Syrau. Der Methusalem des vogtländischen Fußballs hat einfach aufgehört. Seit 1976 arbeitete Lothar Scherf an vorderster Front. Wie erst jetzt bekannt wurde, endete bereits in der vergangenen Woche die Ära Scherf beim Vogtländischen Fußballverband (VFV). Was keiner weiß: Der mehrfach ausgezeichnete Funktionär hat nie Fußball gespielt. Frühzeitig wurde das Talent von Lothar, dem großen Macher, erkannt. "Angefangen habe ich einst als Mitglied der Revisionskommission bei unserer örtlichen Betriebssportgemeinschaft", lacht Lothar rückblickend. Unglaublich: Das ist 63 Jahre her!
Zum 30. September ist Lothar leise ausgeschieden
Nicht nur bei der BSG Traktor Syrau fiel der resolute Antreiber auf. Die höchste Instanz des Fußballsports war zu DDR-Zeiten der KFA. Und genau dieser Kreisfachausschuss berief Lothar Scherf in sein Gremium. "Ich habe seit 1976 ohne Unterbrechung als Verbandsfunktionär versucht, den Fußball im Vogtland voranzubringen. Das ist eine lange Zeit. In diesem Sommer habe ich mich nun entschieden, dass ich zum 30. September meine Tätigkeit als Schiedsrichteransetzer beende", bestätigte der Syrauer sein überraschendes Ausscheiden mitten in der Saison. Lothar Scherf war lange Zeit der Vorsitzende des Kreisverbandes Vogtland/Plauen, der im Jahr 2010 mit dem Göltzschtal fusionierte. Dem heutigen VFV gehören 74 Vereine mit über 10.000 Mitgliedern an.
Die Stadtplakette gab es als Auszeichnung
Wolfgang Dörschel vom 1. FC Wacker Plauen ist seit Jahrzehnten Weggefährte: "Ich habe Lothar im Jahr 2005 als beratender Bürger der Stadt Plauen für die Stadtplakette vorgeschlagen und ich freue mich noch heute darüber, dass der Stadtrat zustimmte." Und so hat Lothar Scherf die Plauener Stadtplakette bekommen, "obwohl ich ja als Syrauer gar kein Plauener bin", schmunzelt der Frontmann. Dass es ohne den Mut und das Verantwortungsbewusstsein von Lothar Scherf den VFC Plauen e.V. heute in seiner jetzigen Form gar nicht geben würde, auch das weiß kaum jemand. "Lothar gehörte damals zu den Funktionären, die den VFC vor dem völligen Absturz retteten", weiß Wolfgang Dörschel.
Ein Förderer der Jugend
Marcel Singer berichtet: "Ich bin mit 18 Jahren Jugendleiter bei der SG Jößnitz geworden. Lothar hatte für mich immer Zeit, er stand mir mit Rat und Tat zur Seite. Er ist für mich ein Ehrenmann, ein Vorbild in allen Belangen!" Zur spontan organisierten Verabschiedung konnte Thomas Fritzlar aus beruflichen Gründen nicht. Der VFC-Präsident schickte einen Präsentkorb mit den Worten: "Die Funktionäre im Vogtland kennen gar keine Zeit ohne dich. Lothar, der Fußballsport kann sich nur vor dir verneigen!" Am 17. November feiert Lothar Scherf seinen 80sten Geburtstag. Der Familienvati war beruflich 44 Jahre in der Wema tätig, wo der gelernte Maschinenschlosser als Meister ebenfalls Verantwortung trug.
Immer für die Mannschaft da!
Willi Singer von der Abteilung Kindersport der SG Jößnitz war zur Verabschiedung auch mitgekommen. Der Junge steht sozusagen stellvertretend für den Nachwuchs, den Lothar Scherf in 63 Jahren Funktionärswesen gefördert hat. Willi bekam von Lothar einen Merksatz mit auf den Weg: "Der Mannschaftssport zeigt deine Schwächen in allen Bereichen gnadenlos auf und du bist nur dann wirklich erfolgreich, wenn du lernst, fürs Team da zu sein."
erschienen am 06.10.2023