Der Motor geht aus, im Cockpit leuchten sämtliche Warnlampen, alle Startversuche schlagen fehl. Der Wagen streikt. Wer dann nicht auf die Hilfe eines professionellen Abschleppunternehmens setzen will, muss sich abschleppen lassen. Dabei müssen aber einige Dinge beachtet werden.
Ist das Abschleppen immer erlaubt?
Nein. Laut geltender Gesetzgebung muss ein gerechtfertigter Notstand vorliegen, bevor ein Fahrzeug an den Haken genommen werden darf, erklärt Matthias Strixner von Tüv Süd: "Ein leerer Tank etwa ist kein Grund zum Abschleppen." Dann müsste man sich via Reservetank selbst behelfen oder einen Pannendienst zur Hilfe holen.
Auch eine leere Batterie oder der Ausfall der Elektrik berechtigten nicht zum Abschleppen, denn beide Fahrzeuge müssten mit aktivierten Warnblinkern unterwegs sein.
Kann der Wagen nicht vor Ort repariert werden, muss der Havarist auf dem kürzesten Weg in die nächste Werkstatt geschleppt werden.
Abschleppen: Warnweste an und Abschleppöse suchen
Führt kein Weg am Abschleppen vorbei, braucht es einige Vorsichtsmaßnahmen. "Im ersten Schritt sollte eine Warnweste angezogen und die Gefahrenstelle abgesichert werden", sagt Jeannine Ulm vom Auto Club Europa (ACE). Dann müssen die Fahrzeuge präpariert werden. Neuere Fahrzeuge verfügen über Abschleppösen, die zunächst eingeschraubt werden müssen. Meist befindet sich das entsprechende Gewinde im Bereich der Stoßstange hinter einer Plastikkappe, die zuvor entfernt werden muss.
Was gilt beim Abschleppen auf der Autobahn?
Wer auf der Autobahn liegenbleibt, für den gelten besondere Regeln. Der ADAC weist darauf hin, dass dort nur abgeschleppt werden darf, wenn die Panne auch dort passiert. Dann gelte es, die Autobahn mit dem havarierten Fahrzeug auf dem kürzesten Weg zu verlassen. Als Transferweg zwischen Pannenort und Werkstatt darf die Autobahn nicht genutzt werden.
Mit welchem Auto sollte abgeschleppt werden?
Hier sind die Kräfteverhältnisse wichtig: "Das Zugfahrzeug muss ordnungsgemäß angemeldet sein und sollte schwerer und größer sein als das abzuschleppende Fahrzeug", rät Philipp Mathey von Automobil-Club Verkehr (ACV). Wichtig: Auf die maximal erlaubte Zugkraft des Abschleppseils bzw. der Abschleppstange achten.
Abschleppstange oder Abschleppseil?
Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. "Am besten geeignet sind Nylonseile. Sie dehnen sich und fangen so ruckartige Bewegungen auf", sagt Matthias Strixner. In jedem Fall aber müssten beide Varianten ausreichend dimensioniert sein und der lichte Abstand zwischen beiden Fahrzeugen darf nicht mehr als fünf Meter betragen.
Zudem müssen Seil oder Stange in der Mitte für andere Verkehrsteilnehmer ausreichend sichtbar und kenntlich gemacht werden, zum Beispiel durch einen roten Lappen oder ein Fähnchen. Abschleppstangen sind Strixner zufolge am sichersten, aber auch sperrig und im Vergleich zu Seilen teurer. Dafür sorgt die Stange immer für den richtigen Abstand. Wird mit einem Seil abgeschleppt, muss dieses immer unter Spannung gehalten werden.
Beim Abschleppen: Zündung ein und langsam fahren
Seil oder Stange sollten nie diagonal zum Einsatz kommen, da der Pannenwagen ansonsten in den Gegenverkehr oder auf den Gehweg gezogen werden könnte, warnt Strixner. Wichtig zudem: Das Lenkradschloss darf nicht plötzlich einrasten können. Es muss also muss je nach Ausführung die Fahrposition des Zündschlosses aktiviert sein.
Ansonsten gelte es, mit sehr gemäßigtem Tempo und besonders hoher Aufmerksamkeit unterwegs zu sein. "Es gibt keine Höchstgeschwindigkeit beim Abschleppen. Aber es empfiehlt sich, maximal 50 km/h zu fahren, weil bei ausgeschaltetem Motor des Pannenautos auch Bremsverstärker und Servolenkung nicht aktiviert sind", sagt Philipp Mathey vom ACV. Sonst reicht die Bremskraft eventuell nicht aus und man fährt schlimmstenfalls auf das abschleppende Fahrzeug auf.
Wichtig: Kommunizieren
Bevor sich ein Abschleppgespann in Bewegung setzt, sollten sich die Beteiligten absprechen, wie sie sich während der Fahrt verständigen. Ideal ist hierfür die Freisprecheinrichtung des Mobiltelefons. Da beide Fahrzeuge mit Warnblinkern unterwegs sind, muss das Blinken zudem via Handzeichen aus dem Fenster erfolgen. "Das ist insbesondere beim Rechtsabbiegen anspruchsvoll. Hier kann man aus dem linken Fenster heraus über das Autodach nach rechts zeigen", rät Mathey.
Vorsicht bei Abschleppen von Automatik und Allrad
Fahrzeuge mit Schaltgetriebe können problemlos im Leerlauf abgeschleppt werden, bei einem Automatikgetriebe jedoch gibt es mitunter Einschränkungen. Hier muss die Schaltstufe N gewählt werden. "Viele Automatikgetriebe aber sind empfindlich und können nur für einige Kilometer gefahrlos abgeschleppt werden", sagt ACV-Experte Mathey.
Der Grund sei die starke Wärmeentwicklung beim Abschleppen, die Schäden verursachen könne. Bei vielen modernen Automatikmodellen jedoch lasse sich die Verbindung zwischen Antriebsachse und Getriebe entriegeln. Auch für Allradfahrzeuge kann es Einschränkungen geben. Daher empfiehlt sich vor dem Abschleppen immer ein Blick in die Betriebsanleitung.
Sonderfall E-Auto
E-Autos sollten besser gar nicht abgeschleppt werden. "Die Räder drehen die Elektromotoren mit, wodurch die Motoren Strom erzeugen. Das Auto aber ist nicht betriebsbereit, dadurch kann die Leistungselektronik oder die Batterie beschädigt werden", warnt Jeannine Ulm. Gleiches gelte auch für Hybridfahrzeuge. Wer mit einem Stromer oder Hybridfahrzeug liegenbleibt, sollte den Wagen daher von einem Abschleppunternehmen Huckepack in die Werkstatt bringen lassen.
Abschleppen ist auch ohne Führerschein möglich
Wird ein Auto abgeschleppt, darf der Pannenwagen auch von einer Person ohne gültige Fahrerlaubnis gesteuert werden. "Es empfiehlt sich aber, einen erfahrenen und geeigneten Fahrer ans Lenkrad des defekten Autos zu setzen, da der Abstand zwischen dem ziehenden Fahrzeug und dem Pannenwagen sehr kurz ist und dadurch die Reaktionszeiten sehr gering sind", rät Matthias Strixner. Krafträder dürfen übrigens gar nicht abgeschleppt werden.
Wer zahlt bei Schäden?
Kommt es beim privaten Abschleppen zu einem Unfall, ist laut ACE zunächst einmal jedes Fahrzeug für sich zu betrachten. "Nach der aktuellen Rechtsprechung wird das abgeschleppte Fahrzeug nicht zum Anhänger", so Jeannine Ulm. Wenn daher keinem der Fahrzeugführer:innen ein Vorwurf gemacht werden könne, würden beide in gleichem Umfang haften und somit auch ihre jeweiligen Versicherungen.