Für billigen Strom sind Deutschland und auch die Region Südwestsachsen aktuell nicht gerade bekannt. Im Gegenteil, im europäischen Vergleich müssen Endverbraucherinnen und Endverbraucher in keinem Land höhere Strompreise zahlen. Das liegt in erster Linie an Abgaben, Umlagen und Steuern. Noch dazu hat der Krieg in der Ukraine im vergangenen Jahr für stark gestiegene Gaspreise und in der Folge auch höhere Strompreise gesorgt - schließlich wird zur Stromerzeugung auch auf Erdgas zurückgegriffen. Seit Anfang 2022 hat sich der Strommarkt deutlich entspannt. Das Problem: Verbraucherinnen und Verbraucher merken davon nichts. Für sie gab es eine saftige Erhöhung der Abschläge. Warum ist das so? Wie kann man sich wehren? Und wie sieht die Prognose für das weitere Jahr 2023 aus?

 

Abschläge genau prüfen

Zum 1. März traten die Preisbremsen der Bundesregierung für Strom, Erdgas und Wärme in Kraft. Verbraucher zahlen maximal 40 Cent/kWh für Strom, 12 Cent/kWh für Gas und 9,5 Cent/kWh für Fernwärme, solange der Verbrauch des Haushalts 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs nicht überschreitet. Alles darüber hinaus müssen sie zu den aktuell vereinbarten Konditionen ihres Vertrags zahlen. Die Preisbremsen gelten rückwirkend auch für Januar und Februar. Das heißt, Versorger hätten die Entlastungen fristgerecht bis Ende März an ihre Kundinnen und Kunden zurückerstatten müssen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) empfiehlt, sowohl die Informationsschreiben als auch die neuen Abschläge genau zu prüfen und ruft Verbraucher dazu auf, Probleme zu melden.

 

"Verbraucher sollten wachsam sein"

Unter diesem Link können Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Erfahrungen mit der Soforthilfe Gas und den Preisbremsen Strom beziehungsweise Gas und Wärme melden. Den Bundesverband interessieren alle auftretenden Probleme mit den Energieversorgern: Gab es beispielsweise Probleme mit unverständlichen Informationsschreiben, falsch berechneten Abschlagsanpassungen, fehlerhaften Abrechnungen oder sonstigen Vorgängen? "Die Energiepreisbremsen sollen die Bürger entlasten. Umso ärgerlicher, dass mancher Anbieter offensichtlich versucht, abzukassieren und völlig überhöhte Abschläge durchzudrücken. Der vzbv wird das prüfen und gegen Abzocke und etwaige rechtswidrige Praktiken vorgehen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten wachsam sein und ihre Probleme über unseren Verbraucheraufruf online melden oder direkt Rat in den Verbraucherzentralen einholen", sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop.

 

Kontakt zu Anbietern suchen

Energierechts-Experten der Verbraucherzentrale raten im Fall von überhöhten Abschlägen, die in den Schreiben aufgeführten Angaben genau zu prüfen. "Wenn der vorgeschlagene Abschlag erheblich zu hoch oder niedrig ist, können Verbraucher den Abschlag anpassen." Denn vielmehr müssten die Abschläge durch die Energiepreisbremse sinken. Häufiger Grund für überhöhte Forderungen seien falsch angesetzte Jahresverbrauchsprognosen. Die richtigen lassen sich anhand vergangener Jahresverbräuche nachvollziehen. Dennoch empfehlen Experten nicht, den Energieanbieter zu kündigen. Vielmehr sollten Verbraucher Kontakt zu ihren Anbietern suchen und um eine Korrektur bitten. Reagieren Anbieter nicht auf die Forderung nach Senkung des Abschlags, ist eine Beratung - zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale - empfohlen. Wenn alles nichts hilft, können sich Verbraucher und Verbraucher nach einem günstigerem Vertrag umsehen. Denn erfreulicherweise liegen seit ein paar Wochen die Neukundentarife für Strom und Gas bereits unterhalb der Preisbremsen.

 

Preise frühestens 2026 auf Vorkrisenniveau?

Trotz der Preisbremsen empfiehlt der Verbraucherzentrale Bundesverband weiterhin, Energie zu sparen. "Die Preisbremsen deckeln schließlich nur 80 Prozent des Verbrauchs bei Gas, Fernwärme und Strom ab, verglichen mit dem Vorjahresverbrauch." Energiesparen helfe somit Geld zu sparen und sei zudem wichtig für die Versorgungssicherheit im nächsten Winter. Und wie geht es weiter? Bis voraussichtlich April 2024 fangen die Energiepreisbremsen die Preissteigerungen bei Strom, Gas, Fernwärme noch weitgehend auf und machen die Preise so berechenbar. Für die Zeit danach hat das Energiewissenschaftliche Institut der Universität zu Köln (EWI) mittel- bis langfristige Szenarien für den europäischen Energiebeschaffungsmarkt durchgerechnet. Geht alles so weiter wie bisher, werden die Gaspreise für Energieversorger demnach im Jahr 2026 noch deutlich teurer sein als jetzt. Erst ab 2030 werden sie den Berechnungen zufolge auf das Niveau der 2010er-Jahre fallen. Im Best-Case-Szenario - das heißt, die Gasnachfrage sinkt deutlich - würde der Gaspreis zumindest ab 2026 auf Vorkrisenniveau liegen.