Plauen. Es war das größte Frauenfußballspiel der vogtländischen Sportgeschichte. Vor 20 Jahren reiste der amtierende Deutsche Meister und DFB-Pokalsieger zum Pflichtspiel an. Im Vogtlandstadion warteten fast 1.000 Zuschauer auf Birgit Prinz, Steffi Jones, Renate Lingor, Pia Wunderlich, Nia Künzer und den 1. FFC Frankfurt. In Plauen stellte man sich die Frage: Kann die SG Jößnitz gegen die internationale Elite irgendwie mithalten? Die kurze Antwort: Nein. Am Ende stand es 1:20.
Gegen die beste Mannschaft Deutschlands
Stefanie Hartmann (heute Diersch) erinnert sich: "Wenn ich an das Spiel denke, hab ich eigentlich nur Aufregung, übelsten Muskelkater, Biancas Geburtstag und das tolle Entspannungsbecken nach dem Spiel mit ganz viel Sekt im Kopf", lacht die damalige Stürmerin. Und Stefanie ergänzt: "Das war seinerzeit für uns eine ganz schlimme, peinliche Niederlage." Heute - 20 Jahre später - ist erst einmal richtig klar, was diese SG Jößnitz an jenem 7. September 2003 geschafft hatte. Als Sachsenpokalsieger standen die Frauen in Plauen in einem Pflichtspiel einer Mannschaft gegenüber, die im Männerfußball der Kategorie Bayern München oder Real Madrid zuzuordnen ist. Für alle jüngeren Leser: Der 1. FFC Frankfurt feierte in nur 22 Jahren viermal den Gewinn der Champions League, sieben Deutsche Meisterschaften und neun DFB-Pokalsiege. Den Verein gibt es heute nicht mehr. Seit drei Jahren tritt man als Frauenabteilung der SG Eintracht Frankfurt an.
"Wir spielen gegen den 1. FFC Frankfurt. Ein Wahnsinn."
Im Nachhinein weiß Stefanie Hartmann: "Eigentlich war für uns das wirklich wichtigere und geilere Spiel, das in Weischlitz. Da haben wir den Sachsenpokal gegen Chemnitz gewonnen. Es gab Verlängerung und Elfmeterschießen. Und grenzenlosen Jubel!" So stand fest, dass die SG Jößnitz im DFB-Pokal starten darf. Alle warteten auf die Auslosung: "Ich habe Radio gehört. Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört", schildert Nicole Gruber den Moment, als die Nachricht im Vogtland eintraf. Sie blieb 30 Minuten vor dem Radio sitzen, um die nächste Nachrichtensendung zu hören. Dann stand es fest: "Wir spielen gegen den 1. FFC Frankfurt. Ein Wahnsinn", traute auch Bianca Rödel (heute Schneider) ihren Ohren nicht. "Und dann findet dieses Spiel auch noch an meinem Geburtstag statt. Für mich völlig verrückt."
Birgit Prinz verhindert Platzverweis gegen Nicole Gruber
Nicole Gruber hatte die undankbare, aber auch ehrenvolle Aufgabe, die beste deutsche Stürmerin in Manndeckung zu nehmen. Birgit Prinz, dreimalige FIFA-Weltfußballerin und Torschützenkönigin der Fußball-Weltmeisterschaft 2003, gab Vollgas! "Sie hat sieben Tore erzielt. Dank Brigit Prinz durfte ich 90 Minuten auf dem Platz stehen. Denn als mir die Schiedsrichterin Gelb-Rot zeigen wollte, war es Birgit die das abgewendet hat", verrät Nicole Gruber. Sie ist heute Vorsitzende des Frauen- und Mädchenausschusses beim Sächsischen Fußballverbandes. Bis zum Schluss des Spiels wurden die Jößnitzerinnen von den Zuschauern angefeuert. Doch Birgit Prinz (7 Tore), Renate Lingor (3), Pia Wunderlich (3), Nia Künzer (2), Patrizia Barucha (3) und Tina Wunderlich (2) kannten keine Gnade. In der Schlussminute fiel das 0:20!
Und dann fiel doch noch ein Tor für die SG Jößnitz
Die Frankfurterinnen wollten mit weißer Weste in ihren Luxusbus steigen. Doch dann tauchte eine 18-Jährige vor der niederländischen Nationalkeeperin Marleen Wissink auf. "Der Schuss war unhaltbar. Und wir haben uns alle unglaublich gefreut", berichtet die Jößnitzer Torfrau Andrea Kaiser. Torschützin Mandy Kunze (heute Voigt): "Es ist und bleibt ein unvergessliches Erlebnis. Oft spricht man noch darüber und mein persönliches Ziel ist eigentlich an diesem Sonntag in die nächste Pokalrunde zukommen und mit Einsatz, Mut und Wille wieder die 1. Runde des DFB-Pokals zu erreichen. Mein Wunsch wäre es zumindest, noch einmal im DFB-Pokal zu spielen", stellt die Stürmerin klar. Die SG Jößnitz spielt an diesem Sonntag in der Hauptrunde des Sachsenpokals um 13 Uhr gegen Spitzkunnersdorf.
Was es noch zu sagen gibt
Das Spiel gegen den 1. FFC Frankfurt wurde nur möglich, weil es in Jößnitz großartige Funktionäre gab. Allen voran Rainer Höfer. Der Pionier des vogtländischen Frauenfußballs hatte 1990 beim VFC Plauen den Anfang gemacht. Ohne sein unglaubliches Engagement hätte es den Frauenfußball in seiner späteren Form im Vogtland nie gegeben. 1992 wechselte man zur benachbarten SG Jößnitz. Dort fand sich mit Wolfgang Eckardt ein weiterer Förderer des Frauenfußballs. Ob Ulrich Eichhorn, Rolf Menge, Andreas Schaller oder die Nachwuchstrainer Michael Wahlich, Silvio Schmutzler und viele andere wichtige Funktionäre. Wir werden in nächster Zeit weiter über die große Zeit des Frauenfußballs berichten. Hier noch die Aufstellung des SG Jößnitz im größten Frauenfußballspiel der Sportgeschichte des Vogtlandes. SG Jößnitz: Kaiser - Glaß (46. Waldhäusl), Wieland, Jakob, Rost, Heinig, Seifert, Rödel/V, Gruber/V, Hartmann (59. Kunze), Oettel (68. Wuckelt) - Trainer Michael Gruber, Manager Rainer Höfer.
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