Mehr als Dekoration: Nussknacker, Lichterbogen und Co.

Advent Erzgebirgische Gemütlichkeit hält wieder Einzug 

Da blutet das erzgebirgische Herz: Erneut müssen wir um unsere Weihnachtsmärkte bangen, die ersten wurden bereits abgesagt. Und wie sollen Bergparaden mit 2G-Regel funktionieren? Traditionen, die tief in der erzgebirgischen Seele verankert sind, stehen angesichts der aktuellen Corona-Lage wieder auf der Kippe. Deshalb unser Tipp: Viele Kunsthandwerker und Händler haben in diesem Jahr ihren Online-Shop auf Vordermann gebracht und laden online zum Stöbern ein. Oder schlendern Sie per Internet über den Seiffener Rathausplatz. Für diesen virtuellen Weihnachtsmarkt wurde die Drechslergenossenschaft Dregeno übrigens mit dem Markenpreis "German Brand Award" ausgezeichnet. Klar, das ist alles nicht dasselbe und richtige Weihnachtsstimmung kommt am Bildschirm vermutlich auch nicht auf. Ein Grund mehr, sich mit neuen Kreationen hiesiger Kunsthandwerker wenigstens das eigene Zuhause gemütlich weihnachtlich einzurichten. Dabei schwören viele Familien - übrigens nicht nur in Sachsen - auf die typisch erzgebirgischen Figuren: Nussknacker, Lichterbogen, Weihnachtspyramide. Doch wie sind die für uns selbstverständlichen Weihnachtssymbole überhaupt einstanden? Und wann ist der richtige Zeitpunkt fürs weihnachtliche Dekorieren? 

Der Nussknacker, die internationale Berühmtheit


Der Nussknacker ist wohl der berühmteste internationale Export aus dem Weihnachtsland Erzgebirge. Friedrich Wilhelm Füchtner erfand 1870 das erste "Serienmodell" dieser Figur. Inspiriert wurde der Kunsthandwerker durch die Geschichte "Nussknacker und Mausekönig" des Schriftstellers E.T.A. Hoffmann aus dem Jahr 1816. Das Märchen wurde übrigens 1844 von dem französischen Schriftstellers Alexandre Dumas dem Älteren adaptiert. Die Handlung blieb fast identisch, doch die französische Fassung war nicht annähernd so düster wie die deutsche Version. Dumas' Adaption wiederum diente als Grundlage für die russische Ballettaufführung mit der heute weltweit bekannten Musik von Peter Tschaikowsky. Ähnlich populär wie das Ballett wurde die Nussknacker-Figur aus dem Erzgebirge. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sie ihren Weg in die Häuser der Welt. US-amerikanische Soldaten nahmen ihn beispielsweise als typisch deutsches Souvenir aus Deutschland gerne mit in ihre Heimat.

Vom Stolleneingang zum Schwibbogen


Auch der Schwibbogen steht heute symbolisch für das weihnachtliche Erzgebirge. Seine Bezeichnung kommt von einem als "Schwib-" oder "Schwebebogen" bekannten architektonischen Bauteil: Ein Bogen, der frei zwischen zwei Mauern zu schweben scheint. Seinen Ursprung fand der Brauch in der bergmännischen Tradition. So war es im Erzgebirge üblich, dass sich die Bergleute an Heiligabend zu einer gemeinsamen Andacht trafen, wobei sie ihre brennenden Grubenlampen rund um den Stolleneingang im Halbkreis an der Wand festmachten. Der Form folgte die Idee eines frei aufstellbaren Lichterbogens mit aufgesetzten Kerzen. Unterhalb des Bogens fand sich Platz für figürliche Darstellungen. Das Bild dominierten zunächst neben Berufssymbolen und Wappen religiöse Motive. Bald auch rückten Bergleute, Steiger und Bergschmied in Arbeits- und Aufzugstracht ins Blickfeld. Der vermutlich erste Schwibbogen wurde vermutlich vom Bergschmied Johann Teller hergestellt, der ihn um 1726 in Johanngeorgenstadt geschmiedet haben soll. Der älteste erhaltene Schwibbogen, datiert aus dem Jahre 1778, stammt von S.F. Teller.


Ursprung der Weihnachtspyramide


Heute gehört für die meisten Familien in Sachsen die Pyramide zu Weihnachten wie Weihnachtsbaum und Gänsebraten. Auch der Ursprung der Weihnachtspyramide lässt sich ins mittelalterliche Erzgebirge zurückverfolgen, wobei Einflüsse aus ganz Europa zusammenfanden. Um Unheil in der dunklen Zeit abzuwenden, hingen die Menschen in Süd- und Westeuropa in ihren Wohnungen immergrüne Zweige auf. In Ost und Nordeuropa versuchte man das Unheil durch die Helligkeit des Kerzenlichtes abzuwenden. Die Weihnachtspyramide vereinte beide Bräuche: Sie bestand aus vier Stäben, die mit grünen Zweigen umwickelt waren. Am oberen Ende waren diese zusammen gebunden und mit Lichtern bestückt. Für den Antrieb waren einmal mehr die Bergleute Ideengeber. Die Drehung durch Kerzenwärme wurde der Fördertechnik von Schachtanlagen im Bergbau entnommen. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die bildlichen Darstellungen dazu. Im vergangenen Jahrhundert eroberten Großpyramiden dann die Marktplätze im Erzgebirge. Das gemeinsame "Pyramide anschieben" bei Glühwein und Weihnachtsliedern ist vielerorts ein beliebter Höhepunkt der Adventszeit.

Herrlich duftend: das Räuchermännchen


Nicht zu vergessen: das allseits beliebte Raachermannl, wie es im Erzgebirge genannt wird. Das ist nicht nur dekorativ, sondern verbreitet im Haus auch einen herrlichen Duft - ob als Nachbildung verschiedener Berufe wie Schornsteinfeger oder als weihnachtliches Motiv wie Schnee- oder Weihnachtsmänner. Zurück geht der Brauch des Räuchern auf die Zeit, in der Tannenreisig auf der Ofenplatte oder über der Kerzenflamme in flachen Schalen verschwelt wurde. Mit dem Wohlgeruch sollten gleichzeitig böse Geister vertrieben und gute herbeigelockt werden. Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden die heute bekannten kegelförmigen Räucherkerzen mit ihrem typischen Weihrauchduft. Die Verwendung von Weihrauch zur Weihnachtszeit war ein Brauch, der auf die Heiligen Drei Könige zurückging, die dem Jesuskind Weihrauch, Gold und Myrrhe als Geschenke überbrachten. Der Schöpfer der gedrechselten Figuren mit ihrem hohlen Bauch soll vorwiegend der um 1850 in Heidelberg bei Olbernhau lebende Ferdinand Frohs gewesen sein.

Gibt es einen richtigen Zeitpunkt für die Deko? 


So bleibt die Frage: Ab wann sollte man die Weihnachtsdeko anbringen? Einige Fans von Raachermannl, Lichterbogen und Co. können es Jahr für Jahr nicht erwarten und schmücken bereits Mitte November ihre vier Wände von innen und außen. Natürlich darf das grundsätzlich jeder selbst entscheiden, aber es gibt dennoch ein paar Anhaltspunkte für den richtigen Zeitpunkt. So endet beispielsweise mit dem letzten Sonntag vor dem ersten Advent, dem Totensonntag, das christliche Kirchenjahr. Für evangelische und katholische Gläubige beginnt anschließend die Vorweihnachtszeit. Nach dem Totensonntag ist es also allgemein akzeptiert, drinnen und draußen weihnachtliche Dekoration anzubringen. Alternativ kann man sich am ersten Advent orientieren. In vielen Familien gehört es zum schönen Brauch, am ersten Adventssonntag gemeinsam in den Deko-Kisten zu kramen und die weihnachtliche Gemütlichkeit in die Zimmer zu holen. Wer es dennoch nicht erwarten kann, beginnt einfach früher mit dem Schmücken und schaltet die Lichtelemente erst nach dem Feiertag an.
 



  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion