Schneckengrün/Leubnitz. Es war ein würdiger, ein leiser Abschied. Helmut Hertel hätte am kommenden Freitag seinen 86. Geburtstag gefeiert. In Leubnitz verneigten sich Familie und Freunde ein letztes Mal. Auch Handballer wie Ullrich Dressel und Falko Schlemme waren gekommen, um Dankeschön zu sagen. 26 Jahre fungierte Helmut Hertel als Handballfunktionär für Sachsen. Von 1992 war der Vogtländer der Staffelleiter der Handball-Sachsenliga (früher Oberliga Sachsen). Den Staffelstab hatte Helmut am 1. Juli 2018 an Andreas Krohn weiter gegeben. Zwischen 2002 und 2015 zeichnete der in Schneckengrün bei Plauen geborene Wema-Schlosser auch für den Sachsenpokal verantwortlich. Der Sächsische Handballverband würdigt Helmut Hertel: "Der früher als Außendienstmonteur tätige Familienvater übte sein Ehrenamt über Jahrzehnte äußerst exakt und zuverlässig aus."

Helmut hat nie Handball gespielt

Bemerkenswert: Helmut Hertel spielte selbst nie Handball. Weshalb der eigentliche Fußballer in einer für ihn fremden Sportart solch ein hohes Amt begleiten durfte? Sportjournalist Knut Berger erzählt: "Dass der ehemalige Außendienstmonteur schließlich doch zum Handball konvertierte, ist eigentlich dem Sportlehrer seines Sohnes Lutz zu verdanken. Hertel junior verfügte im zarten Alter von zehn Jahren nicht gerade über die Idealfigur. Um dies zu ändern, empfahl der Pädagoge eine sportliche Betätigung in einer Handballmannschaft", schreibt Knut Berger. Daraus entwickelte sich eine recht bemerkenswerte Laufbahn, in der jener Lutz Hertel unter anderem mit Wismut Aue in der Junioren-Oberliga der DDR spielte. Später kehrte er zu seinem Heimatverein SV 04 Oberlosa zurück. "In der Saison 1990/91 hatten wir als Zweiter der Abschlusstabelle die Chance, in die Sachsenliga aufzusteigen", erinnert sich Sohn Lutz. "Uns wurde aber in diesem Zusammenhang vom HVS nachdrücklich ans Herz gelegt, dafür auch einen Funktionär zu stellen", ergänzt der Junior. Und was lag da näher, als den eigenen Vater für diese Aufgabe zu begeistern?

Helmut Hertel sprang ein

Dazu muss man wissen. Mit dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR brachen im Sport zunächst viele Strukturen zusammen. Der Neustart war geprägt von unglaublichem Personalmangel. Denn die Menschen hatten neben der neu gewonnenen Reisefreiheit auch Arbeitsplatzsorgen und ganz viele verließen jetzt Sachsen, weil im Freistaat zunächst hunderte Betriebe schlossen. Genau in jener Zeit erklärte sich Helmut Hertel bereit, ein solch wichtiges Ehrenamt zu übernehmen. Der Handball-Funktionär Helmut Hertel wurde Anfang der 1990er Jahre geboren. Der ehemalige Oberlosa-Manager Rico Michel erinnert sich: "Wir haben gut zusammen gearbeitet. Einmal hatten wir eine richtig heftige Auseinandersetzung. Die Auslosung im Pokal hatte ergeben, dass wir mit Oberlosa auswärts beim damals drei Ligen höher spielenden ESV Lok Pirna antreten mussten", berichtet Rico Michel. So stand es in den Durchführungsbestimmungen. Wenig später wurden die Bestimmungen dahingehend geändert, dass unterklassige Vereine Heimrecht haben. Helmut Hertel war kein Lautsprecher, sondern ein fleißiger, gewissenhafter Arbeiter, der sich nie in den Mittelpunkt drängte. Und Helmut sprang ein, als keiner da war. Helmut Hertel lebt im Verein weiter. Denn nach Sohn Lutz sind nun Enkel Louis und Enkelin Elli beim SV 04 Oberlosa am Start. Seine Familie und die Freunde werden ihn nicht vergessen.