Rückenschmerzen sind eine wahre Volkskrankheit. Sie können sich durch stechende Schmerzen, Verspannungen oder auch Druckempfindlichkeit bemerkbar machen.

Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es? Was sind mögliche Auslöser? Und wie bekommen Betroffene die Beschwerden in den Griff? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was sind Rückenschmerzen überhaupt?

Es handelt sich dabei um akute, wiederkehrende oder chronische Schmerzzustände an verschiedenen Bereichen des Rückens. Bei vielen schmerzen Nacken und Schulterpartie. Bei anderen tritt der Schmerz im unteren Rücken auf. Oft ist dann von Kreuzschmerzen die Rede.

Folgende Unterscheidung ist wichtig:

Spezifischen Rückenschmerzen liegt eine eindeutig diagnostizierbare Ursache zugrunde. Das kann ein Bandscheibenvorfall sein oder eine Skoliose, also eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule.

Nichtspezifische Rückenschmerzen lassen sich nicht auf eine konkrete körperliche Ursache zurückführen. Der Schmerz beruht eher auf Stress oder psychischen Problemen.

"Schätzungen besagen, dass es sich bei 80 bis 90 Prozent der Rückenschmerzen um eine nichtspezifische Gesundheitsstörung handelt", sagt der Sportpädagoge Ulrich Kuhnt vom Bundesverband der deutschen Rückenschulen (BdR), selbst Inhaber einer Rückschule in Hannover.

Wie viele Menschen leiden unter Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet. Das zeigt die Burden-Studie im Auftrag des Robert Koch-Instituts (RKI). Dafür wurden zwischen Oktober 2019 und März 2020 rund 5000 Erwachsene telefonisch befragt. Das sind die zentralen Ergebnisse:

  • Annähernd zwei Drittel der Befragten (61,3 Prozent) berichteten von Rückenschmerzen innerhalb der vergangenen zwölf Monate.
  • 15,5 Prozent klagten über chronische Rückenschmerzen, die über drei Monate hinweg fast täglich auftraten und länger andauerten.
  • Schmerzen im unteren Rücken waren mit 52,9 Prozent doppelt so häufig wie Schmerzen im oberen Rücken mit 27,4 Prozent.
  • Ältere Befragte gaben deutlich mehr Schmerzattacken pro Monat an als Jüngere. Die 18- bis 29-Jährigen berichteten im Schnitt von 4,4 Tagen, die über 70-Jährigen von 14,8 Tagen. Unter Nackenschmerzen litten die Jüngeren an 3,3 Tagen, die über 70-Jährigen an 11,5 Tagen.
  • Frauen (66 Prozent) litten häufiger unter Rücken- und Nackenschmerzen als Männer (56,4 Prozent). Von Nackenschmerzen waren 54,9 Prozent der Frauen betroffen und 36,2 Prozent der Männer.

Welche Ursachen können Rückenschmerzen haben?

Rückenschmerzen können ganz verschiedene Ursachen haben:

  • Bereits bei Jugendlichen sind Verkrümmungen oder Schiefstellungen des Rückens - Skoliose genannt - mögliche Auslöser. Oder Morbus Scheuermann, eine Wachstumsstörung der jugendlichen Wirbelsäule.
  • In vielen Fällen findet der Orthopäde bei erwachsenen Patienten strukturelle Probleme wie Bandscheibenvorfälle, Wirbelgleiten oder Wirbelkörperbrüche. "Diese Strukturschäden verursachen aber nur bei einem Teil der Patienten echte Schmerzen", sagt David-Christopher Kubosch, Orthopäde an der Gelenk-Klinik Gundelfingen.

Wahrscheinlicher sind dem Wirbelsäulenchirurg zufolge diese Gründe:

  • Übermäßige Belastung entsteht bei schwerer körperlicher Arbeit oder bei einseitigen Bewegungsabläufen, zum Beispiel bei Fliesenlegern oder Fließbandarbeitern.
  • Bewegungsmangel entsteht durch stundenlanges Sitzen im Job und in der Freizeit. "Dadurch werden verschiedene Muskelgruppen der Rücken- und Bauchregion nicht ausreichend bewegt", erklärt Kubosch. Die Muskeln verspannen sich oder verkümmern auf Dauer. Die Folgen sind ein Ungleichgewicht und Fehlstellungen am Rücken.
  • Psychische Sorgen wie Leistungsdruck, Stress, Ängste, Depressionen und Konflikte können zu Rückenschmerzen führen. Dabei verspannen sich die Muskeln und können verhärten.

Was kann akute Rückenschmerzen auslösen?

Manchmal gibt es ganz konkrete körperliche Ursachen:

  • "Treten die Schmerzen etwa beim Atmen auf, so kann dies unter anderem auf eine Rippenfellentzündung hinweisen", sagt Kubosch.
  • In Verbindung mit Bauchschmerzen steckt dahinter möglicherweise eine Bauchspeicheldrüsenentzündung.
  • Kommt es während der Periode zu Rückenschmerzen, liegt es meist an Muskelverspannungen durch das Zusammenziehen der Gebärmutter.

Weitere Ursachen nennt die Stiftung Gesundheitswissen:

  • Hexenschuss: Meistens tritt nach einer abrupten oder ungewohnten Bewegung ein bohrender, stechender Schmerz im unteren Rücken zwischen Gesäß und Rippenbogen auf. Gewohnte Bewegungen sind mitunter nicht möglich, weil der Rücken sich blockiert anfühlt.
  • Bandscheibenvorfall: Oft treten starke Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, die sich durch Bewegungen wie Bücken oder Heben verstärken. Auch beim Husten und Niesen können die Schmerzen zunehmen. Teils strahlen sie bis ins Gesäß oder Bein aus.
  • Rheuma: Nächtliche Rückenschmerzen und ein steifer Rücken nach dem Aufstehen können erste Anzeichen sein. Auch wenn die Schmerzen durch Bewegung nachlassen und nicht etwa durch Ruhe, kann das ein Indiz für eine Rheuma-Erkrankung sein.

"All dies zeigt, wie wichtig eine gründliche und ganzheitliche Diagnostik ist", sagt Kubosch. Die Schmerztherapie muss auf die individuellen Ursachen eingehen und darauf aufbauen.

"Starke Schmerzen, die den Alltag deutlich einschränken, sollten Sie ärztlich abklären lassen", rät auch der Mediziner Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen.

Was lösen Rückenschmerzen bei mir aus?

Rückenschmerzen sind komplex, sie können den Körper förmlich blockieren. Laut Ulrich Kuhnt hat der Schmerz drei Dimensionen:

1. die affektive Dimension: Ich fühle den Schmerz.

2. die kognitive Dimension: Ich empfinde die Schmerzen als Belastung, mein Leben ist beeinträchtigt.

3. die motorische Dimension: Ich passe meine Haltung und Bewegung dem Schmerz an.

Wie und wo entstehen Rückenschmerzen?

In vielen Fällen - aber nicht immer - treten Rückenschmerzen in Verbindung mit den vielfältigen Aufgaben der Wirbelsäule auf, erklärt Kuhnt. Die Wirbelsäule hat mehrere Funktionen:

  • Haltefunktion: Als zentraler Strang im menschlichen Körper trägt sie die gesamte Last von Kopf, Hals, Rumpf und Armen - und stabilisiert die Mitte.
  • Bewegungsfunktion: Der Körper kann sich dank der Wirbelsäule bewegen - etwa beugen, neigen, drehen und strecken.
  • Schutzfunktion: Die Wirbelsäule schützt die Nerven, die im Rückenbereich verlaufen.

Treten Störungen bei einer dieser Funktionen auf, können Schmerzen im Rücken entstehen. Ein Klassiker ist die falsche Bewegung etwa beim Hochheben eines Wasserkastens - schon kann es im Rücken schmerzen.

Und was mit der Bandscheibe?

Entlang der Wirbelsäule gibt es immer zwischen zwei Wirbelkörpern eine Bandscheibe - auch Faszien genannt. Die Bandscheiben wirken wie Stoßdämpfer und sind für die Beweglichkeit der Wirbelsäule zuständig.

Jede Bandscheibe hat innen einen weichen Gallertkern. Er liegt wie ein Puffer zwischen den Wirbelköpern und ist von einem festen Ring aus Faserknorpel umgeben.

Zu einem Bandscheibenvorfall kommt es, wenn der Gallertkern verrutscht, die faserige Hülle dabei durchbricht und auf das benachbarte Gewebe und die Nervenwurzeln drückt.

Wo genau im Rücken können Schmerzen auftreten?

1. Im untersten Abschnitt der Wirbelsäule

Die Lendenwirbelsäule (LWS) bildet die Basis für den Rumpf. "Durch den aufrechten Gang des Menschen ist sie der am meisten belastete Teil der Wirbelsäule", erklärt David-Christopher Kubosch.

Nach seinen Angaben treten bei etwa 80 Prozent aller Menschen mindestens einmal im Leben Schmerzen im unteren Rücken auf. Das wird auch LWS-Syndrom genannt. Oft sind die Schmerzen unspezifisch.

Häufige Ursache sind Schäden an der Bandscheibe, die als Puffer und Federung zwischen den Wirbelkörpern dienen. Sie verlieren jeden Tag einen Teil ihrer Flüssigkeit und schrumpfen dauerhaft.

Weil sich die Federung verringert, lässt die generelle Muskelspannung nach. Die Lendenwirbelsäule wölbt sich nach vorne. Es entsteht ein zunehmender Hohlrücken, der zusätzlich die Druckbelastung erhöht. "Die Folge sind tiefliegende Rückenschmerzen, die gürtelförmig ausstrahlen können", sagt Kubosch.

2. Im mittleren Rückenbereich

Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS-Syndrom) haben vielfältige Ursachen. Sie reichen von Wirbelgelenkblockaden und -frakturen über Bandscheibenvorfälle bis hin zu Osteoporose.

3. Im oberen Rückenbereich

Oft seien solche Schmerzen Folge einer falschen Körperhaltung und strahlten nicht selten in Arme und Schultern aus, erklärt Kubosch.

In selteneren Fällen ist die Halswirbelsäule (HWS) betroffen. Häufig strahlen die Schmerzen dann in die Schultern oder in den Kopf aus. "Patienten berichten dann oft über Schwindel", so der Mediziner.

Gut zu wissen: Auch Verspannungen oder Fehlstellungen des Kiefers können Schmerzen im oberen Rücken auslösen.

Wann sollte ich mit Rückenschmerzen zum Arzt gehen?

Rückenschmerzen sind in den meisten Fällen harmlos und verschwinden nach einiger Zeit wieder von selbst.

Halten die Beschwerden jedoch länger als drei Wochen an, sollten Betroffene einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, rät Kubosch.

Der Hausarzt ist eine gute Anlauf- und Koordinationsstelle. Das gilt zumindest, wenn die Beschwerden nur leicht einschränkend sind. Eventuell bekommt man eine Überweisung an einen Orthopäden.

Bevor ein Spezialist den Rücken röntgt, sollten Betroffene sechs Wochen abwarten und schauen, ob sich die Beschwerden verbessern, rät die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen.

"Das gilt natürlich nur, wenn der Arzt von unspezifischen Rückenschmerzen ausgeht", schränkt Kubosch ein. Gibt es einen konkreten Auslöser, sieht das anders aus.

In seltenen Fällen sollten Sie umgehend einen Orthopäden kontaktieren - etwa wenn die Beschwerden auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen.

Welche Alarmsignale gibt es bei Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen, die über viele Wochen hinweg andauern, sollten Sie nicht unterschätzen. Die Beschwerden können mit der Zeit chronisch werden und sich sogar verschlimmern, wenn Betroffene nicht rechtzeitig mit einer Therapie gegensteuern, sagt Kubosch.

Unbehandelte Rückenschmerzen, die sich verschlimmern, können drastische Folgen haben: "Sie sind neben Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems der häufigste Grund für eine teilweise oder vollständige Erwerbsunfähigkeit oder eine Frühverrentung."

Die folgenden Beschwerden in Armen und Beinen sind Alarmsignale:

  • ein Taubheitsgefühl
  • Lähmungserscheinungen
  • Muskelschwäche

Welche Angaben brauchen Ärzte für eine Diagnose?

Der behandelnde Arzt oder die Ärztin benötigen umfassende, möglichst exakte Angaben über die Rückenschmerzen.

"Kein Labortest und keine diagnostische Untersuchung können zweifelsfrei die Ursache für Rückenschmerzen belegen oder ausschließen", erklärt Kubosch.

Wichtige Informationen sind:

  • Seit wann haben Sie die Rückenschmerzen?
  • Wo genau treten die Rückenschmerzen auf?
  • Wie äußern sie sich konkret?
  • Strahlen sie in andere Körperregionen aus?
  • Welche Maßnahmen haben bisher geholfen?

Hilfreich ist es, wenn Sie in einem Schmerztagebuch Dauer und Häufigkeit der Rückenschmerzen notieren. Auch Angaben zum Lebensstil und zu typischen Verhaltensweisen können wichtige Anhaltspunkte sein - etwa Beruf, Sport oder Medikamente.

"Weitere wesentliche Faktoren für die Diagnose sind auch Vorerkrankungen, etwa Depressionen oder andere psychische Beschwerden", sagt Kubosch.

Wann sollte ich mich bei Rückenschmerzen schonen - und wann nicht?

Bei Rückenschmerzen, die einen hohen Leidensdruck verursachen und den Alltag massiv einschränken, sollten Sie die Ursache von ärztlicher Seite abklären lassen. Ansonsten gilt:

  • Schonen: Wer eine Verletzung an der Wirbelsäule hat, sollte sich zunächst schonen und die ärztlichen Anweisungen befolgen.
  • Nicht schonen: Bei unspezifischen Rückenschmerzen stellt sich Schonen laut Ralf Suhr meist als kontraproduktiv heraus.

"Natürlich ist es möglich, dass der akute Schmerz in bestimmten Situationen nachlässt, wenn man sich hinlegt", räumt der Arzt ein. Wer sich aber zu viel schont, schwächt seine Muskulatur. Diese reagiert dann bei Belastung vorschnell mit Schmerz. In der Folge können sich Beschwerden schleichend verstärken.

Die gute Nachricht: Sie können selbst viel tun, um Rückenschmerzen und dauerhaften Erkrankungen vorzubeugen.

Tipps für den Alltag: Was kann ich vorbeugend tun?

  • Unbedingt mehrere kleine Bewegungseinheiten über den Tag verteilt einplanen, sobald die ersten heftigen Rückenschmerzen abgeklungen sind. "Oft reicht schon ein kleiner Spaziergang von etwa einer Viertelstunde", sagt Suhr.
  • Bei starken Rückenschmerzen können Sie kurzzeitig Schmerzmedikamente nehmen. Das Medikament kann vorübergehend die Schmerzen lindern, behandelt jedoch nicht die Ursache. Beachten Sie auch den Beipackzettel und halten Sie Rücksprache mit Ihrem Arzt, wenn Sie noch andere Medikamente einnehmen. Vor allem mit Schmerzmitteln können oftmals Wechselwirkungen bestehen.
  • Wenn Sie tagsüber überwiegend sitzen, sollten Sie darauf achten, nicht zu lange in derselben Position zu verharren. Denn dabei bewegen Sie den Rücken nicht. Wechseln Sie regelmäßig die Sitzposition: Rutschen Sie nach vorne und nach hinten auf dem Sitz. Stehen Sie immer mal wieder zwischendurch auf und gehen Sie ein paar Schritte.

Im Grunde ist es simpel: "Körperliche Aktivität und Bewegung sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die wirksamsten Maßnahmen zur Vorbeugung von Kreuzschmerzen", sagt Suhr.