Starkregen und Überflutungen, extreme Hitze, ausgetrocknete Böden und heftige Stürme: Extreme Wetterereignisse haben in den vergangenen Jahren gefühlt auch in Deutschland zugenommen. Der Grund ist der Klimawandel, heißt es. Stimmt das? Ein Überblick.
Unwetter und Extremwetter: Was ist der Unterschied?
Unwetter kennt jeder. Manchmal warnen Meteorologen auch vor einem extremen Unwetter. Und dann ist immer häufiger von Extremwetter die Rede. Klingt alles ähnlich - ist es aber nicht.
Bei Extremwetter komme es nicht nur auf die Intensität an sich an, sondern auch auf die Häufigkeit, sagt Klimatologe Andreas Walter vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
- Ein Sommergewitter kann durchaus heftig sein und Schäden anrichten. Aber es tritt zu der Jahreszeit typischerweise auf. Ein solches Unwetter ist also kein extremes Wetterereignis.
- Der starke Regen, der 2021 unter anderem die katastrophale Flut im Ahrtal ausgelöst hat, kommt statistisch viel seltener vor. Man spricht von einer Jahrhundertflut. Hier passt der Begriff Extremwetter.
Extrem ist das Wetter also dann, wenn bestimmte Schwellenwerte weit über der Norm liegen, was drastische Auswirkungen haben kann.
Gut zu wissen: Der DWD warnt die Bevölkerung in Deutschland nicht nur vor extremen Wetterereignissen, die statistisch selten sind - sondern generell vor potenziell gefährlichen Wetterereignissen, die Einfluss auf die öffentliche Ordnung haben und Leben gefährden können.
Zur Einordnung gibt es vier verschiedene Abstufungen:
- Stufe 1, Wetterwarnung (gelb): Das Wetter entwickelt sich nicht ungewöhnlich, sollte aber beobachtet werden, da es im Verlauf zu Gefährdungen kommen könnte.
- Stufe 2, Warnungen vor markantem Wetter (orange): Hier besteht ebenfalls noch kein Grund zu übermäßiger Sorge, lokal können aber Schäden entstehen. Beobachten Sie die Entwicklung und die Warnlage.
- Stufe 3, amtliche Unwetterwarnung (rot): In diesem Fall warnt der DWD vor Wetterentwicklungen, die für Menschen gefährlich werden können - etwa durch Schäden an Häusern oder umstürzende Bäume. Sie sollten vorsichtig sein und Gefahrensituationen aus dem Weg gehen.
- Stufe 4, amtliche Warnung vor extremem Unwetter (dunkelrot): Hier sind Menschenleben in Gefahr. Sie sollten drinnenbleiben, amtlichen Anweisungen folgen und sich regelmäßig informieren.
Konkret gewarnt wird je nach Situation vor Ereignissen wie:
- Gewitter (auch mit Hagel)
- Sturm und heftigem Wind
- Schneefall und Schneeverwehungen
- Dauerregen und Starkregen
- Frost
- Glatteis
- Tauwetter
- Nebel
Darüber hinaus gibt es Hitzewarnungen und Warnungen vor UV-Strahlung.
Kommt es in Deutschland häufiger zu Extremwetter als früher?
Ja, bestätigt der DWD.
Starkregen ist häufiger geworden - und intensiver. Das zeigt eine Analyse von Niederschlagsdaten aus den Jahren 2001 bis 2020 durch den DWD, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW).
Zwei zentrale Erkenntnisse der Untersuchung lauten:
- In einer wärmeren Umgebung kommt Niederschlag häufiger als lokaler Starkregen statt als großflächiger Dauerregen herunter.
- Starkregen kann überall in Deutschland auftreten.
Klimatologe Walter bestätigt, dass Starkregenereignisse mit 25 bis 40 Litern pro Quadratmeter und Stunde deutlich zugenommen haben.
Starkregen ist deshalb so gefährlich, weil in kurzer Zeit so viel Regen fällt, dass weder der Boden noch die Kanalisation diese Menge aufnehmen können.
Deshalb sucht sich das Wasser andere Wege. Sturzfluten ergießen sich durch die Straßen und lassen Keller volllaufen. Harmlose Bäche schwellen zu reißenden Flüssen an.
Doch es sind nicht Stürme und Überflutungen, die in Deutschland die meisten Menschenleben fordern, sondern hohe Temperaturen. Extreme Hitze ist besonders tödlich, heißt es vom DWD. Und auch Hitzewellen nehmen den Experten zufolge zu - und fallen immer heftiger aus.
Stürme sind dagegen nicht häufiger geworden, so der DWD. Weder im Winter noch im Sommer seien die Veränderungen signifikant.
Gut zu wissen: Dass in Deutschland in den vergangenen Jahren wiederholt Tornados gesichtet wurden, ist nichts Ungewöhnliches. Die Wirbelwinde gab es schon immer. Sie werden durch Wetter-Cams und Smartphone-Aufnahmen nur häufiger aufgezeichnet.
Was ist der Unterschied zwischen Wetter und Klima?
Das Wetter ist der Zustand der Atmosphäre an einem Ort für Stunden oder wenige Tage. Fundamentale Größen des Wetters sind:
- Lufttemperatur
- Luftfeuchte
- Luftdruck
- Windrichtung und Windgeschwindigkeit
- Bewölkung
- Niederschlag
- Sichtweite
Als Klima bezeichnet man den Verlauf des Wetters an einem Ort über den Jahresverlauf. Die Daten werden über einen längeren Zeitraum vergleichend betrachtet - meist über Jahrzehnte hinweg.
Der Klimawandel ist somit die Veränderung des Klimas über einen langen Zeitraum hinweg. Dass das Klima sich verändert, ist nicht ungewöhnlich. Ein Beispiel dafür sind die Eiszeiten.
Führende Forscherinnen und Forscher gehen aber davon aus, dass der derzeitige Klimawandel durch das menschliche Verhalten auf der Erde seit der Industrialisierung im wahrsten Sinne des Wortes befeuert wird.
Durch die Verbrennung fossiler Energie wie Kohle, Erdöl und Erdgas nimmt der Mensch Einfluss auf die Atmosphäre. Auch die Abholzung der Wälder und die intensive Viehzucht spielen eine Rolle.
Man spricht hier vom anthropogenen (menschengemachten) Klimawandel.
Welche Rolle spielen die Treibhausgase?
Der Treibhauseffekt ist ein natürlicher und wichtiger Mechanismus, der dafür sorgt, dass auf der Erde milde Temperaturen herrschen.
Stark vereinfacht funktioniert dieser Effekt so:
- Die Erdoberfläche nimmt Energie von Sonnenstrahlen auf.
- Diese Energie wird in Form von Wärme wieder abgestrahlt.
- Treibhausgase in der Atmosphäre wie Kohlendioxid (CO2), Methan und Wasserdampf nehmen diese Wärmestrahlung auf und reflektieren sie.
- Die Atmosphäre erwärmt sich - erst so wird Leben möglich.
Ohne natürliche Treibhausgase läge die globale Mitteltemperatur momentan bei etwa minus 15 Grad Celsius, heißt es vom Umweltbundesamt. Derzeit sind es rund 15 Grad Celsius.
Doch seit der Industrialisierung greift der Mensch in den natürlichen Treibhauseffekt ein. Er setzt immer mehr Treibhausgase frei, ihre Konzentration in der Atmosphäre erhöht sich. Das führt dazu, dass weniger Wärme ins All abstrahlen kann, sondern zur Erdoberfläche zurück reflektiert wird. Der Treibhauseffekt wird verstärkt.
Die Folge: Die Atmosphäre erwärmt sich, die Temperaturen steigen.
Wärmer ist es nicht nur im weltweiten Durchschnitt geworden, sondern auch bei uns in Deutschland. Seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 lag der Anstieg im Jahresmittel bei 1,7 Grad.
Gut zu wissen: Der Treibhauseffekt heißt so, weil die Atmosphäre der Erde einem Gewächshaus für Pflanzen ähnelt, auch Treibhaus genannt. Sonnenstrahlung wird hineingelassen, aber die Wärme nicht nach außen abgegeben. Dadurch steigt die Temperatur innen deutlich.
Sorgt der Klimawandel für mehr Extremwetter?
Die kurze Antwort: Ja.
Der aktuelle Report des Weltklimarats (IPCC) ist ziemlich eindeutig: Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre, die Oberflächentemperatur der Erde und die Meeresspiegel steigen rasant. Dadurch kommt es häufiger zu Extremwetter wie Starkregen.
DWD-Experte Walter bestätigt: Extremwetterereignisse werden im Zuge des Klimawandels global gesehen häufiger auftreten.
Ein Faktor ist beispielsweise die höhere Verdunstung: Wenn es wärmer wird, verdunstet mehr Wasser aus Böden, Pflanzen oder Gewässern. Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. Und wo mehr Wasserdampf drin ist, kann entsprechend mehr heraus regnen.
So könnte das Klima der Zukunft aussehen
Wissenschaft, Politik und Gesellschaft versuchen zu prognostizieren, wie das Klima der Zukunft aussehen wird. Zwar gibt es Modelle, aber vieles ist noch unklar. Doch es zeichnen sich Tendenzen ab.
Blick auf Deutschland
Auf Basis von DWD-Klimaprojektionen müssen wir in Mitteleuropa von steigenden Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts ausgehen.
"Und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch von extremen Temperaturen, die wir in Deutschland noch nicht erlebt haben - und zwar deutlich über 40 Grad", sagt Walter.
Bei den Niederschlägen sei hierzulande keine große Änderung der jährlichen Gesamtmenge anzunehmen, so der Fachmann - über das Jahr gesehen aber von einer anderen Verteilung.
"Die Winter werden feuchter, die Sommer trockener", sagt Walter.
Die Sommer seien laut Modellen von langen Dürrephasen gekennzeichnet, die immer nur kurz von Starkregen unterbrochen werden. "Diese Niederschläge kann der ausgetrocknete Boden nicht aufnehmen. Sie fließen oberflächlich ab und versickern nicht mehr richtig", so der Fachmann. "Es ist damit zu rechnen, dass die Flüsse im Sommer trockenfallen. Winterhochwasser dürften dagegen zunehmen."
Globale Klimaveränderungen
Steigen die Temperaturen weiter, rechnen viele Experten damit, dass wichtige Kipppunkte des Klimas überschritten werden.
Das bedeutet, dass empfindliche Ökosysteme unwiederbringlich aus dem Gleichgewicht geraten und eine gefährliche Kettenreaktion in Gang gesetzt wird. In der Folge wird es auf der Erde erst recht wärmer.
Zu diesen Kipppunkten zählen unter anderem:
- das Abschmelzen der Polkappen
- das Auftauen des Permafrostbodens
- eine Abschwächung der Atlantischen Umwälzbewegung, zu der auch der Golfstrom gehört
Die Zahl der Kipppunkte variiert je nach Fachinstitution. Der Global Tipping Points Report zum Beispiel führt fünf große Natursysteme auf, die vor möglicherweise unumkehrbaren Umwälzungen stehen: das grönländische und das westantarktische Eisschild, die subpolare Wirbelzirkulation im Nordatlantik, Warmwasserkorallenriffe und einige Permafrost-Gebiete.
Allerdings ist es im Einzelfall schwierig bis unmöglich, konkret zu benennen, wie nah ein Kippelement tatsächlich am Kollaps ist.
Das können wir jetzt noch gegen den Klimawandel tun
Zum einen ist internationales politisches Handeln gefragt. Aber auch jeder Einzelne kann einen Beitrag für den Klimaschutz leisten.
Die große Kennziffer für die Wissenschaft ist dabei das sogenannte 1,5-Grad-Ziel, also die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um diesen Wert. Maßnahmen wie die Reduktion des CO2-Ausstoßes sollen dabei helfen. Ob das überhaupt noch eingehalten werden kann, ist jedoch fraglich.
"Einen Teil des menschengemachten Treibhauseffekts können wir nicht mehr rückgängig machen", sagt Walter. "An die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels müssen wir uns anpassen."
Anders gesagt: Wir müssen mit dem leben, was wir schon angerichtet haben - und uns anstrengen, damit es nicht noch schlimmer wird.
Es gibt drei Stellschrauben, an denen jeder und jede Einzelne drehen kann:
- Emissionen verringern
- Energie sparen
- Ressourcen schonen
Gut zu wissen: Die durchschnittlichen Treibhausgas-Emissionen pro Kopf in Deutschland lagen 2023 laut Umweltbundesamt bei 8 Tonnen. Dabei handelt es sich um Emissionen, die hier im Land entstehen. Im weltweiten Schnitt sind es ungefähr 5 Tonnen.
Es gibt auch eine komplexere, verbrauchsbezogene Bilanz, die zum Beispiel internationale Flugreisen berücksichtigt, also den erzeugten Ausstoß auch außerhalb der Landesgrenzen. Dieser Wert ist höher: Das Umweltbundesamt geht aktuell von 10,3 Tonnen pro Kopf aus.
Der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes gibt Aufschluss über den persönlichen Verbrauch. Er zeigt Werte in den wichtigsten Bereichen des Alltags auf: Wohnen, Mobilität, Ernährung und Konsum.
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat 77 Tipps für den Klimaschutz zusammengetragen. 10 ausgewählte Punkte:
1. Statt Plastik- oder Papiertüte beim Einkauf einen Mehrwegbeutel verwenden.
2. Das Kühlfach bei Vereisung abtauen, um einen erhöhten Stromverbrauch zu vermeiden.
3. Beim Kochen den Deckel auf den Topf tun, um den Energieverbrauch möglichst gering zu halten.
4. Duschen statt baden und idealerweise einen Niederdruck-Brausekopf oder Durchlaufbegrenzer benutzen. Beides spart Wasser.
5. Wäsche bei niedrigen Temperaturen waschen und Eco-Programme verwenden.
6. Heizkörper nicht durch Möbel oder Vorhänge verdecken, sodass warme Luft sich im Raum verteilen kann.
7. Bei Neuanschaffungen von Elektrogeräten auf die Energieeffizienzklasse achten.
8. Statt Auto öfter mal den Bus oder das Fahrrad nutzen.
9. Wenn es doch das Auto sein muss: möglichst niedrigtourig fahren, um Sprit zu sparen.
10. Statt nach einem neuen Smartphone nach einem gebrauchten ("refurbished") Ausschau halten. Das spart Rohstoffe.