Wohnraum gegen Geld. Das ist die einfachste Beschreibung eines Mietverhältnisses. Der Vermieter stellt die Räume, der Mieter kann sie gegen Zahlung der Miete nutzen.
Daraus ergeben sich für beide Vertragspartner Pflichten:
- Der Mieter oder mit Mieterin muss vor allem regelmäßig und pünktlich die Miete zahlen.
- Der Vermieter oder die Vermieterin muss unter anderem die sogenannte Mietsache instand halten, also die Wohnung oder das Haus.
Was bedeutet Mietminderung?
Tritt ein Mangel auf, können Mieterinnen und Mieter die Mietzahlung mindern. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, Paragraf 536).
Mieter müssen weniger Geld an den Vermieter zahlen...
- wenn etwas kaputt ist, zum Beispiel der Durchlauferhitzer.
- ein Schaden aufgetreten ist, zum Beispiel ein Rohr geplatzt.
- etwas ausgefallen ist, zum Beispiel die Heizung.
Was müssen Sie bei einer Mietminderung beachten?
Diese drei Regeln gelten für die Mietminderung:
1. Mangel feststellen
Ohne Mangel kein Recht auf Minderung. Sie dürfen die Miete nur in begründeten Fällen kürzen. Bei dem Mangel sollte es sich nicht um eine Bagatelle handeln.
Das Gesetz spricht davon, dass der Mangel die "Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch (der Wohnung) aufhebt" oder mindert.
Beispiel: "Ein Kratzer auf dem Parkett reicht für eine Mietminderung in der Regel nicht aus", erklärt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland.
Außerdem gilt: Eine Mietminderung kann ausgeschlossen sein, wenn Mieter den Mangel von Beginn an kannten. Zieht jemand in eine Wohnung über einer Gaststätte, ist eine Mietminderung wegen des dort entstehenden Lärms im Regelfall nicht möglich.
Wer den Mangel selbst verschuldet oder verursacht hat, kann ebenfalls keine Mietminderung geltend machen.
Generell ist eine Minderung nur so lange möglich, bis der Mangel behoben ist. Bei sogenannter fortschreitender Mängelbeseitigung – wenn Vermieter ihn also erst nach und nach beseitigen können - müssen Mieter die Höhe der Mietminderung anpassen.
Gut zu wissen: Das Mietminderungsrecht dürfen Vermieter nicht beschränken. "Eine solche Klausel im Mietvertrag wäre unwirksam", sagt Julia Wagner.
2. Mangel anzeigen
Sie müssen den Vermieter grundsätzlich über den Mangel informieren. "Er muss ja die Möglichkeit haben, den Mangel zu beseitigen", sagt Julia Wagner.
Wie die Anzeige geschieht, ist nicht festgelegt, eine kurze E-Mail kann genügen. Mieter können den Mangel aber auch ausführlich beschreiben, bestenfalls aussagekräftige Fotos beifügen und gegebenenfalls einen Zeugen benennen.
Wissen Vermieter nichts von einem Mangel, ist der Mieter auch nicht berechtigt, die Miete zu mindern. Das entschied das Landgericht Krefeld (Urteil vom 20.12.2017, Az.: 2 S 65/16).
Außerdem müssen Vermieter die Möglichkeit haben, sich ein Bild von den angezeigten Mängeln zu machen. Verweigern Mieter den Zutritt zur Wohnung, können sie das Recht auf Mietminderung verlieren, entschied das Landgericht Berlin (Urteil vom 22.10.2020, Az.: 65 S 185/19).
3. Minderungsquoten ermitteln
Auch wenn ein Mangel ärgerlich ist - die volle Miete dürfen Mieter nur selten einbehalten. In welcher Höhe Sie die Bruttomiete – also die Miete inklusive der Nebenkosten - kürzen dürfen, hängt immer vom Einzelfall ab.
Die Bandbreite ist groß und reicht von 100 Prozent bis 0 Prozent. Gerichtsentscheidungen können eine Idee davon geben, wie viel in Ihrem Fall angemessen sein kann. Sind Sie unsicher, kann Sie ein Rechtsanwalt oder Mieterverein beraten.
Vier Beispiele für Mietminderungen:
- 100 Prozent sind gerechtfertigt bei einem kompletten Ausfall der Elektrik, entschied das Amtsgericht Berlin-Neukölln (Urteil vom 20.10.1987, Az.: 15 C 23/87).
- 75 Prozent sind angemessen, wenn das Schlafzimmer wegen Heizungsgeräuschen nicht benutzbar ist, so das Landgericht Mannheim (Urteil vom 23.11.1977, Az.: 4 S 95/77).
- 50 Prozent sind bei Schimmelbefall im Wohnzimmer denkbar, urteilte das Landgericht Hamburg (Urteil vom 08.01.2008, Az.: 307 S 144/07).
- 0 Prozent rechtfertigt eine schwergängige Haustür, entschied das Landgericht Berlin (Urteil vom 27.10.2006, Az.: 63 S 186/06).
Weil die Bandbreite ebenso groß ist, sollten Mieterinnen und Mieter lieber etwas vorsichtiger sein. Wenn die Minderung zu hoch ist, können Mieter in Zahlungsverzug geraten - mit fatalen Folgen: Wer dem Vermieter zwei Monatsmieten schuldet, riskiert die fristlose Kündigung.
Welche Alternativen zur Mietminderung gibt es?
Eine andere Möglichkeit ist es, die Miete unter Vorbehalt zu zahlen.
In diesem Fall können Sie die Miete rückwirkend mindern, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien vom Deutschen Anwaltsverein (DAV). Die Experten verweisen auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg (Urteil vom 14.09.2020, Az.: 31 C 168/19).
Achtung: Zahlen Sie trotz des Mangels weiter die reguläre Miete, können Sie das rückwirkend nicht mehr ändern.
Was rechtfertigt eine Mietminderung?
Es gibt vielfältige Gründe, die eine Mietminderung rechtfertigen. In manchen Fällen sind Gerichte auf der Seite der Mieter, in anderen entschieden sie zugunsten von Vermietern.
Hier kommen acht typische Probleme:
1. Heizungsausfall
- Fällt die Heizung nur kurzzeitig aus, sodass die Wohnung nicht wesentlich auskühlt, kann es sich um einen unerheblichen Mangel handeln. Dies berechtigt nicht zur Mietminderung, entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 30.06.2004, Az.: XII ZR 251/02).
- Ebenfalls kein Mangel liegt vor, wenn die Heizungsanlage in den Sommermonaten ausfällt.
- Fällt die Heizung aber im Winter aus, ist eine Minderung von 100 Prozent rechtmäßig (Landgericht Hamburg, Urteil vom 15.05.1975, Az.: 7 O 80/74).
2. Schimmelpilzbefall
Schimmel in der Wohnung berechtigt zur Mietminderung. Die Höhe kann aber deutlich variieren und hängt sehr stark von Ausmaß und Grund des Befalls ab.
- 75 Prozent Mietminderung können möglich sein, wenn alle Räume einer Neubauwohnung von Schimmelpilz befallen sind (Landgericht Köln, Urteil vom 15.11.2000, Az.: 9 S 25/00).
- Eine Mietminderung um 10 Prozent ist gerechtfertigt, wenn der Schaden aufgrund der baulichen Gegebenheiten immer wieder auftritt (Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2021, Az.: 37 C 1506/19).
Gut zu wissen: Das Trocknen von Wäsche in der Wohnung dürfen Vermieter Mietern nicht untersagen, wenn es im Haus keinen Trockenraum gibt.
3. Schädlinge in der Wohnung
Ungeziefer am oder im Haus kann ein Mangel sein.
- Ist eine Wohnung etwa von Kakerlaken befallen, können Sie die Miete um 10 Prozent kürzen (Amtsgericht Bonn, Urteil vom 08.02.1985, Az.: 6 C 277/84).
- Eine Mäuseplage in einer Stadtwohnung kann zu einer Mietminderung von 100 Prozent berechtigen (Amtsgericht Brandenburg a. d. Havel, Urteil vom 06.08.2001, Az.: 32 C 520/00).
Einzelne Schädlinge müssen Mieter hinnehmen. "Dies gehört zu einer normalen Nutzung der Mietwohnung dazu", sagt Julia Wagner.
Beispiel: Das Amtsgericht Köln befand, dass einzelne Ameisen alleine in der Regel nicht dazu führen, dass der vertragsmäßige Gebrauch einer Wohnung beeinträchtigt ist (Urteil vom 06.04.1998, Az.: 213 C 548/97). Davon könnte erst die Rede sein, wenn es zu einer richtigen Besiedlung durch die Ameisen kommt.
4. Vogelkot auf Balkon und Terrasse
Gegen den Schmutz von Vögeln können Vermieter nicht immer etwas ausrichten. Daher gelten solche Verunreinigungen grundsätzlich nicht als vertragswidriger Zustand.
- Vogelkot ist deshalb kein Grund, der Mieterinnen und Mieter zu einer Mietminderung berechtigt, erklärt der Deutsche Mieterbund (DMB). Das gilt sogar, wenn Nachbarn die Vögel durch Füttern und das Aufstellen von Wassergefäßen anlocken (Landgericht Berlin, Urteil vom 21.05.2010, Az.: 65 S 540/09).
- Beeinträchtigungen der Mietsache durch Tauben rechtfertigen keine Mietminderung, befand auch das Landgericht Kleve. Ist dem Vermieter Abhilfe nicht möglich, können Bewohner die Miete nicht mindern (Urteil vom 28.01.1986, Az.: 3 S 117/85).
- Nisten Tauben aber vor dem Fenster, insbesondere vor dem Schlafzimmer, ist eine Mietminderung gerechtfertigt. Denn das kann zu einer Lärm- und Geruchsbelästigung sowie - durch den Taubenkot - zur Gesundheitsgefährdung führen. Das Amtsgericht Pforzheim billigte eine Minderung um 30 Prozent (Urteil vom 09.03.2000, Az.: 2 C 160/98).
5. Wasserausfall
Steht Mietern kein Wasser zur Verfügung, kommt es auf den Einzelfall an, wie viel sie mindern können. Zu unterscheiden ist zwischen einem völligen Ausfall und reduzierter Wassertemperatur.
- Fällt das Wasser komplett aus, ist nach Ansicht des Mieterbundes eine Mietminderung von bis zu 20 Prozent vorstellbar.
- Allerdings müssen Mieter damit leben, wenn zunächst etwas Wasser ablaufen muss, bevor es eine Mindesttemperatur erreicht. Laut Norm sollte spätestens 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen des Heißwasserhahns eine Temperatur von 55 Grad Celsius erreicht werden. Dauert es länger, kann das ein Mangel sein, entschied das Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 25.04.2018, Az.: 7 C 82/17).
- Steht kein Warmwasser in der Zeit von 22.00 bis 7.00 Uhr zur Verfügung, kann eine Mietminderung von bis zu 7,5 Prozent möglich sein, so der Immobilienverband (IVD).
- Ist die Warmwasser- und Heizungsversorgung unterbrochen, gelten 10 Prozent Mietminderung als Richtschnur.
6. Defekter Aufzug
Können Mieter den Fahrstuhl aufgrund von Mängeln über einen längeren Zeitraum nicht nutzen, kommt eine Mietminderung in Betracht, so der Deutsche Mieterbund.
Eine Minderung um 14 Prozent rechtfertigt der Ausfall des Fahrstuhls in einer Dachgeschosswohnung laut Amtsgericht Berlin-Schöneberg (Urteil vom 26.08.2015, Az.: 104 C 85/15).
7. Baulärm in der Nachbarschaft
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Mietern ein Recht auf Lärm-Mietminderung abgesprochen (Urteil vom 29.4.2020, Az.: VIII ZR 31/18).
Geklagt hatte ein Vermieter aus Berlin. Vier Jahre nach dem Einzug seiner Mieterin wurde auf dem angrenzenden Grundstück eine Baulücke geschlossen. Daraufhin überwies die Frau 10 Prozent weniger.
Der BGH ließ das so nicht durchgehen. Mieter könnten sich nicht am Vermieter schadlos halten, wenn dieser rechtlich nichts gegen den lästigen Lärm ausrichten könne. Außerdem seien Veränderungen im Umfeld der Wohnung dem Vermieter nicht allein anzulasten.
8. Fehlender Pkw-Stellplatz
Kann ein Mieter einen gemieteten Stellplatz nicht mehr nutzen, kann er nicht einfach die Mietzahlung einstellen. Das gilt vor allem, wenn ihm ein alternativer Stellplatz angeboten wird, befand das Amtsgericht Köln (Urteil vom 18. Dezember 2019, Az.: 201 C 193/18). Denn dann liege nur eine "unerhebliche Beeinträchtigung des Gebrauchstauglichkeit" der Mietsache vor.