Das "Kokain des armen Mannes" ist auf dem Vormarsch: Bei Capatagon handelt es sich um eine synthetische Droge, die neben Koffein und weiteren Stimulanzen auch den Wirkstoff Fenetyllin enthält. Captagon wird vor allem als Aufputschmittel konsumiert. Besonders verbreitet ist die Droge im arabischen Raum: Auf den Straßen Riads oder Dubais ist die Pille für etwa 20 Dollar zu haben. Jugendliche konsumieren es als Partydroge.
Deutschland war einst Transitland für Captagon
Anfang der 1960er-Jahre stellte der Pharmakonzern Degussa Captagon als Medikament mit dem Wirkstoff Fenetyllin zur Behandlung von ADHS her. Doch aufgrund seiner stark süchtig machenden Wirkung und Nebenwirkungen wie Depressionen, Angstzuständen und Halluzinationen stufte das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung Captagon als gefährliche Substanz ein, woraufhin es wieder vom Markt genommen wurde.
Heute wird Captagon überwiegend in Ländern wie Syrien und dem Libanon produziert, wo es dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad als lukrative Einnahmequelle dient, denn Stoffe wie Amphetamin und Koffein kosten pro Tablette nur wenige Cent. Doch in den vergangenen Jahren ist Deutschland immer mehr zu einem Umschlagplatz für die Droge geworden. So stellten Zoll und Ermittler laut Recherchen von BR, MDR, RBB, SWR, der "FAZ" und der Mediengruppe Bayern rund 1,2 Tonnen Captagon in den letzten Jahren in Deutschland sicher. In der Vergangenheit war Deutschland vor allem ein Transitland, in dem die Droge umverpackt und weiterverschifft wurde.
Deutschland jetzt auch als Absatzmarkt für Captagon?
Im Sommer vergangenen Jahres fand das BKA eine Produktionsstätte für Captagon-Tabeltten in Regensburg. Das Pulver für die Herstellung kam aus den Niederlanden. Die beschlagnahmte Menge hätte laut der ARD-Sendergruppe ausgereicht, um mehrere Tonnen von Pillen herzustellen. Obwohl es laut BKA bislang kaum Anzeichen von Captagon-Konsum hierzulande gibt, gehen Experten davon aus, dass die Pillen auch in Deutschland vermehrt geschluckt werden. Dass die Droge bereits in Deutschland hergestellt wird, würde ein Anzeichen dafür sein, dass sie auch hier genügend Abnehmer findet.
So sagte Antonio Hubbard, ein ehemaliger Agent der US-Anti-Drogenbehörde DEA gegenüber der ARD, der "FAZ" und der Mediengruppe Bayern, das Kriminelle in der Regel einen Teil der Produktion in die eigene Tasche stecken und auf dem Markt vor Ort vertreiben würden. "Kein Transitland bleibt Transitland", so Hubbard. "Alle Länder sollten sich über den Aufstieg von Captagon Sorgen machen."