Plauen. Das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation kommt nach Halle. Die viertgrößte Stadt Ostdeutschlands bekommt vom Bund einmalig 200 Millionen Euro sowie jährlich 40 Millionen Euro für die Betreibung. Frankfurt/Oder hat demnach den zweiten Platz belegt. Als Doppelbewerber ist Plauen/Leipzig auf Platz drei eingekommen. In der Spitzenstadt stößt das Juryurteil ziemlich vielen Hauptverantwortlichen übel auf. Lange gab es nicht so viel Kritik an einer politischen Entscheidung. Zuletzt war das beim Verlust der Kreisfreiheit der Fall. Dass in der Folge in Plauen immer wieder rechtsextremistische Gruppen zum Zuge kamen, hängt aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem für Frust und Groll fruchtbaren Boden zusammen, den diese ausblutende Stadt nach diesem Aderlass inzwischen bietet.
Auch Stadtrat Bernd Stubenrauch meldet sich zu Wort
Stadtrat Bernd Stubenrauch schreibt in einer Erklärung: "Zunächst möchte ich der Stadt Halle/Saale zum Sieg bei der Entscheidung gratulieren. Für uns, die Plauenerinnen und Plauener, ist es natürlich eine große Enttäuschung. Es hat derjenige gewonnen, der einen Hochschulstandort, einen ICE-Bahnanschluss, hochkarätige Bildungs- und Forschungseinrichtungen und das Thema Transformation in den Vordergrund gestellt hat. Eine Million Besucher pro Jahr ist für Halle/Saale eine Marke. Davon wird nach meiner Meinung auch die Stadt Leipzig profitieren. Beide Städte liegen nur 35 Kilometer auseinander. Die Übernachtungszahlen in Leipzig werden steigen. Ein Schelm wer dabei Schlechtes denkt. Scheinbar haben wir Plauener den Arbeitstitel "Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation" zu ernst genommen", glaubt Bernd Stubenrauch.
Wieder gegen den ländliche Raum entschieden
Der SPD-Stadtrat findet: "Für die Menschen, die 1989 in Plauen auf die Straße gegangen sind, die Mitverantwortung für die Deutsche Einheit tragen, ist es eine Abwertung ihres Mutes. Wir lassen uns aber nicht entmutigen und arbeiten weiter daran, dass Plauen den Platz einnimmt, den es in der Geschichte verdient hat. Als Mitglied der AG Plauen fällt es mir trotzdem schwer, die Entscheidung der Jury für den Standort Halle/Saale zu verstehen. Das von der Politik immer in den Vordergrund gestellte Versprechen, den ländlichen Raum bei der Weiterentwicklung zu stärken, wurde mit der Wahl Halle/Saale ad Absurdum gestellt. Halle hat weder ländlichen Raum noch die internationale Anbindung an ein anderes osteuropäisches Land zu bieten. Plauen liegt im Dreiländereck zu Tschechien, Bayern und Thüringen. Hier hätten die zwischenmenschlichen Beziehungen und Transformationserfahrungen in den möglichen Standort des Zukunftszentrums in Plauen gelebt werden können."
Großer Aderlass
"Die Spitzenstadt Plauen hat nach der Wende einen hohen Aderlass an Unternehmen zu verzeichnen, der Aderlass setzte sich durch den Verlust der Kreisfreiheit 2008 fort. Das in unserer Bewerbung für das Zukunftszentrum dargelegte Konzept für die Entwicklung des ländlichen Raumes wurde seitens der Jury völlig außer Acht gelassen. Kritisch erwähnen möchte ich und das bestärkt meinen Eindruck, dass eine gewisse parteipolitische Connection den Standort Halle/Saale von Anfang an favorisiert hat und die anderen Bewerbungen nur Staffage waren. Die Zusammensetzung der Jury entschärft nicht unbedingt meinen Eindruck", so Bernd Stubenrauch.
Die Jury war nicht in Plauen
Er nennt zwei Beispiele: "Die Ablehnung der Jury, die Stadt Plauen zu besuchen, und unsere Idee Zukunftszug in die Bewertung des Standortes Plauen aufzunehmen, macht mich ebenfalls nachdenklich. Nicht einmal in Leipzig hat die Jury unter Vorsitz von Frau Katrin Budde Zeit gefunden, den auf einem Bahnsteig abgestellten Zukunftszug zu besuchen. Diese Idee, dass der Zukunftszug Menschen unterschiedlicher Couleur national und international zusammenführen kann, sie von der pulsierenden Großstadt in den ländlichen Raum bringt, sie wurde einfach negiert. Für mich, der den Zukunftszug mit ins Leben gerufen hat, war das ein Schlag in die Magengrube."
Leipzig und Plauen haben gut zusammengearbeitet
"Trotz alledem kann ich versichern, dass die Arbeitsgruppen Leipzig und Plauen hervorragend in Bezug auf die gemeinsame Bewerbung zusammen gearbeitet haben. Leipzig und Plauen haben voneinander profitiert und ich erwarte, dass es auch in der Zukunft weitere Möglichkeiten gibt, die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten fortzusetzen. Wir Plauener werden jetzt alle Anstrengungen unternehmen, denjenigen gerecht zu werden, die 1989 auf die Straße gegangen sind und damit den Grundstein für die Deutsche Einheit gelegt haben. Ein Stadtratsbeschluss untermauert meine Feststellung, denn in unseren Bewerbungsdokumenten ist der 7. Oktober 1989 ein nicht unwesentlicher Bestandteil gewesen. Jetzt können wir das bereits geplante Informations- und Dokumentationszentrum weiter verfolgen. Das Gebäude dafür ist bereits ausgewählt.
Hier sollte unser Freistaat helfen, für den Ausbau dieses Gebäudes finanzielle Mittel bereit zu stellen. Ohne finanzielle Unterstützung ist eine Fertigstellung dieses Zentrums nicht zu benennen."
Plauen wird als Trittbrettfahrer bezeichnet
Bernd Stubenrauch stellt abschließend fest: "Die Unterstützung, die Leipzig und Plauen von der vogtländischen CDU-Bundestagsabgeordneten und Vizepräsidentin des Bundestages Yvonne Magwas erhalten hat, war beispielgebend. Ihr Herzblut schlug für uns. Vermisst habe ich das Gleiche von meinem Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordneten Detlef Müller. Plauen als Trittbrettfahrer zu bezeichnen ist unterirdisch."
Das Fazit
"Mein Fazit: Plauen ist in den Fokus nationaler Medien gerückt. Es wird sich eine Chance ergeben, gemeinsam mit Leipzig die bereits erfolgte Zusammenarbeit zu vertiefen. Gegenseitig können wir voneinander auf den Gebieten Bildung, Kunst und Kultur profitieren. Plauen und Leipzig haben nicht verloren. Bernd Stubenrauch, Stadtrat und Mitglied der Arbeitsgruppe Bewerbung für das Zukunftszentrum", schreibt Bernd Stubenrauch.
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