Lastenräder gehören in vielen Städten mittlerweile zum Straßenbild wie Fußgänger, Autos und stinknormale Fahrräder. Was im urbanen Dschungel seltener gesichtet wird: Fahrräder mit Lastenanhängern.
Dabei sind diese Art Gespanne so potent wie viele Cargobikes, nur flexibler: Sollen Lasten transportiert werden, wird der Hänger angekuppelt. Ansonsten ist man mit dem Zugfahrrad allein unterwegs - etwa einem City- oder auch einem Trekkingbike. "Geeignet sind sehr viele Fahrradmodelle, die aufgrund technischer Sicherheitsvorgaben vom Hersteller dafür freigegeben sein müssen", sagt Alexander Giebler vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f).
Ausprobiert haben wir die Kombination von Bike und Hänger mit dem Koga F3 2.0 und dem Cargo-Anhänger Tuure von Croozer.
- Der Einsatzzweck: Mit einem Fahrradgespann lässt sich alles Mögliche transportieren: der Wocheneinkauf für die Familie, Getränkekisten, die omnipräsenten Retouren-Pakete, selbst kleine Möbel wie Kommoden finden Platz.
"Lastenanhänger fürs Fahrrad sind der perfekte Begleiter für Deinen autofreien Alltag", wirbt Hersteller Croozer im Netz. Was er so prominent nicht erwähnt: Für den Kindertransport ist man mit einem Cargo-Hänger nicht gewappnet. Es gibt weder Sitze noch Gurte. So ausgestattet sind beispielsweise die Kid-Modelle des Herstellers.
Wer mag, kann aber auch sein Reisegepäck verstauen. Zusätzliche Fahrradtaschen - ebenfalls keine billige Anschaffung - werden dann überflüssig. Oder alles, was es für ein Picknick im Park braucht.
Ohne Anhänger bleibt das Fahrrad, was es ist. In unserem Fall ein aufgeräumtes Stadtrad, das seinen angestammten Aktionsradius in der Gattungsbezeichnung trägt: Koga vermarktet es als wartungsarmes "sportliches Citybike" - mit gewissem Designanspruch: Kabel und Leitungen verschwinden im Alu-Rahmen, der keine sichtbaren Schweißnähte aufweist.
- Die Technik: Das F3 stattet der Hersteller mit Carbon-Riemen aus und verspricht damit eine im Idealfall gegenüber einer Kette um das Dreifache verlängerte Lebenszeit. Aber Achtung: So zäh ein Riemen auch ist, er verlangt eine angemessene Behandlung. Läuft er nur leicht schief oder wird zu oft verkehrt herum gedreht, beeinträchtigt das seine Haltbarkeit. Wartungsmuffel dürften sich auch über die gegenüber dem Ketten-Pendant ebenfalls weniger pflegebedürftige Nabenschaltung (Shimano Nexus) freuen.
Den Fahrkomfort steigern soll die Vorderradgabeldämpfung (Koga Feathershock). Sie entspricht in etwa 30 bis 40 Millimetern Federweg. Nachteil gegenüber einer Federgabel: Ihre Steifheit lässt sich nicht mit einem einfachen Handgriff verändern, es muss ein Fachmann ran. Vorteil: Optisch verschwindet die Dämpfung formschlüssig fast zwischen Gabel und Steuerrohr. Ebenfalls gefällig: Das am Vorbau integrierte Frontlicht, das, wie das dezente LED-Rücklicht am Gepäckträger, vom Nabendynamo gespeist wird.
- Zum Hänger: Verkuppelt werden Bike und Cargo-Anhänger über eine Deichsel mit einer Achsmutterkupplung, die am Zugfahrrad eigens montiert werden muss. Ein Fall für passioniertere Fahrradschrauber. Dann aber funktionieren Befestigen und Lösen der Deichsel mit einem Klick. Mittel gegen Langfinger: Die Deichsel ist abschließbar.
Der Hänger selbst rollt auf 16-Zöllern, die per Druckknopf demontierbar sind, sollte der Croozer selbst einmal transportiert oder platzsparend verstaut werden. Dazu lässt er sich auf ein Packmaß von 81 × 68 × 26 Zentimeter (ohne Deichsel) zusammenfalten.
Voll entfaltet bietet der auf einem Alu-Rahmen sitzende Stauraum 135 Liter Volumen. Ausgelegt ist er für bis zu 45 Kilo. Ein Federsystem soll dafür sorgen, dass sich der Hänger nicht aufschaukelt und kippstabil bleibt.
- Der Fahreindruck: Mit knapp 17 Kilo auf dem Blatt ist das Koga-Citybike zwar kein ausgewiesenes Leichtgewicht, doch im Sattel fühlt es sich leichtfüßig an. Gefühlt widerstandsfrei rollt es dahin, obwohl ein Nabendynamo ein Fahrrad prinzipiell immer einen Hauch einbremst.
Das Bike ist spurtreu, leise und es lässt sich präzise lenken. Der winkelverstellbare Vorbau ist allerdings nicht gänzlich gefeit vor leichten Verwindungen. Vom Riemen gehen ohnehin kaum Betriebsgeräusche aus, aber auch das Klackern des Freilaufs, typisches Fahrradgeräusch bei ruhenden Pedalen, fehlt völlig.
Und auf dem Cargo-Anhänger scheppert, klirrt oder raschelt je nach Beschaffenheit höchstens die Ladung. Dafür weist der Croozer andere Eigenheiten auf. Beim Rückwärtsschieben reagiert der Hänger gegenläufig zu den Lenkbewegungen - das ist gewöhnungsbedürftig. Auf dem Radar sollte man aber immer die Breite des Zusatzgefährts haben, vor allem wenn es zwischen Pfeilern hindurchgeht oder die Wege schmal werden.
Bei Leerfahrten könnte man das 10,6 Kilo wiegende Anhängsel fast vergessen, bei schweren Lasten wie Getränkekisten rollt der Croozer satt hinterher. Ob man ein E-Bike zum Ziehen benötigt? Hat man nicht täglich die Maximallast in hügeligen Straßen wie in Stuttgart zu befördern, und steht es um den sportlichen Ehrgeiz nicht allzu schlecht - alles gut machbar.
Im Vergleich zu einem beladenen Lastenrad gilt: Das Fahrverhalten des Fahrrads selbst wird bis auf den erhöhten Kraftbedarf so gut wie nicht beeinträchtigt. Nichts zieht den Rahmen nach links oder rechts, was bei Cargobikes mit am Rahmen integrierten Lastenkörben und -kisten je nach Schwerpunkt der Ladung fast zwangsläufig der Fall ist. Jedoch zirkelt ein Anhänger immer enger als das Zugfahrzeug.
- Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie: Immer an Bord des Koga sind Scheibenbremsen, adäquat, wenn Lasten eingebremst werden müssen. Ein serienmäßiges Rahmenschloss am Hinterrad sorgt für ein Plus an Sicherheit.
Für den Hänger bietet Croozer mehr als 30 Kupplungslösungen. Auch Falt- und Kompakträder mit 16- und 20-Zoll-Laufrädern eignen sich als Zugfahrzeuge, allerdings muss man dazu eine spezielle Deichsel als Zubehör ordern (60 Euro). Ein Spezial-Set macht den Croozer für 100 Euro zum Bollerwagen, eine Falthülle für 45 Euro schützt vor Staub oder Feuchtigkeit.
Croozer bringt außerdem bald das Modell Braake auf den Markt, mit ebenfalls 135 Litern Volumen und einem zulässigen Gesamtgewicht von 80 Kilo. Das Modell wird mit einer Auflaufbremse ausgestattet, die den Druck des Hängers beim Bremsen wie ein Wohnwagen oder andere Autoanhänger zum Verzögern nutzt.
- Der Preis: 450 Euro kostet ein Croozer Cargo mit 92 Liter Volumen mindestens (Modell Kalle), die um 43 Liter größere Version Pakko kostet 50 Euro mehr, der gefahrene Tuure mit Federung 600 Euro (Modellpflege in Blau). Das gut ausgestattete Koga F3 2.0 kostet 1.849 Euro, ein Bike der F3-Reihe ab 1.499 Euro.
- Das Fazit: Die Kombination von Fahrrad und Cargo-Anhänger ist ein Alternative zum Lastenrad - zu qualitativ hochwertigen sogar die oft preisgünstigere. Nur beim Rangieren ist ein Bike-Gespann etwas sperrig. Ob als Zugfahrzeug ein E-Bike hermuss, darüber kann man streiten.