis 1970er-Jahren die Massen elektrisierte. Ob Rotation, Wismut oder Motor Wema Plauen. Tausende Fans pilgerten zu den Spielen. Mit 20 Jahren ließ sich Werner überreden und wechselte zum SC Wismut Karl-Marx-Stadt, der seinerzeit in Aue spielte. "Im Europapokal gegen Rapid Wien schoss ich gleich ein Tor. Wir haben 2:0 gewonnen", erinnert sich Werner Bamberger. Aber er wollte schon nach anderthalb Jahren wieder heim. "Plauen ist mein zu Hause!" Die Sportfunktionäre aus der Bezirkshauptstadt haben den 21-Jährigen per Strafversetzung in den Bergbau geschickt. Egal. Werner ging zurück nach Plauen, wurde zum "Gerd Müller der Spitzenstadt" und zum Superstürmer. Genau dieser Augenblick war die Geburtsstunde der großen Plauener Erfolgsgeschichte. Alle nachfolgenden Generationen haben von jener spitzenstädtischen Wiederauferstehung profitiert. Am 27. Mai 2022 findet das größte VFC-Treffen aller Zeiten statt. Dann werden Andriy Zapyshnyi, Uwe Hahn und Werner Bamberger als Rekordtorschützen die etwa 250 ehemaligen Fußballer anführen.
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