Plauen. "Unsere Wirtschaft braucht Beinfreiheit!" Mit dieser Forderung von Präsident Karsten Kroll startete die IHK Regionalkammer Plauen ein spannendes Projekt. "Es geht in diesem Jahr ganz besonders um die Zukunft der Mittelstandsunterstützung", stellte Sina Krieger als Geschäftsführerin der IHK Regionalkammer Plauen voran. Dafür will man sich einsetzen. Zum Dialog mit der Sächsischen Aufbaubank waren nicht nur 100 Unternehmerinnen und Unternehmer gekommen. Im Podium erschien mit Dr. Katrin Leonhardt die Vorsitzende des Vorstandes der Sächsischen Aufbaubank (SAB).

 

30 Prozent der Unternehmen mit negativer Investitionsbilanz

Weil 30 Prozent der IHK-Mietgliedsunternehmen eine negative Investitionsbilanz ausweisen, wird der ohnehin schon enorme Transformationsprozess in den kommenden Jahren sicherlich noch schwieriger. "Dabei sind gut gemeinte Förderprogramme oft zu kompliziert. Kleine und Kleinstfirmen scheitern daran", moniert der vogtländische IHK-Präsident Karsten Kroll. Es muss etwas getan werden. Der Landtagsabgeordnete Sören Vogt hatte deshalb die SAB-Chefin nach Plauen eingeladen.

 

1.150 SAB-Beschäftigte haben 2,85 Milliarden Euro ausgereicht

Im anschließenden Impulsvortrag überraschte Dr. Katrin Leonhardt immer wieder. "Der SAB stehen als Förderbank 170 Förderprogramme zur Verfügung. Unsere 1.150 Beschäftigten haben in 2023 2,85 Milliarden Euro Fördergeld ausgereicht", stellte die SAB-Vorsitzende fest und fügte hinzu: "Dass wir auch unbürokratisch sein können, haben die letzten Jahre deutlich gezeigt. Immerhin haben wir in kurzer Zeit 3 Milliarden Euro Coronahilfe in die Unternehmen fließen lassen." Dr. Katrin Leonhardt schaffte den Spagat. Der erhoffte Dialog kam in Plauen zustande. "Bei so viel staatlichem Geld sind wir einfach gezwungen, genau hinzuschauen. Bürokratie ist mitunter ganz wichtig, gerade wenn es um Steuergeld geht", verteidigte die Bankchefin die Arbeit ihres Hauses.

540 Millionen Euro Fördergeld für die vogtländische Wirtschaft

Die SAB hatte von 2019 bis 2023 immerhin 540 Millionen Euro Fördergeld in die vogtländische Wirtschaft "gepumpt". Solche Einblicke in die Rahmenbedingungen und Zukunftsthemen der Mittelstandsförderung bekommt man selten. Dass künftig noch mehr Bürokratie zu befürchten ist, sprach Dr. Katrin Leonhardt ebenfalls an. Denn künftig ist ihr Haus an neue EU-Richtlinien gebunden. "Es geht in Zukunft darum, dass die Unternehmen uns gegenüber ihre Umweltfreundlichkeit nachweisen sollen. So verlangt es der Gesetzgeber", betonte die SAB-Vorsitzende. Eingeführt wird die EU-Taxonomie.

 

Nachweispflicht für Unternehmen wird noch umfangreicher

Dazu muss man wissen. dass im Bereich Förderung und Finanzierung kleine und mittelständische Unternehmen zunehmend Umwelt- und Klimaaspekte beachten müssen. Antragsteller sehen sich oft mit Fragen zur Erfüllung der Voraussetzungen konfrontiert, die in den Fördermittelrichtlinien verankert sind. Referentin Yvonne Kirchhoff ist die Leiterin Firmenkunden der Deutschen Bank: "Kennen Sie für Ihr Unternehmen den CO2-Fußabdruck? Nachhaltigkeitsberichte und Umweltbilanzen werden für die zukünftige Unternehmensfinanzierung immer bedeutender. Wir stellen bereits einen CO2-Umrechner auf unserer Internetseite zur Verfügung", informierte Yvonne Kirchhoff. "2050 soll die EU klimaneutral sein. Da wird es viele Veränderungen geben in nächster Zeit", ist die Expertin sicher. Die Nachweispflicht für Unternehmen wird noch umfangreicher.

 

"Dürfen der Wirtschaft nicht die Luft unter den Flügeln nehmen!"

Der Landtagsabgeordnete Sören Voigt hatte den Besuch der SAB-Vorsitzenden organisiert: "Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld. Wir brauchen als Land einen europäischen Markt. Ich bin jedoch erschrocken, als die Dimension der EU-Taxonomie deutlich geworden ist, weil das noch mehr Bürokratie bedeutet. Wenn wir der Wirtschaft die Luft unter den Flügeln nehmen, stürzen wir ab. Wir müssen in zukunftsfähige Bereiche investieren und viel genauer hinschauen, wo wir das tun", forderte Sören Voigt, der im Landtag Erster stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender und Parlamentarischer Geschäftsführer ist.

 

Fördermittelkulisse muss aktuellen Bedürfnissen angepasst werden

Sina Krieger: "Wer baut, der braucht eine Finanzierung. Je geringer der Anreiz, desto weniger wird investiert. Wenn wir künftig weniger finanzielle Zuschüsse zur Verfügung haben, brauchen wir erst recht eine Fördermittelkulisse, die den aktuellen Bedürfnissen angepasst wird. Die immer weiter steigende Nachweispflicht der Unternehmen ist vor allem für unsere kleinteilige Wirtschaft im Vogtland nicht mehr zukunftsfähig." Der Landtagskandidat Jörg Schmidt (CDU) meldete sich zu Wort: "Niedrigschwellige, attraktive Finanzierungsangebote wären eigentlich gerade jetzt wichtig, wenn Unternehmen in die Zukunft investieren sollen. Die neue EU-Taxonomie wird vermutlich genau das Gegenteil bewirken. Ich bin dagegen."

Erörtert wurden in der Podiumsdiskussion drängende Fragen, wie die Zukunft der einzelbetrieblichen Förderung, die Rolle des Nachhaltigkeitsgedankens und die Gestaltung von Förderprogrammen aus Unternehmersicht. Die hochkarätige Informations- und Netzwerkveranstaltung bot zwei Stunden lang aufschlussreiche Ansichten von den Experten. Auf dem "Markt der Möglichkeiten" konnten sich zudem die Anwesenden an Infoständen informieren.