Jugendliche bewegen sich mittlerweile völlig selbstverständlich im Internet. Und auch Kinder wagen im immer jüngeren Alter ihre ersten Schritte im Netz. Das Smartphone ist zum täglichen Begleiter geworden. Doch leider machen Kinder und Teenager online auch unangenehme Erfahrungen.

Wie können Eltern dafür sorgen, dass ihr Nachwuchs möglichst sicher surft? Hier kommen die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was machen Kinder im Internet?

Aufschluss darüber geben die KIM- (Kinder, Medien, Internet) und JIM-Studie (Jugend, Medien, Internet). Das sind Langzeitumfragen des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest.

  • Laut KIM-Studie 2022 lagen bei den 6- bis 13-Jährigen die Nutzung des Mobiltelefons (65 Prozent), digitale Spiele (60) und die Internetnutzung (58) weit vorne.
  • Täglich verbrachten die Kids durchschnittlich eine Dreiviertelstunde (46 Minuten) im Netz.
  • Beim Gamen und der Smartphone-Nutzung veränderte sich das Verhalten deutlich mit dem Alter. Beschäftigten sich bei den Jüngsten (6 bis 7 Jahre) nur 38 Prozent regelmäßig mit Computerspielen, stieg der Anteil bei den Ältesten (12 bis 13 Jahre) auf 76 Prozent.
  • Bei der Smartphone-Nutzung stieg der regelmäßige Umgang von 28 Prozent bei den Jüngsten auf 96 Prozent bei den Ältesten.

Fazit der KIM-Studie: Bei 12-Jährigen sind Handy oder Smartphone schon selbstverständliche Alltagsbegleiter.

Was machen Jugendliche im Netz?

Hier geht es um die Altersklasse von 12 bis 19 Jahren. Die JIM-Studie 2023 liefert hier interessante Ergebnisse:

  • Täglich im Netz unterwegs waren 88 Prozent der Jugendlichen.
  • Die Nutzung von Smartphone (98 Prozent) und Internet (96 Prozent) waren wenig überraschend längst eine Selbstverständlichkeit.
  • Aber auch Online-Videos und digitale Spiele (jeweils 72 Prozent) gehörten mehrmals pro Woche, wenn nicht sogar täglich zur Freizeitgestaltung.

Im Vergleich zur Vorjahresstudie war die tägliche Internetnutzungsdauer Jugendlicher wieder etwas gestiegen, von 204 Minuten im Jahr 2022 auf 224 Minuten in 2023.

Welche unangenehmen Erfahrungen machen Kinder und Jugendliche im Internet?

Ein sicherer Ort für Kinder ist das Internet per se sicher nicht. Die Kleinen können auf Pornografie, Gewaltdarstellungen, Horrorvideos und Kriegsaufnahmen stoßen. Das zeigt auch die KIM-Studie:

  • 5 Prozent aller Kinder war das schon einmal passiert.
  • Die Ältesten berichteten doppelt so häufig wie die Jüngsten, auf ungeeignete Inhalte gestoßen zu sein. Das lässt sich mit der ansteigenden Nutzungsdauer erklären.
  • Von allen Kindern wurden insbesondere sexualisierte Inhalte als unangenehm bewertet (55 Prozent).
  • Von unangenehmen Bekanntschaften im Netz berichten 6 Prozent der Kinder, vor allem auf Instagram (16 Prozent) und Facebook (11 Prozent), aber auch bei Tiktok (9 Prozent), Whatsapp (5 Prozent) und Snapchat (4 Prozent) sowie beim Chatten allgemein (11 Prozent).

Jugendliche haben im Netz verstärkt auch mit Desinformation und Beleidigung zu kämpfen. Folgende negativen Inhalte begegneten ihnen in dem Monat, der der Befragung vorausgegangen war:

  • Hassbotschaften (35 Prozent)
  • extreme politische Ansichten (43 Prozent)
  • Verschwörungstheorien (43)
  • beleidigende Kommentare etwa in sozialen Netzwerken (48)
  • Fake News (56 Prozent)

Etwa jede und jeder Vierte (27 Prozent) gab an, binnen eines Monats mit nichts dergleichen konfrontiert gewesen zu sein.

Welche Gefahren lauern im Netz noch?

Pornos, Hassrede, Fake News und Verschwörungstheorien, Extremismus und ideologische Propaganda sind leider noch nicht alles. Kinder und Jugendliche können im Internet weiteren Gefahren und Problemen begegnen, über die Eltern aufklären sollten.

Die EU-Initiative Klicksafe und Jugenschutz.net zählen auf:

  • Cybermobbing: Wird auch Cyberbullying genannt. Eine Spielart ist "Happy Slapping": Das bedeutet, andere zu filmen oder fotografieren, während diese drangsaliert oder verprügelt werden. Die Videos und Fotos werden in sozialen Netzwerken oder über Messenger verbreitet.
  • Cybergrooming: Bezeichnet das Heranmachen an Kinder übers Netz, etwa in sozialen Netzwerken oder in Chats von Spielen. Das ist ein Straftatbestand. Die Täter geben sich oft für jemand Jüngeren aus. Sie bauen Vertrauen auf, belästigen ihre Opfer dann sexuell und erpressen sie teils auch, oft mit intimen Fotos oder Videos.
  • Sexting: Jugendliche tauschen freizügige Fotos oder Videos aus, um zu flirten oder die eigene Attraktivität zu testen, vergessen dabei aber das enorme Missbrauchspotenzial.
  • Rollenbilder und Selbstinszenierung: Mediale Frauen- und Männer-Rollenbilder sowie problematische Schönheits- und Schlankheitsideale im Netz, gerade in sozialen Netzwerken, können gefährliche Folgen haben. Siehe nächster Punkt.
  • Selbstgefährdung: Online finden sich viele verherrlichende oder verharmlosende Inhalte und Foren zu Essstörungen, Selbstverletzungen oder Suizid. Letzterer taucht auch im Kontext lebensgefährlicher "Mutproben" ("Suizid-Challenges") auf. Tipp: Selbstgefährdende Internet-Challenges sollten bei der Internet-Beschwerdestelle oder bei "Jugendschutz.net" gemeldet werden.
  • Kettenbriefe: Verbreiten sich über Messenger oder Social-Media-Apps oft wie ein Lauffeuer und können Kinder verängstigen, wenn sie über harmlose Scherze hinausgehen: Manche beinhalten Todesdrohungen, Gruselgeschichten oder Nachrichten, die sozialen Druck auslösen - weil sie vermeintlich die Beliebtheit eines Kindes messen oder reißerisch Gerüchte streuen.

    Tipp: Eltern sollten Kindern klar machen, dass nichts Schlimmes passiert, wenn man einen Kettenbrief nicht weiterschickt. Und sie sollten klare Regeln festlegen: Kettenbriefe mit unangenehmen Inhalten werden sofort gelöscht!
  • Kostenfallen: Gerade bei Free-to-Play-Spielen können In-Game-Käufe ins Geld gehen. Sogenannte Lootboxen, die unbekannte Items enthalten, können Suchtpotenzial entwickeln.

Tipp: Eltern sollten In-App-Käufe auf Mobilgeräten sperren und sich an Rechnern immer bei allen Konten ausloggen, bevor sie Kinder an den Computer lassen. Sie sollten Kindern nie erlauben, sich allein und ohne Erlaubnis bei Diensten anzumelden.

  • Datenschutz und Rechte: Kinder sollten keine persönlichen Informationen im Netz preisgeben. Und sie müssen wissen, dass sie nicht ungefragt Fotos, Videos oder Tonaufnahmen anderer ins Netz stellen dürfen, weil sie so Urheber- oder Persönlichkeitsrechte verletzen. Umgekehrt sollten etwa Eltern bedenken, dass ein vernetztes Wohnumfeld die Privatsphäre von Kindern verletzen kann, etwa bei Geräten mit Sprachassistenten (Smart-TV, Smart-Speaker).
  • Digitale Abhängigkeit: Wer den Verdacht hat, dass sein Kind eine ernstzunehmende digitale Abhängigkeit entwickelt haben könnte, kann einmal eine entsprechende Klicksafe-Checkliste durchgehen.

Die Initiative weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die Liste als grobe Richtlinie gedacht ist und keinerlei Diagnostik zulässt.

Dafür gibt es inzwischen auf Medienabhängigkeit spezialisierte Ambulanzen oder Beratungsstellen.

Wo kann ich bei Problemen im Netz Hilfe bekommen?

  • Jugendliche können sich auf der Seite Juuuport.de umsehen. Das Angebot der Initiative "Gutes Aufwachsen mit Medien" liefert Infos zur digitalen Selbstverteidigung. Und es fungiert als Anlaufstelle, die zu verschiedensten Hilfsangeboten weiter vermittelt.
  • Informations- und Aufklärungsarbeit rund um Netz, Apps und Smartphone leistet zudem Handysektor.de.

Ab wann sollten Kinder das Internet nutzen dürfen?

Geht es um sicheres Surfen und Gefahren im Netz, ist es natürlich wichtig, wie alt das Kind ist.

"Wir gehen davon aus, dass aktives Surfen im Netz mit der Schulfähigkeit beginnt", sagt Kristin Langer, Mediencoach bei der Initiative "Schau hin!". "Wenn die Kinder lesen und schreiben lernen, werden sie immer neugieriger und wollen dann natürlich auch das Internet als Wissensquelle nutzen."

Eltern müsse dann klar sein, dass ihr Kind die ersten Schritte im Netz geht. "Das, was für mich vielleicht selbstverständlich und selbsterklärend ist, ist für mein Kind tatsächlich nicht immer so."

Langer empfiehlt in diesem Zusammenhang etwa die Lernmodule und interaktiven Mitmachgeschichten auf Internet-abc.de. Die Angebote seien für gemeinsames Lernen von Eltern und Kindern geeignet.

Altersgerechte Begleitung durch die Eltern ist wichtig - um früh Vertrauen zu den Kindern aufzubauen und andersherum.

"Es ist ganz wichtig, immer wieder zu erklären, an die Hand zu nehmen, sich Zeit zu nehmen", sagt Langer. "Je mehr Mühe ich mir da in der Grundschulzeit mache, umso bereitwilliger erzählt mein Kind auch in der Pubertät etwas über Dinge, die es im Netz antrifft."

Welche technischen Möglichkeiten habe ich?

Egal ob bei Smartphones und Tablets, am Desktop-PC oder am Notebook: "Wichtig ist, dass da Filtersysteme genutzt werden, damit Kinder tatsächlich auch ihrem Alter entsprechend unterwegs sind und keine unangenehmen Überraschungen erleben", sagt Langer.

Jugendschutzfilter bieten beim Aufrufen von Internetseiten zwar nur einen eingeschränkten Schutz. Sie können teils umgangen werden und beim Mailen oder Chatten sogar wirkungslos sein.

Dennoch: Auf sie verzichten sollten Eltern nicht.

Kostenlose Filterlösungen für Windows, MacOS, Android und iOS stellt etwa der gemeinnützige Verein Jusprog bereit. Mit Jusprog DNS gibt es auch eine Lösung für alle Endgeräte und Netzwerke, also etwa auch für Konsolen oder Router.

Der Jusprog-Filter lässt sich nach Altersstufen einstellen. Ob ein Kind genug Netzwissen gesammelt hat, um die Stufe des Filters entsprechend anzupassen, verrät etwa das Surfschein-Quiz.

Wie können Eltern die Nutzung kontrollieren?

Das kommt darauf an. Sowohl Google (Family Link) als auch Apple (Familie) oder Microsoft (Family Safety) bieten für ihre Betriebssysteme Familiensicherungen an.

Von Apps wie Tiktok oder Instagram über Browser wie den Firefox bis hin zu Konsolen wie der Playstation oder der Xbox gibt es aber noch viele weitere Anwendungen oder Geräte, die Eltern möglichst kindersicher einstellen wollen.

Wer soll da durchblicken?

"Da würde ich Eltern immer raten: Fragt in eurer Nachbarschaft, in eurer Klassengemeinschaft oder in der Verwandtschaft, womit andere gute Erfahrungen gemacht haben", sagt Medienpädagogin Langer.

Zudem empfiehlt sie die Seite Medien-kindersicher.de mit einem Assistenten, der auf Grundlage des Alters und der genutzten Geräte und Dienste individuelle Schutzlösungen vorschlägt. Per Gerätekatalog oder Volltextsuche findet man aber auch sonst schnell direkt zu passenden gerätespezifischen, detaillierten Anleitungen.

Technische Lösungen und Medienerziehung müssen allerdings Hand in Hand gehen, betont Langer. "Eins von beidem reicht in keinem Fall."

Starre Zeitkontingente können auch kontraproduktiv sein.

Beispiel: "Stellen Sie sich vor, mitten in der heißesten Phase eines digitalen Spiels macht es auf einmal "patsch" und man kann nicht mehr weiterspielen", führt die Expertin aus. "Da ist Frust vorprogrammiert und schnell richtig Zoff in der Bude."

Welche Medienzeiten für das Kind sind empfehlenswert?

Am besten lernt ein Kind, seine Medienzeit auszuhandeln oder selbst sinnvoll zu planen. Einige praktische Beispiele:

  • Lieber einmal länger als dreimal kurz spielen.
  • Auf eigene Einsicht bauen: "Nein, ich mache das jetzt nicht, weil meine Zeit abgelaufen ist oder weil ich das Gefühl habe, es tut mir nicht gut", sagt Langer. "Ich muss den Verstand meines Kindes erreichen, ich muss die Einsichtsfähigkeit schulen."

Viele wünschen sich aber sicherlich erst einmal einen Ausgangspunkt für solche weiteren Abwägungen. Klicksafe gibt fürs Surfen folgende Medienzeit-Empfehlungen zur Orientierung:

  • 4 bis 6 Jahre: maximal 30 Minuten pro Tag in Begleitung der Eltern
  • 7 bis 10 Jahre: maximal 60 Minuten pro Tag
  • 11 bis 13 Jahre: maximal 90 Minuten pro Tag

Für ältere Heranwachsende eignet sich eher ein gemeinsam vereinbartes wöchentliches Medienbudget.

Und wie lassen sich solche Höchstgrenzen einhalten? Zum Beispiel mit einem Mediennutzungsvertrag zwischen Eltern und Kind. Oder mit Mediengutscheinen, die den Kindern ausgestellt werden. Passende Vorlagen hält Klicksafe online bereit.

Eltern sollten im Blick behalten, dass Kinder auch Zeit und Ausgleich brauchen, um das mit Medien Erlebte zu verarbeiten - zumindest bis zu einem gewissen Alter. "Egal, welche Medien ich nutze, es ist immer angeraten, Pausen zu machen und wieder aufzutauchen aus der faszinierenden Medienwelt", sagt Medienpädagogin Langer.

Eltern müssen Vorbild sein

Eltern müssen das vorleben, was sie von den Kindern erwarten. "Sonst hat das Kind das Gefühl, es wird immer als jüngeres Familienmitglied gemaßregelt und muss alles das erfüllen, was die anderen schon längst gar nicht mehr beachten", sagt Langer.

Im schlimmsten Fall merkten Kinder, "dass sie nur noch Nebensache sind und selbst in Konkurrenz zum Smartphone der Eltern stehen."

Welche guten Webseiten gibt es für die ganz Kleinen?

Wenn Kinder ins Netz gehen, vielleicht sogar gemeinsam mit den Eltern, was soll man sich dort denn bitteschön anschauen?

Gerade für die Kleineren tun sich Eltern oft schwer damit, geeignete Seiten und Inhalte zu finden. Doch es gibt sehr gute Ressourcen, die Eltern vorschlagen und Kinder bedenkenlos ansteuern können.

Einige Beispiele:

- Blinde-Kuh.de (Kinderseiten-Suchmaschine)

- Fragfinn.de (Kindersuchmaschine mit Elternbereich)

- Klick-Tipps.net (wöchentlich neue Empfehlungen für Kinderseiten mit frei durchsuchbarer Datenbank und Elternbereich)

- Internet-abc.de (spielerisches Info-Angebot für den Internet-Einstieg mit Elternbereich)

- Seitenstark.de (Kinderseiten und Kinder-Themenwelten mit Elternbereich)

- Kindersache.de (Kinder-Infos mit Schwerpunkt Kinderrechte)

- Hanisauland.de (Politik einfach erklärt)

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) bewertet außerdem Apps für Kinder und pflegt die Besprechungen in eine Datenbank ein.

Wie sieht es mit dem Thema Kinderfotos im Netz aus?

Ein wichtiges Internet-Thema sind Persönlichkeits- und Bildrechte. Die betreffen natürlich nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder - schon die Kleinsten.

Das übersehen Eltern gerne einmal, etwa bei Posts in sozialen Netzwerken mit Fotos oder personenbezogenen Daten. Dieses Phänomen wird übrigens als Sharenting bezeichnet.

"Es lässt sich ja leicht nachvollziehen, dass das Spaß macht, die Menschen, mit denen man sich eng verbunden fühlt, am Familienleben teilhaben zu lassen", sagt Mediencoach Langer. Doch man weiß nie, auf welchen Seiten geteilte Daten, Fotos oder Videos landen können.

Langers Appell:

"Macht die Sache nicht öffentlich, sucht geschützte Kanäle, wo nur Personen drin sind, von denen ihr wisst, dass sie auch diese Fotos oder Informationen anschauen dürfen und sollen und verabredet mit ihnen, dass sie diese Sachen nicht einfach weiterschicken."

Kinder selbst müssen erst lernen, was sensible Daten sind und wie sie damit umgehen.

  • Beispiel erstes Handy: "Das Kind ist stolz und natürlich daran interessiert, die Handynummer auch weiterzugeben, ohne zu wissen, was jemand damit macht", erklärt Langer.
  • Beispiel Internet: Das Kind stößt etwa auf eine Chat-Community und soll dort viele Angaben machen, auch sein Geburtsdatum, ohne zu wissen, was mit diesen Daten passiert.

Kinder müssten sich angewöhnen, im Netz misstrauisch zu sein und keine persönlichen Angaben zu machen, sagt Langer.

Geht es um Anmeldungen bei Diensten, laufe nichts ohne Eltern. Die sollten ihren Kindern erklären: "Wenn du dich irgendwo anmelden möchtest, dann kommst du zu mir als Elternteil und dann schauen wir uns das ganz genau an."